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Drachenfliege Bd. 1 - Schatten über Schinkelstedt

Drachenfliege Bd. 1 - Schatten über Schinkelstedt

Titel: Drachenfliege Bd. 1 - Schatten über Schinkelstedt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Ziegenmeyer
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die Nachtruhe Bischof Korkenbaums recht plötzlich unterbrochen worden war. Es musste etwa gegen fünf Uhr in der Früh sein. Aufgebracht blinzelte er ins Neonlicht der Arche. Bereits zu dieser morgendlichen Zeit fühlte sich sein Magen wie ein Sack voller Feuerwerkskörper an, der bedenklich nah über einer brennenden Kerze hin und her pendelte – was seiner Laune keineswegs zuträglich war.
    Vor ihm waren zahlreiche Männer damit beschäftigt, zwei LKW zu entladen, und auch sonst schien sich niemand um die frühe Stunde zu bekümmern. Überall arbeiteten Menschen mit Hochdruck an ihrer jeweiligen Aufgabe.
    Das Bild der Höhle hatte sich in den letzten Tagen entschieden gewandelt. Die meisten Baumaßnahmen waren abgeschlossen, in die Wand eingelassene Ketten und etwaige Folterinstrumente hatte man entfernt. Stattdessen befand sich in der Nähe der seltsamen eisernen Kisten nun eine moderne medizinische Abteilung. Dort überzeugte man sich vor einem Feldeinsatz von der Gesundheit des jeweiligen Probanden – soweit die Daseinsform das zuließ.
    Auch zwischen den Untersuchungstischen herrschte reges Treiben. Unzählige Personen in weißen Kitteln sprangen hin und her. Sie wirkten eigentümlich übernächtigt, und die meisten Stasis-Behälter standen offen.
In jedem freien Winkel wurden Priester zu Eingreiftrupps zusammengestellt. Bischof Korkenbaum spürte einen gewissen Argwohn.
    Einer der Transportarbeiter kam wie beiläufig auf ihn zu und drückte ihm ein Stück Papier in die Hand. Wortlos blickte Korkenbaum auf die ausgeladene Fracht. Er hatte sein technisches Vorstellungsvermögen in den letzten Tagen mehrfach erweitern müssen, aber etwas sagte ihm, dass die Wirklichkeit noch sehr viel einfallsreicher war. Vor ihm standen gewaltige Glastanks und Schalttafeln mit einer Unmenge von Leuchtdioden. Daneben hatte man Schläuche gehäuft, stapelweise Schläuche. Auf irgendeine Weise verbreiteten diese Gegenstände eine Atmosphäre von profundem Unheil.
    In diesem Augenblick zwängte sich aus dem Führerhaus eines der Lastwagen die umfangreiche Gestalt von Pangasius Donnerhobel hervor. Er trug ein beeindruckendes Veilchen um sein rechtes Auge, und seine Nase verbarg sich unter einem dicken Verband.
    „Gibt es ein Problem, Bischof?“
    Korkenbaum schaute ihn verständnislos an und klappte einige Male mit dem Mund. Er war zu verwirrt, um auf den respektlosen Ton zu reagieren.
    „Was Sie dort in Händen halten, Hochwürden, ist eine päpstliche Bulle, die dem Kardinal jegliche Vollmacht ausstellt, die er selbst für nötig hält. Es hat alles seine Ordnung.“
    Langsam und umständlich faltete Korkenbaum das von einem dicken Siegel geprägte Papier auseinander. Es dauerte eine Weile, bis seine Augen am unteren Ende der Seite anlangten, weil er beinahe jedes Wort zweimal las.
    Als er wieder aufblickte, stand Pangasius Donnerhobel direkt vor ihm. Auffordernd streckte er die Hand aus, um das Schriftstück wieder in Empfang zu nehmen. Anschließend beugte er sich vor und raunte dem Bischof ins Ohr:
    „Das Beste, was Sie jetzt tun können, Euer Gnaden, ist, uns einen hübschen Platz zu suchen, wo wir das ganze Zeug montieren können. Und am besten beeilen Sie sich – die anderen Lastwagen warten schon.“
    Korkenbaum spürte, wie er vor Wut zu zittern begann. Doch bevor er eine passende Entgegnung fand, zwinkerte ihm Pangasius Donnerhobel zu und verschwand, ohne ein weiteres Wort, wieder in der Menge.

Der Weg durch den Bärensteiner Wald war an diesem Tag kein leichter. Jeder Winkel schien plötzlich vollgestopft mit Gestalten, wie sie eigentlich zwischen die schweren Deckel verstaubter Märchenbücher gehörten. Und das allgemeine Tohuwabohu wurde keineswegs dadurch entschärft, dass es sich bei den meisten von ihnen um alte Bekannte handelte. Der ganze Wald war in Aufruhr, und schon sehr bald zeichnete sich ab, dass die Einwohner der umliegenden Gemeinden diesen Tag nicht allzu bald vergessen würden.
    Als erstes begegneten Auguste und ihre Begleiter einem jungen Zwergenfürsten. Panisch klammerte er sich im Geäst einer schwankenden Eiche fest, während sein aufgebrachter Onkel von unten dagegen hämmerte. Beide waren finster anzuschauen. Kaum größer, als dass sie einem erwachsenen Mann bis zu den Knien reichten – doch die vielen Schichten von Stahl und Leder, die sie umhüllten, strotzten vor grimmen Verzierungen. Und grimm war zumindest auch der Gesichtsausdruck des unteren.
    Er werde ihm schon zeigen, brüllte

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