Drachengold: Roman (German Edition)
mich bemühen, diskret zu sein. Aber es ist nicht davon auszugehen, dass es niemals jemand herausfindet und es ihr dann auf die Nase bindet. Ich wäre schließlich nicht mehr irgendein Flieger, für den sich niemand interessiert, sondern der Gatte der Herrscherin.«
Laurence sagte langsam: »Auf der anderen Seite: Sie kann nicht von einer gewöhnlichen Liebesbeziehung ausgehen, wie man es sich bei einer Hochzeit eigentlich wünscht. Wenn sie es nicht bereits weiß, dann wird sie schon bald erfahren, dass Napoleon sich ihretwegen von seiner Frau hat scheiden lassen, obwohl er sie aus Leidenschaft geheiratet hatte. Und die Herrscherin selber ist erst kürzlich verwitwet. Ihre nächste Ehe ist weniger eine persönliche Entscheidung als ein Staatsakt. Ich glaube kaum, dass sie deine Zurückhaltung als Abweisung auffassen würde, wie es der Fall wäre, wenn ihr unter gewöhnlichen Umständen heiraten würdet.«
»Laurence«, rief Granby und sah vorwurfsvoll aus. »Ich hätte dir gegenüber kein einziges Wort erwähnen dürfen, selbst wenn man mich geteert und gefedert hätte. Und ich hätte es auch nicht getan, aber ich habe nicht die geringste Ahnung, wie ich ohne Hilfe wieder aus der Sache herauskommen soll. Und jetzt sagst du mir praktisch, dass ich mich damit arrangieren soll.«
Bedauernd erwiderte Laurence: »Ich weiß einfach nicht, was ich dir raten soll.« Aber in Wahrheit konnte er nicht behaupten, dass nach Granbys Geständnis sein ungutes Gefühl abgeklungen wäre, dass die Vorteile einer solchen Verbindung klar auf der Hand lagen – oder, genauer gesagt, die tödlichen Nachteile der Alternative, und das machte Granbys Situation nur noch viel bemitleidenswerter. Trotzdem konnte sich Laurence nicht dazu durchringen, ernsthaft zu glauben, es sei nicht Granbys Pflicht, dieses Arrangement voranzutreiben, wenn denn die Möglichkeit dazu bestand. »Deine Vorlieben scheinen mir kein größeres Hindernis für diese Eheschließung zu sein als all die anderen Widrigkeiten: eure unterschiedlichen Stellungen und die Ungewissheit der politischen Lage vor Ort, die Tatsache, dass es das Ende deiner Karriere bedeuten würde …«
Hier brach Laurence ab, denn er selber hatte schließlich bedenkenlos seine eigene Karriere ruiniert, um das zu tun, was er für seine Pflicht hielt. Granby, der den Blick abgewandt hatte, wusste es: Laurence’ eigene Taten verkündeten laut genug, welche Wahl er treffen würde, wenn es an ihm wäre.
»Natürlich ist es nicht deine Pflicht«, sagte Laurence.
»Ich bitte Sie, darüber nachzudenken, ob es nicht sogar Ihre Pflicht ist«, sagte Hammond, als sie in die Halle zurückgekehrt waren: Er hatte praktisch wie ein Wachhund vor der Tür gelauert und auf sie gewartet. »Natürlich kann eine solche Verbindung nicht gegen Ihren Willen geschlossen werden«, fügte er hinzu, »das wäre völlig undenkbar …«
Falls das tatsächlich Hammonds Auffassung entsprach – was wenig wahrscheinlich war –, dann sah die Sache bei Iskierka auf jeden Fall ganz anders aus. Sie wischte jeden einzelnen von Granbys Einwänden beiseite, selbst seinen letzten Versuch, für den er sie außer Hörweite von jedem außer Laurence bugsiert hatte. »Natürlich weiß ich, dass du Frauen nicht auf diese Weise begehrst«, sagte sie. »Ich bin doch nicht dumm. Ich weiß, dass du und Kapitän Little …«
»Oh, gütiger Himmel, wirst du wohl still sein«, rief Granby puterrot im Gesicht und warf Laurence einen niedergeschlagenen Seitenblick zu.
»Aber warum fängst du denn davon an?«, fragte Iskierka berechtigterweise. »Ich habe dieses Thema schließlich nicht angeschnitten. Immortalis hat mir gesagt, man darf nicht darüber sprechen, auch wenn ich nicht verstehe, warum nicht. Es ist ja nicht so, als wenn ich zulassen würde, dass dich jemand dafür ins Gefängnis wirft. Aber das kann doch nicht heißen … Anahuarque will doch überhaupt nicht, dass du sie liebst, sie will nur, dass du ihr ein Ei machst und Kaiser bist. Wenn du willst, dann werde ich Maila fragen, ob ich richtig damit liege, dass deine Neigung keinerlei Schwierigkeiten machen wird, obwohl ich mir eigentlich ganz sicher bin.«
Granby machte ihr unmissverständlich klar, er wolle auf keinen Fall , dass sie sich damit an Maila wandte. Aber angesichts ihrer unnachgiebigen Entschlossenheit und Hammonds Überredungskünste wurde er in einer Weise bedrängt, die nur Mitleid erregen konnte, als würde man einem Hirsch dabei zusehen, wie er von einem Rudel
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