Drachengold: Roman (German Edition)
Laurence und überschattete mit der Hand seine Augen, um flussabwärts zu schauen: Iskierka war ins Flussbett gekrochen und untergetaucht. Krokodilähnliche Tiere mit langen Schnauzen schwammen verärgert davon. Irgendwann legte Iskierka ihren Kopf aufs Ufer und schloss die Augen; Dampf stieg von ihrem Rücken auf und wurde davongeweht, während das Wasser über ihre Schuppen spülte.
Je weiter sie dem Lauf des Flusses Richtung Norden folgten, desto mehr schwoll er an, denn er traf auf immer neue Nebenarme, bis die Wassermassen schließlich eine Biegung nach Osten machten, fort von den Bergen. Die Drachen und die Männer schlugen den beinahe endlos erscheinenden und quälend langsamen Weg zur Küste ein. Das Land war nicht unbewohnt: Eingeborene beobachteten sie hin und wieder, meistens von der gegenüberliegenden Seite des Flusses aus, aber sie waren stets so schnell wieder verschwunden, wie sie aufgetaucht waren, wann immer Laurence ihnen einen Gruß zurief, und auch dann, wenn Temeraire sein Glück auf Quechua versuchte. Was Drachen anging, so sahen sie nur vereinzelte Wildtiere, und diese auch nur per Zufall. Einmal hatte Iskierka sich wieder in den Fluss verzogen; sie paddelte jetzt lieber voran, als dass sie flog, und so waren Temeraire und Kulingile derweil auf die Jagd gegangen. Iskierka bog um eine Kurve und erschreckte drei kleine Drachen in der Größe von Winchestern, die sich eine Mahlzeit teilten: ein seltsames, schweineähnliches Tier mit einer langen Schnauze.
Iskierka war zunächst kaum mehr als ein Kopf im Wasser, und die Wilddrachen starrten sie neugierig an; dann schob sie sich jedoch ein Stückchen vor dem Ufer aus dem Wasser und fragte: »Wo haben Sie denn das gefunden? Schmeckt das lecker?«
Noch immer waren Dreiviertel oder mehr ihres Körpers untergetaucht, aber sie übertraf an Masse bereits so die anderen drei Tiere zusammen; die Drachen schossen in die Luft, als wären sie von einer Kanone abgefeuert worden, und flohen ohne ihr Abendessen. Dies war der erste direkte Kontakt mit Einheimischen, abgesehen von kurzen Blicken aus großer Entfernung auf kleine Drachen, die eilig abdrehten. »Oh, gut«, sagte Iskierka ohne Mitleid und vertilgte das zurückgelassene Mahl in einem Rutsch; gierig spülte sie die Bissen mit großen Schlucken von Flusswasser hinunter.
»Was hast du dir denn einverleibt?«, erkundigte sich Kulingile bei seiner Rückkehr. Temeraires und seine Jagd war bislang einzig mit einem kleinen Exemplar von Rotwild belohnt worden, was nicht ausreichte, um drei hungrige, große Drachen satt zu machen, von denen sich einer auch noch von Krankheit und Verwundung erholen musste. Gong Su tat, was er konnte, um die Mahlzeit ein bisschen zu strecken.
»Ich weiß es nicht – sie wollten ja nicht dableiben, um es mir zu verraten«, entgegnete Iskierka schläfrig; sie lag bereits wieder dösend am Ufer und ließ sich durch nichts und niemanden überreden, an diesem Tag ihren Weg fortzusetzen.
In der Nacht erwachte Laurence von lautem Stöhnen und beißendem Gestank: Iskierka erbrach sich heftig in den Fluss und ließ sich dann elend und schlapp wieder am Ufer fallen. Auch an diesem Tag reisten sie nicht weiter, und als es Temeraire gelang, mit neuem Rotwild zurückzukommen, beharrte Gong Su darauf, es so lange durchzukochen, bis es beinahe ungenießbar war. Iskierkas Übelkeit war für ihn Rechtfertigung genug, aber die Drachen waren nicht unbedingt begeistert von dem solchermaßen zubereiteten Gericht, ebenso wenig die Matrosen, obwohl diese mittlerweile an einem Punkt angelangt waren, wo sie froh waren, wenn sie überhaupt etwas zu essen bekamen.
Die dicke Luft des Dschungels lag schwer auf ihnen allen. Auch Hammond war merkwürdig fiebrig und übellaunig, genauso wie mehrere andere Männer, unter ihnen Ferris. Laurence fürchtete, dass sich ein Tropenfieber unter den Männern auszubreiten begann. Er selber war eigentlich ständig in Schweiß gebadet. Die wollene Kleidung, die bei den Inka hoch in den Bergen passend gewesen war, wurde ihnen nun zum Gefängnis, doch die Gier und die Größe der herumschwirrenden Insekten verbot es allen außer den Unvernünftigsten, irgendein Körperteil der Luft auszusetzen, wenn es denn nicht unbedingt nötig war.
»Nun, es ist ein übler Teil der Welt, in den es uns verschlagen hat, Kapitän«, sagte O’Dea nach einigen weiteren Tagen und brachte damit die allgemeine Stimmung auf den Punkt: Temeraire hatte sie mit einem ohrenbetäubenden
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