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Drachenglut

Titel: Drachenglut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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Tom doch tun, was er wollte, er würde es ihm überlassen. Er war so müde.
    So müde …
    Stephen war zu einem kläglichen Häufchen z u sammengesunken. Doch plötzlich zwang er sich wieder in eine aufrechte Position und schüttelte he f tig den Kopf, wie ein Tier, das etwas Schlechtes riecht. Die Müdigkeit lastete immer noch auf ihm, aber er kämpfte jetzt dagegen an, er wusste, dass sie künstlich und von jemand anderem über ihn verhängt worden war. Der Angriff war so raffiniert gewesen, dass er die leichten Manipulationen seiner Gedanken zunächst gar nicht wahrgenommen hatte, bis er sich schon fast ganz der Müdigkeit und der Verzweiflung ergeben hatte. Aber die Vorstellung, er würde die Hände in den Schoß legen und einfach hinnehmen, dass er Michael verliert, war so befremdend gew e sen, dass er das unmöglich akzeptieren konnte.
    Jetzt wollte er dagegen ankämpfen. Augenblic k lich fühlte er ein leichtes Bohren im Kopf. Etwas kam angeschlichen und suchte den Eingang zu se i nen Gedanken. Er ließ es herankommen und versuc h te sich zu entspannen. Währenddessen schaute er auf den Anger und suchte nach Zeichen, die den Angre i fer entlarven würden. Leute liefen hin und her, der Kasperlemann saß in einem Campingsessel und zäh l te die Einnahmen, ein junger Mann saß an einem Kaffeetisch und starrte düster in seinen Cappuccino. Links stand Mr Pilate im Innern seines Ladens über den Tresen gebeugt und las eine Zeitung.
    Der Gedanke bohrte sich etwas tiefer.
    … so müde …
    Stephen ließ dem fremden Gedanken freien Lauf und versuchte gleichzeitig zu erspüren, woher er kam.
    … so müde …
    Dann ließ er seine Wut explodieren und sandte e i ne Schockwelle aus Zorn und Trotz aus. Der eindri n gende Gedanke schrumpfte vor diesem Angriff z u sammen, und Stephen sah rote Blitze vor seinen A u gen aufzucken.
    Die Windschutzscheibe zersplitterte.
    Im Laden taumelte Mr Pilate rückwärts, als hätte man ihm einen Schlag versetzt.
    Stephen stieg aus und ignorierte die erschrockenen Gesichter auf dem Anger. Das Pflaster war übersät mit Glassplittern.
    Er hatte zum BLICK gewechselt und sah im Laden vor dem Regal mit den Suppendosen und Waschmi t teln eine dunkle Drachenseele hängen. Ein rotes Licht pulsierte in ihren Augen.
    Tom kam über den Anger gerannt. Er war noch zehn Meter entfernt, als Stephen mit einer Wucht gegen das Auto knallte, als hätte man ihn angefahren. Er stürzte auf den Gehweg, stützte sich d ann mit ausdruckslosem Gesicht auf alle viere und versuchte wieder aufzustehen.
    Tom schlidderte über das Gras und kniete neben dem gestürzten Jungen nieder.
    Stephens Augen sahen seltsam aus. Aus seinem geöffneten Mund kam ein Flüstern: »… Pilate … «
    Tom sah hoch. Durch die offene Tür zwischen der fröhlichen Eiskremreklame und dem Postkartenstä n der kam Mr Pilate auf sie zu.
    Toms Hemd fing an zu brennen. Von seiner rec h ten Schulter loderte eine Flamme auf und Tom spürte deren Hitze auf seinem Gesicht. Mit einem Schrei schlug er mit der linken Hand zu und löschte das Feuer, seine Handfläche brannte vor Schmerz. Gleich darauf stieg eine neue Flamme von seinem Ärmel auf.
    Mr Pilate war stehen geblieben und blickte auf Tom herunter.
    Blitzartig sprang Stephen auf und warf sich wie bei einem Rugby-Tackle gegen die Beine des Lade n besitzers. Mr Pilate wurde davon völlig überrascht. Die Beine wurden ihm weggerissen, er fiel gegen den Postkartenständer und ging in einem Wirbel bu n ter Postkarten zu Boden.
    Das Feuer auf Tom erlosch.
    Stephen richtete sich auf und zog Tom am Arm. »Los!«, brüllte er. »Mach schon!«
    Von ihren Gartenpforten und Fenstern aus sahen die Dorfbewohner von Fordrace ihren Pfarrer völlig aufgelöst mit Stephen McIntyre am Anger entlan g rennen. Sie sahen, wie Mr Pilate langsam wieder auf die Füße kam und regungslos hinter ihnen her starrte, bevor er den Rollladen runterließ. Dann wurde das Schild »Geschlossen« hinter die Tür gehängt.
    Vor Pilates Tante-Emma-Laden lagen Postkarten und Glassplitter auf dem Gehweg wie Schnee.

 
     
    32
     
    Mr Cleever brauchte nur eine knappe Stunde, um sie zu finden.
    Unter dem Schutz der Sommerhecken hatten St e phen und Tom es bis zur Haw Road geschafft. St e phen trug seinen Rucksack und bewegte sich mit ka t zenhafter Geschmeidigkeit über die Felder, sein Blut pochte, die Augen leuchteten. Die Begegnung mit dem Feind hatte ihm neues Leben eingehaucht.
    Tom folgte ihm in dem an Schulter und Ärmel braun

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