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Drachenglut

Titel: Drachenglut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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versengten Hemd. Auch sein Herz war von neuer Entschlossenheit erfüllt. Seine Halsbinde hatte er weggeworfen, und nun rannte er zielstrebig an den Hecken entlang.
    Sie wollten zum Hardraker-Hof.
    Das hatten sie nicht verabredet, sie hatten das Dorf schweigend hinter sich gelassen, denn beide wussten genau, wohin sie mussten.
    Sie hatten die Äcker betreten, die wie ein bunter Flickenteppich auf den sanften Hügeln der niedrigen Ausläufer des Wirrim lagen. Der Hardraker-Hof lag irgendwo weiter oben. Als sie einen steilen Hang erklommen und einer dichten Hecke aus Hainb u chen folgten, warf sich Stephen plötzlich flach auf die E r de. Tom tat es ihm nach, auch er hatte dicht hinter der Hecke auf dem Hügelkamm einen Kopf erspäht. Es war das bleiche und schmale Gesicht eines jungen Mannes. Doch er hatte sie wohl nicht entdeckt.
    Tom betrachtete ihn aufmerksam, dann sah er zu Stephen rüber, der mit den Achseln zuckte. Keiner von ihnen war je Paul Comfrey begegnet.
    Stephen fluchte leise. »Sie wissen, dass wir ko m men«, flüsterte er. »Der hält hier Wache.«
    »Woher sollen sie das wissen? Vielleicht gehört er gar nicht … «
    »Ganz bestimmt gehört er zu ihnen. Meine Augen kribbeln. Ich kann bloß hoffen, dass seine das nicht auch tun.«
    »Aber wie konnte er so schnell hierher kommen? Wir sind doch die ganze Zeit gerannt.«
    »Pilate hat ihnen irgendwie Bescheid gesagt. Wahrscheinlich können sie seine Gedanken lesen.«
    Der Kopf tauchte wieder über der Hecke auf dem Hügelkamm auf und spähte in die Umgebung.
    Stephen trommelte mit den Fingern auf die Erde.
    »Der wird den ganzen Abend hier Wache halten. Wir müssen es auf einem anderen Weg versuchen. Folg mir.«
    Er wartete dreißig Sekunden, bis der Kopf wieder kurz verschwand. Dann stand er auf und kroch durch eine Lücke in der Hecke. Wenige Sekunden später tauchte Tom neben ihm auf.
    »Hat er dich gesehen?«
    »Bestimmt nicht.«
    Sie standen am Rand eines riesengroßen Weize n felds, das von der späten Nachmittagssonne in dun k les Gold getaucht wurde. Ein Tor hinter dem Feld zeigte den Beginn des Hardraker-Lands an.
    Stephen überlegte. »Da müssen wir durch.«
    Aber bevor sie auch nur sechs Schritte gemacht hatten, sah Tom neben dem Tor eine Gestalt an e i nem Baumstamm lehnen. Das Gesicht lag im Scha t ten, doch die Sonne beleuchtete die weiße Schlinge, in der der Arm hing.
    Tom zog Stephen nach unten und zischte: »Das ist eine Falle. Sie warten darauf, dass wir uns zu weit hinein wagen, und dann schneiden sie uns den Weg ab. Wir müssen sofort von hier weg – keine Wide r rede. Wo entlang?«
    Aber Stephen hatte über Toms Schulter gesehen.
    »Oh nein«, murmelte er.
    Zuerst schien es, als stünde Mr Cleever hinter i h nen auf der Hecke. Er stand da wie ein weißer Ri e senvogel, der auf einem zu kleinen Zweig hockt. Seine Schuhe hingen fast drei Meter über der Erde und standen auf den obersten Zweigen. Er hatte die Hände steif an die Seiten gelegt.
    Was macht er da oben?, dachte Tom. Was soll das?
    Dann entfernte sich Mr Cleever von der Hecke und fiel nicht nach unten.
    Stattdessen hob er eine Hand und zeigte mit dem Stock auf sie.
    Stephen und Tom waren aber schon aufgespru n gen und rannten von ihm weg quer durch das We i zenfeld. Hinter ihnen flackerten die ersten Ähren auf.
    Sie rannten den Hügel hinunter, die Grannen der Ähren schlugen ihnen ins Gesicht, ihre Füße knic k ten die Halme und hinterließen eine Doppelspur im Feld. Tom sah zurück: Mr Cleever konnte mit i h nen nicht ganz mithalten. Mit ausdruckslosem G e sicht, den ganzen Körper angespannt, bewegte er sich nicht ganz so schnell wie sie über den Weizen hi n weg. Hinter ihm kräuselten sich Rauchsäulen in der Luft. Falls sie die Geschwindigkeit halten konnten, entk a men sie ihm vielleicht. Aber von rechts hinter ihm kam Vanessa Sawcroft angefl o gen, sie hatte die Füße etwas angezogen. Und links rannte der blasse junge Mann am Feld entlang, se i ne Arme und Beine b e wegten sich rasch, während er sie überholte.
    »Nach rechts!«, schrie Tom. »Sie können nicht so schnell fliegen, wie wir rennen, aber der Kerl da ist ziemlich schnell.«
    Stephen bog nach rechts und rannte quer über den Hang. Er beschleunigte, seine Nerven spürten die Anstrengung, die Augen brannten, das Feuer in ihm kämpfte mit seiner Vernunft und verlangte, er solle stehen bleiben und kämpfen.
     
    Plötzlich erhob sich Michael aus dem Weizen vor ihm. Stephen blieb so urplötzlich stehen,

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