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Drachenglut

Titel: Drachenglut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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zwischen die Ausläufer des Wirrim. Als Sarah die ungeteerte Str a ße entlangfuhr, kam sie an vielen kleinen Feldern mit wenigen Hackfrüchten und ungemähten Wiesen und mageren Fichtenwäldchen vorbei. Das war das Land, das zum Hardraker-Hof gehörte.
    Sarah wusste nicht viel darüber. Für ihre Großmu t ter war der Name Hardraker gleichbedeutend mit Schlamperei und krimineller Nachlässigkeit gew e sen. Die Familie Hardraker genoss einen schlechten Ruf und hatte ihren Hof in Grund und Boden gewir t schaftet. Der früher einmal bedeutende Besitz war nun, nach dem Tod des letzten Hardrakers, ein ve r lassener und desolater Ort. Im Sommer arbeitete niemand auf den Feldern und im Herbst verwande l ten die Regenfälle das Unkraut in schwarzgrünen Schlamm.
    Gut, dass das Anwesen endlich auf den Markt kam. Irgendwer würde es wieder in einen wirtschaf t lich ertragreichen Hof verwandeln.
    Endlich erblickte Sarah die niedrigen Dächer der Gebäude hinter dem Hügel. Die Straße war inzw i schen zu einem Feldweg mit Pockennarben aus Ste i nen und zerbrochenen Ziegeln geworden. Bei dem von Gras überwucherten Kopfsteinpflaster vor der schwarzen Silhouette des Gutsgebäudes hörte er ganz auf.
    Dort hielt sie an.
    Der Besitz war früher einmal riesengroß gewesen. Auf drei Seiten umstanden baufällige Ställe und Scheunen den Hof vor dem Hauptgebäude. Dahinter lag ein Labyrinth aus noch mehr Scheunen, Schobern und Pferchen, die völlig unsystematisch den Hügel überzogen und durch Seitentore und übe r dachte Gänge miteinander verbunden waren.
    Die Ziegeldächer der meisten Gebäude waren vo l ler Löcher, durch die die Dachbalken wie schwarze Rippen herausragten, an denen man das Fleisch a b genagt hatte.
    Sarah klopfte mit den Fingern aufs Lenkrad. Wä h rend der Fahrt hatte ihre Wut auf Tom nachgelassen, und jetzt gönnte sie sich eine Pause, um Bilanz zu ziehen. Juristisch gesehen hatte sie keine Erlaubnis, sich hier umzuschauen. Obwohl Mr Cleever sie au f gefordert hatte, den Immobilienwert des Besitzes zu schätzen, hieß das noch nicht, dass sie einfach hie r her kommen konnte, wann es ihr passte.
    Aber das war höchstwahrscheinlich egal. Der Hof war offensichtlich völlig unbewohnt. Ein rascher Blick würde niemandem schaden und ihr Bericht könnte Tom wieder zur Vernunft bringen.
    Sarah stieg aus.
    Ihre Schuhe wirbelten auf dem Weg Staub auf, und die von Pollen schwere Luft brachte sie zum Schniefen und ihre Nase zum Jucken.
    Ringsherum erblickte sie nur Verfall.
    Oh, Tom, dachte sie. Was bist du für ein Spinner! Nie würde Vanessa Sawcroft hier wohnen. Dazu ist sie viel zu pingelig.
    Ein plötzlicher Pollenansturm brachte sie zum Niesen. Sie betupfte ihre Augen mit einem Papiert a schentuch und holte ihr Klemmbrett aus dem Auto. Sie wollte sich nur mal kurz umschauen und dann nach Hause fahren.
    Schwarze Fenster starrten leer aus dem stumpfen Grau des Haupthauses auf sie herunter. Sarah wich unwillkürlich zurück und wandte sich den Nebeng e bäuden zu. Das Haupthaus konnte warten.
    Das nächstliegende Nebengebäude zeichnete sich durch ein klaffendes Loch in der Wand aus. Es war leer bis auf einen Stapel Säcke in einer Ecke. Die nächste Scheune war voller Äste und alter Pflugsch a ren, doch es gab auch noch einen starken Tiergeruch, der sie in der Nase kribbelte. Sie seufzte und machte sich ein paar kurze Notizen. Mr Cleever wollte für das alles hier bestimmt viel Geld.
    Sie lief quer über den Vorplatz zu einem ehemal i gen Tor, von dem nur noch die Angeln übrig waren. Ein gepflasterter Weg zwischen zwei Scheunen ve r schwand hinter der nächsten Hausecke. Sie folgte ihm und notierte die ungefähre Größe und das Innere der Gebäude links und rechts: leere Kuhställe, Vo r ratsräume voller Spinnweben, Stapel von Ziegelste i nen, verrostete Sensen, Kornsäcke und schimmelnde Haufen von Hafermehl: Zerfall, Zerfall, Zerfall.
    Nach einiger Zeit drückte die völlige Verlassenheit des Gehöfts auf Sarahs Gemüt. Sie betrat einen Ku h stall und ging schnell an den leeren Boxen vorbei bis zu einer schmutzig gelben Tür am anderen Ende.
    Ohne nachzudenken drückte sie die Klinke heru n ter. Die Tür öffnete sich kratzend über die Steinpla t ten und Sarah ging hindurch. Zu ihrer Überraschung war sie jetzt nicht in einem Stall oder in einer and e ren Scheune, sondern offensichtlich im Gutshaus.
    Sie runzelte die Stirn.
    Die Anlage des Hofs verwirrte sie. Aber wenn sie jetzt schon mal im Haus war, konnte

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