Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Drachenglut

Titel: Drachenglut
Autoren: Jonathan Stroud
Vom Netzwerk:
langwierig. Die Aussicht auf einen Job als Stuhlträger erfüllte ihn mit bitterer Enttäuschung.
    Doch Mr Cleever war wieder strahlender Laune. Im Vorbeigehen klopfte er Michael auf den Rücken.
    »Alles ist bereit!«, rief er aus. »Wir sechs, meine Freunde, begeben uns jetzt auf eine Reise, die wir dann nie wieder zu Fuß machen müssen! Michael und ich werden den ersten Turnus übernehmen. Aber vorher müssen wir noch unsere Reisegefährtin h o len.«
    Er verschwand leichtfüßig im Haus und kam kurz darauf mit Sarah zurück. Geblendet vom Sonnenlicht stolperte sie die Treppe herunter, ihr Gesicht war schmutzig und tränenverschmiert, ihre Hände waren mit einer Schnur gefesselt.
    Beim Anblick der Wartenden brach sie in wüste Beschimpfungen aus, dann hüllte sie sich in Schwe i gen.
    Michael sah Mr Cleever konsterniert an. »Warum muss sie mitkommen? Kann sie nicht hier bleiben? Sie könnte eine Belastung sein.«
    »Weil ich sie im Auge behalten will«, sagte Mr Cleever. »Und außerdem können wir sie dann sofort freilassen, wenn wir unser Ziel erreicht haben.«
    Falls Michael sich in diesem Augenblick umg e schaut hätte, wäre ihm nicht entgangen, dass Vanessa Sawcroft Mr Cleevers Blick auffing und verächtlich lächelte. Aber er war viel zu sehr damit beschäftigt, dem Blick seiner Schwester auszuweichen, und b e kam davon nichts mit.
    »Miss McIntyre geht voran!« Mr Cleever lächelte. »Vanessa, gehst du mit ihr?«
    »Wo entlang?«, fragte Vanessa Sawcroft.
    »Die Haw Lane ist die einzige Möglichkeit. Die anderen Wege sind für Mr Hardrakers Kutsche viel zu steil!« Seine Stimme verriet seine Aufregung, als er sich zwischen die hinteren Stangen stellte: »Dann also los!«
    Michael ergriff die vorderen Stangen und stöhnte in sich hinein. Seine Schultern und Ellenbogengele n ke brannten schon jetzt wie Feuer. Er spürte den Ruck, als Mr Cleever losging, und stolperte vorwärts.
    Mit Vanessa Sawcroft und Pilate als Vorhut, zw i schen ihnen Sarah, und Paul Comfrey als Nachhut verließ die Prozession langsam den Hof.
    Der Wind um sie herum wirbelte höher und Wo l ken zogen über die Kuppe des Wirrim.
    Es war fast ein Uhr nachmittags.

 
     
    38
     
    »Wo zum Teufel bist du gewesen?«, fragte St e phen.
    Er saß wieder an die Eiche gelehnt. Zu seinen F ü ßen lag der Speerschaft, lang, dünn und gerade.
    »Ich hab was.« Tom hielt etwas in den Händen. Stephen nahm es, betrachtete es und fluchte.
    »Verdammt, autsch! Das ist scharf!«
    »Genau. Ich glaube, das war mal Teil eines Leuc h ters. Siehst du hier die Schnörkel?«
    »Aber hältst du das für Eisen?«
    »Schau dir doch mal den Rost an. Auch wenn man von Metall keine Ahnung hat, ist das ein ziemlich sicherer Hinweis.«
    Stephen betrachtete zweifelnd das Metallstück. »Rosten andere Metalle nicht?«
    »Nein. Aber falls doch, ist es mir egal. Was Bess e res als das kriegen wir nicht.«
    »Stimmt auch wieder. Und wie befestigen wir das an dem Schaft?«
    »Reinklemmen, denk ich mal. Wir spalten die Spitze und drücken das Metall dazwischen. Wenn wir das dann irgendwie festbinden, schaut nur noch das gezackte Ende hervor. Ein richtiger Speer.«
    Das war leichter gesagt als getan.
    Das junge Holz ließ sich nur äußerst schwer spa l ten, und das Taschenmesser war mittlerweile völlig stumpf und kaum noch zu gebrauchen. Schließlich gelang es Tom, mit dem Eisenschaft selbst das Holz zu spalten, die gezackte Kante ließ sich wie eine S ä ge einsetzen. Nachdem sie eine tiefe Rille gesägt ha t ten, konnten sie das Holz auseinander ziehen und das Metall so tief wie irgend möglich hineinstecken.
    Der Speer war fertig – ein fast zwei Meter langer Schaft endete in einer verrosteten Spitze. Und sei t lich ragten scharfe Metallzähne aus dem Schaft – das erinnerte Tom an eine Harpune.
    Wenn das erst mal in jemandem drinsteckt, kriegt er es nicht mehr so schnell heraus, dachte er und wunderte sich über solche Gedanken. Dann sah er Stephen auf der Erde sitzen und den Kopf mit den Händen umklammern.
    »Stephen? Bist du – ?«
    »Wart mal.« Eine Minute verging. Endlich sah Stephen auf und rieb sich das Gesicht. »Da bewegt sich was. Vor ungefähr fünf Minuten hab ich es zum ersten Mal gemerkt. Ich hab Michael ganz stark g e fühlt, und wahrscheinlich Cleever, aber ich glaube, sie sind alle zusammen. Weit weg, aber sehr stark.«
    Tom betrachtete aufmerksam Stephens Gesicht. »Ich wusste nicht, dass du eine Verbindung zu ihnen hast«, sagte er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher