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Drachenglut

Titel: Drachenglut
Autoren: Jonathan Stroud
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– der Russet wurde nicht überwacht, denn der war viel zu groß für ein Überwachungsnetz aus nur vier Personen.
    Mr Cleever hatte den Plan einer Verfolgung au f gegeben. Er schlug vor, die beiden einfach zu ign o rieren, denn ihre Verzweiflung hatte sie von der A u ßenwelt abgeschnitten.
    Auch in seinem Ruhezustand spürte Michael die Atmosphäre auf dem Hof, er öffnete seine Gedanken für die vierte Gabe. Aus d em Schuppen drang Paul Comfreys Aufregung, verwirrt und nervös – g e mischt mit grübelnder Ko n zentration auf seine neue Aufgabe.
    Die Gedanken des vorbeieilenden Mr Pilate waren im Gegensatz dazu dunkel und wütend gewesen, und Michael wusste, dass Stephen der Grund dafür war. Pilate war kein Mann, der eine Beleidigung verzieh.
    Vanessa Sawcroft schien ganz mit den Rucksä c ken beschäftigt zu sein und gab an Michael die stär k ste Botschaft. Ihre Verachtung für ihn strömte ung e bremst aus ihr heraus, brandete an die Wände der Gebäude und fiel dann von allen Seiten auf ihn he r ab. Gestern noch hätte ihn das zugeschüttet, heute konnte er es ohne jede Anstrengung abprallen lassen.
    Du kannst mich bewerfen, womit du willst, dachte Michael. Ich bin ein Felsen.
    Er konnte auch Cleever fühlen: Irgendwo im Haus verfolgte er mit gespannter Intensität seine Absicht.
    Michael runzelte die Stirn. Cleever hatte ihn w e gen Sarah angelogen. Obwohl es ihre eigene Schuld war, dass sie hergekommen war, so hatte doch Cle e vers Aufforderung, das Anwesen zu schätzen, sie überhaupt erst auf den Hof aufmerksam gemacht. Aus irgendeinem Grund hatte Cleever das Michael verschwiegen. Das würde er ihm zurückzahlen. Und zwar bald.
    Nach einiger Zeit wurde Michael gewahr, dass all diese Gefühle von einer subtileren und zugleich mächtigeren Kraft verschluckt wurden, deren Quelle ihm ein Rätsel war. Er konnte sie nicht finden, sie schien von den schmutzigen Steinen der Gebäude aufzusteigen – neben, hinter und unter ihm. Es schien fast, als fehlte ihr ein menschlicher Mittelpunkt, es war, als wäre der verfallene Hof lebendig.
    Der alte Hardraker, dachte Michael. Bestimmt.
    Vielleicht konnte der scheußlich geschrumpfte Körper, der seine Zeit schon weit überschritten hatte, seine Kraft nicht mehr bei sich behalten. Vielleicht war diese Kraft in den stummen Jahrzehnten herau s gesickert und hatte die Steine der Wände befleckt, war darin eingesickert und wartete auf die Zeit, in der sie wieder voll genutzt werden konnte.
    Michael fühlte die tropfende Bewegung ringsu m her, spürte, wie jeder Balken und jeder Stein mit e i ner schlafenden Energie randvoll gefüllt war.
    Er regt sich, dachte er. Er ist bereit für heute Nacht.
    Einen Augenblick lang kam sich Michael klein, nackt und verwundbar vor. Er schloss die Augen und hatte eine seltsame Vision. Der Hof löste sich auf, die Scheunendächer schwollen an und gaben in der Mitte nach, Balken brachen in einer Explosion aus Splittern durch die Dächer. An allen Wänden bewe g ten sich auf einmal Ziegelsteine und rutschten übe r einander wie endlose Schuppenreihen.
    Viele der Nebengebäude zuckten krampfhaft vo l ler Ungeduld, und hinter dem Gehöft erhob sich der Wirrim zu riesenhafter Höhe und verdeckte die So n ne.
    Er hörte ein Auto auf dem Feldweg kommen.
    Michael schlug die Augen auf.
    Geoff Pilates zerbeulter Bus bog in den Hof ein, blieb neben der offenen Haustür stehen und sendete starke Furchtsignale aus, die Mr Cleever bald wah r nehmen würde, wie Michael wusste.
    Vanessa Sawcroft stellte einen Rucksack ab, den sie gerade überprüft und wieder verschlossen hatte, und wandte sich dem Kaufmann zu.
    »Na?«, sagte sie.
    Pilate runzelte die Stirn und grunzte verächtlich. »Es steht schlimm. Die Leute sind noch nicht b e waffnet, aber es wird nicht mehr lange dauern. Wie lange, kann ich nicht genau sagen.«
    »Sie hätten im Dorf bleiben sollen. Warum sind Sie nicht länger dageblieben? Wir wollten um eins anrufen.«
    Für Michael hörte sich Vanessa Sawcrofts Stimme höher an als sonst, vor Anspannung tönte sie ganz schrill.
    Pilate zuckte mit den Achseln. »Ich musste den Laden gleich nach dem Offnen wieder schließen. Ein paar von den alten Leuten haben auf einmal ganz schlau dahergeredet, sie erinnern sich an Sachen, die sie als Kinder gehört und danach vergessen haben. Sie sind dabei, den andern den Verstand zu vergiften. Fast keiner hat mehr mit mir geredet. Sie haben mich jetzt auch im Verdacht.«
    Vanessa Sawcroft gab sich keine
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