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Drachenglut

Titel: Drachenglut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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holprigen Feldweg ein.
    »Eine Abkürzung«, sagte Mr Cleever. »Es holpert etwas, aber du wirst dein Frühstück schon bei dir b e halten.«
    Michael sah auf die Buchenreihe am Ende des Feldes, hinter der der Turm von St. Wyndham gerade noch sichtbar war. Dann sagte er: »Die vier Gaben … Sie sagten, Sie würden mir sagen, welche das sind und wie man sie nutzt.«
    Seine Stimme klang seltsam ausdruckslos und dünn, als würde sie durch das Fenster in die blaue Unen d lichkeit des Tages gesaugt. Er verabscheute diesen schwachen und blechernen Klang, seine nervige Unb e kümmertheit. Dieser Ton passte gar nicht zu ihm.
    Mr Cleever lachte kurz auf und klopfte mit seinen Fingern rhythmisch aufs Lenkrad.
    »Ja, die vier Kräfte. Du hast die ersten beiden ja schon sehr wirksam eingesetzt. Dazu muss ich dir wohl kaum noch was sagen, oder?« Er sah mit hoc h gezogenen Augenbrauen zu Michael herüber.
    »Der BLICK«, sagte Michael. »Das ist bestimmt die erste. Und Feuer die zweite.«
    »Genau so ist es. Und du kannst mit dir sehr z u frieden sein, dass du beide schon so früh beherrschst. Bei einigen von uns hat es wochenlang gedauert, bis wir das Feuer entfesseln konnten.«
    »Ich hab das nicht mit Absicht gemacht. Es kam von selbst.«
    »Angetrieben durch Zorn. Das besondere Merkmal dieser Gaben besteht darin, dass sie tief in uns ve r borgen sind und dichter an unsere Gefühle heranre i chen als an unsere Vernunft. Doch mit etwas Übung, wie du ja schon bei dem BLICK festgestellt hast, le r nen wir die Kontrolle darüber. Nanu!«
    Eins der Vorderräder war in eine Traktorrille g e rutscht und sie machten einen heftigen Satz nach vorn. Mr Cleever kämpfte kurz mit dem Lenkrad, dann hatte er das Auto wieder auf der Fahrbahn.
    »Mit Vierradantrieb ginge es hier besser, aber ich möchte momentan nicht über die Dorfstraße fahren. Gut, du hast also zwei von den Gaben kennengelernt, und vielleicht schockiert es dich, dass manche von uns nie weiter kommen. Paul Comfrey zum Beispiel. Der ist zwar ein guter Mann, aber er hat es nie bis zur dritten geschafft. Aus irgendeinem Grund kriegt er es nicht hin.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass ich nie … was sind denn die anderen beiden?« Michael kränkte die Vo r stellung, dass er eine Grenze akzeptieren müsste.
    »Oh, mach dir da keine Sorgen. Ich hab ja nur g e sagt, dass es möglich ist, mehr nicht. Ich glaube, dass du die anderen beiden Gaben in kürzester Zeit besi t zen wirst. Du bist sehr stark. Die dritte Gabe ist in mehrfacher Hinsicht die erfreulichste. Das Fliegen. Oder die Aufhebung der Schwerkraft, wenn dir das besser gefällt. Das ist wirklich etwas Besonderes.«
    »Fliegen?« Michael konnte sein Staunen und seine Ungeduld kaum zügeln. »Wie hoch kommt man? Wie lang kann man oben bleiben? Das ist ja … « Ihm fehlten die Worte. »Wow!«
    »Wie hoch?« Mr Cleever lachte leise. »Mein Ju n ge, ich glaube, es gibt fast keine Grenze für unsere Aufstiegsmöglichkeiten. Ich sage »fast«, weil wir natürlich sehr darauf achten, dass uns niemand sieht, denn wenn du bei helllichtem Tage über die Bau m wipfel aufsteigst, können dich alle sehen, alle Mä n ner, Frauen und Kinder aus dem Dorf.«
    »Aber bei Nacht?«
    »Bei Nacht – ja, das ist etwas anderes. Vor zehn Jahren, als die Gabe noch ganz frisch in mir war, bin ich einmal in einer mondlosen Nacht über Fordrace geflogen, etwa auf der Höhe des Wirrim. Ich sah hinunter auf die gelben Lichter und die dunklen D ä cher und machte Gebrauch vom BLICK. Ich sah die Eulen unter meinen Füßen dahinschweben. Keiner konnte mich sehen, die Menschen waren leuchtende Ameisen tief unter mir. Ist das nicht eine herrliche Macht, die wir haben, Michael, mein Junge? Und hier biegen wir rechts ab.«
    Er fuhr durch ein Tor auf ein anderes Feld voller sonnengereifter Gerste. Eine enge Lücke bot gerade genug Platz, um am Rand neben einem flachen Gr a ben entlangzufahren.
    Michaels Augen strahlten in wilder Freude.
    »Wenn ich die Gabe bekomme, werde ich sie jede Nacht nutzen, und manchmal auch während des T a ges. Ich verstehe nicht, warum Sie nicht öfter davon Gebrauch machen oder nicht weiter fliegen. Ich we r de nach London fliegen und das Meer überqueren und die Leute in ihren Häusern beobachten!« Er gluckste vor seliger Freude.
    Mr Cleever schüttelte traurig den Kopf. »Hübscher Einfall, aber so geht das nicht. Es gibt Einschränku n gen.«
    Michael sah ihn überrascht an. »Welche?«
    »Zum Beispiel darf man sich nicht

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