Drachenfutter
der Blick auf die Stallungen fiel.
Aahz hatte darauf bestanden mit dem versteckten Hinweis, daß ich des Nachts vielleicht geflügelte Besucher bekäme. Ich glaube, diese Vorstellung ängstigte mich mehr als Grimble, doch ich bekam mein Fenster.
Wenn ich wollte, konnte ich von meinem Sims aus Gliep und Butterblume in den Ställen beobachten. Und ich konnte ebenso ihren unglücklichen Stallburschen beobachten, der dazu abgestellt war, all ihre Bedürfnisse zu erfüllen. Auch das war Teil des Handels gewesen, obwohl ich hierauf weit härter gedrängt hatte als Aahz.
Aahz war im Nebenzimmer untergebracht, das hübsch, wenn auch etwas kleiner war als das meine. Die königlichen Architekten hatten den Auftrag, eine Verbindungstür in unsere gemeinsame Wand einzusetzen, und ich hatte so eine Ahnung, daß sich danach die Raumaufteilung drastisch ändern würde. Im Augenblick hatte ich zumindest ein bißchen ungewohnte Privatsphäre.
Doch augenblicklich galt meine Aufmerksamkeit nicht dem Raum. Meine Gedanken kreisten um Garkins alten Kessel. Den ganzen Nachmittag hatte ich versucht, ihm seine Geheimnisse zu entreißen, bislang ohne jeden Erfolg. Er stand fest mitten auf dem Boden, wo ich ihn hingestellt hatte, und widersetzte sich allen meinen Bemühungen.
Ich lehnte an meinem Fenstersims und musterte den Gegenstand verdrießlich. Es wäre eine Leichtigkeit, ihn zu levitieren, aber das war es nicht, was ich wollte. Ich wollte, daß er zu Leben erwachte und mir folgte, wie ich Garkin gefolgt war.
Das brachte mich auf einen Gedanken. Er schien albern, aber bis jetzt hatte auch nichts anderes funktioniert.
Ich zog die Augenbrauen zusammen und konzentrierte mich auf den Kessel, ohne jedoch meine Energien darauf zu richten.
»Komm her!« dachte ich.
Der Kessel schien einen Augenblick zu schwanken, dann trottete er an meine Seite, daß seine spillerigen Beine über den Fußboden klapperten.
Es funktionierte! Obwohl es vielleicht ein dummes, kleines Detail war, so vermittelte mir doch der Gehorsam des Kessels etwas mehr das Gefühl, ein Zauberer zu sein.
»Hallo, Kerlchen!« rief Aahz und polterte ohne anzuklopfen herein. »Hast du vielleicht einen Korkenzieher?«
»Was ist ein Korkenzieher?« fragte ich unwillkürlich.
»Na, egal«, seufzte mein Mentor. »Dann mache ich es halt selber.«
Mit diesen Worten nahm er die Weinflasche, die er bei sich hatte, in seine Linke und führte die Kralle seines rechten Zeigefingers in den Korken. Der Kork gab einen sanften Plop von sich, als er sich geschmeidig aus dem Flaschenhals löste, worauf Aahz ihn ganz selbstverständlich in eine Ecke schleuderte und einen tiefen Schluck nahm.
»Äh!« keuchte er, um tief Luft zu holen. »Köstliches Bouquet!«
»Hm ... Aahz?« sagte ich schüchtern, trat vom Fenster fort und an den Tisch. »Ich muß dir etwas zeigen.«
»Könntest du mir vorher eine Frage beantworten?« erkundigte sich mein Lehrer.
»Welche?« Ich runzelte die Stirn.
»Warum rennt der Kessel denn hinter dir her?«
Ich sah mich um und stellte erschreckt fest, daß er recht hatte. Der Kessel war vom Fenster zum Tisch geflitzt, um an meiner Seite zu bleiben. Das Seltsame daran war, daß ich ihn gar nicht gerufen hatte.
»Hm ... das wollte ich dir eigentlich zeigen«, gab ich zu. Ich habe herausgefunden, wie man den Kessel dazu bringt, daß er ganz von selbst zu mir kommt ... keine Levitation oder dergleichen.«
»Spitze!« Aahz schnitt eine Grimasse. »Kannst du nun auch dafür sorgen, daß er es wieder bleiben läßt?«
»Äh ... ich weiß nicht«, sagte ich und setzte mich schnell auf einen der Stühle.
Ich wollte es nicht zugeben, doch während wir uns unterhielten, hatte ich mehrere innere Kommandos ausprobiert, um den Kessel wieder wegzuschicken, doch ohne nennenswerten Erfolg. Ich mußte das selbst herausfinden, sobald Aahz gegangen war.
»Sag mal, Aahz«, meinte ich beiläufig, während ich die Füße auf den Tisch schwenkte, »würdest du mir etwas Wein einschenken?«
Aahz zog eine Augenbraue hoch, dann durchquerte er langsam das Zimmer, bis er neben mir stand.
»Kind«, sagte er freundlich. »Nun sieh dich mal ganz genau um. Siehst du hier im Raum außer uns beiden noch jemanden?«
»Nein«, gab ich zu.
»Dann sind wir unter uns, und nicht in der Öffentlichkeit ... stimmt's?« Er lächelte.
»Stimmt«, pflichtete ich ihm bei.
»Dann besorg dir deinen eigenen Wein, Lehrling!« grölte er und trat meinen Stuhl unter mir fort.
Tatsächlich war es
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