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Drachenglut

Titel: Drachenglut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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geblieben, bis seine Seele irgendwann stillstand und sein Körper fast gänzlich die Funktionen eingestellt hat. Er will das Unve r meidliche nicht akzeptieren, genau wie ich.«
    »Wie wir alle«, setzte Vanessa Sawcroft hinzu.
    »Wie viele von uns gibt es denn?«, fragte Michael.
    »Momentan nur fünf. Vanessa, ich, Paul, Geoff P i late … «
    »Der alte Pilate! Niemals!«
    »Der ist ziemlich gerissen, der alte Geoffrey. Und sehr nützlich für uns. Er ist sozusagen unser Auge und unser Ohr, denn er überprüft alle Dorfneuigke i ten, die über seine Theke gehen. Er ist der Vierte. Und du bist der Fünfte.«
    »Und … « Michael zögerte. »Dann wäre da noch Stephen.«
    »Ich fürchte, auf den können wir nicht zählen. Ich habe ihn heute Morgen in Begleitung unseres lieben Pfarrers angetroffen. Sie waren auf dem Weg zu dir, um dich in der Kirche einzusperren. Wenn ich dich nicht angerufen und du nicht deine Kräfte für die Flucht eingesetzt hättest, wer weiß, wo du jetzt wärst.«
    »Die hätten mich nicht festhalten können.«
    »Bestimmt nicht. Aber ich fürchte, dein Bruder ist ein Verräter an unserer Sache. Warum, weiß ich nicht. Wie kam er denn an die Gaben?«
    Schnell und ungeduldig erzählte Michael es ihm. Eigentlich wollte er nicht darüber sprechen, eine r seits weil er nicht einen Gedanken an seinen blöden, verräterischen Bruder verschwenden wollte, aber a n dererseits auch, weil er sich schämte, dass er dem undankbaren Mistkerl zu so viel Macht verholfen hatte.
    Mr Cleever hörte ohne irgendeinen Kommentar zu. Sein Gesicht zeigte keinerlei Regung.
    Als Michael fertig war, sagte Vanessa Sawcroft: »Das verstehe ich nicht. So dicht nacheinander ist das noch nie passiert. Zuerst Michael und dann nur einen Tag später auch Stephen. Und wie konnte M i chael merken, dass die Gabe aus der Tiefe aufstieg? Wie konnte er wissen, wo sie herauskommen würde? Wir wissen doch nie, wann es so weit ist. Manchmal hat es fünfzig Jahre gedauert, bevor wieder jemand die Gabe erhalten hat. Deshalb sind wir doch nur so wenige. Das geschah immer ganz zufällig.«
    Das Gesicht von Mr Cleever hatte sich wieder zu dem für ihn typischen Lächeln verzogen, das immer breiter wurde, bis alle seine Zähne majestätisch en t blößt waren. Dann senkte er den Unterkiefer und ließ ihn plötzlich mit einem scharfen Klacken wieder z u schnappen.
    »Plötzlich weiß ich es! Ich weiß mit höherer G e wissheit als je zuvor, dass es so weit ist. Wir haben es richtig ausgerechnet.«
    Er sprang auf und schritt im Zimmer auf und ab. Dadurch zwang er Michael und Vanessa, sich ständig auf ihren Plätzen umzudrehen. Beim Sprechen schlug er mit seiner großen rosa Faust auf die andere Handfläche.
    »Das Siegel wurde am Montag zerbrochen. Am Nachmittag wurde das Kreuz durch unseren guten Pfarrer Aubrey aus der Erde geholt, wobei der eine Querbalken im Boden stecken blieb. Zufälligerweise schlief Michael am selben Tag im Wirrinlow ein, im Pit. Der Meister regt sich, fühlt das Zerbrechen des Siegels und wacht auf. Er schickt seinen Atem nach oben zu Michael, der ihn aufnimmt und stärker als viele Generationen vor ihm wird. So weit, so gut. In der Nacht haben wir uns den abgebrochenen Kreu z balken geholt und dadurch den Bruch vollendet. Der Meister unter der Erde reagiert. Michael fühlt sich vom Pit wieder a ngezogen und bringt noch jemanden mit. Auf diese Weise verschafft er seinem Bruder die Gabe. Aber aus irgendeinem Grund, aus irgendeiner persönlichen Unfähigkeit weist Stephen die Gabe z u rück. Er hat nur einen Hauch dessen eingeatmet, was er hätte haben können, wenn er klug gewesen wäre.«
    Er hielt inne. Die beiden anderen saßen da und saugten seine Worte auf.
    »Aber was sagt uns das? Genau das, worauf wir gehofft haben! Der Meister ist bereit für die Befre i ung. Wir müssen nur noch seine Fesseln lösen, dann werden auch wir frei sein!«
    Michael begriff nicht alles. Das Gerede von Si e geln und Fesseln sagte ihm nichts. Aber Freiheit war wichtig; auf seiner Seele lastete nun das Wissen um das Schicksal von Joseph Hardraker und den anderen vor ihm.
    »Wollen Sie damit sagen, wir können das Lan g samerwerden der Seele verhindern? Den endlosen Tod, der keiner ist?«
    Mr Cleever setzte sich wieder. Er beugte sich mit funkelnden Augen nach vorn und seine Aufregung griff auf Michael über.
    »Während der letzten zwanzig Jahre habe ich die Freuden meiner Gaben genossen. Ich habe so gut g e lebt, wie man es sich nur

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