Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachengold

Drachengold

Titel: Drachengold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Novik Naomi
Vom Netzwerk:
Dort waren sie auf genug unverdünnten Alkohol gestoßen, um sechs Monate lang für siebenhundert Männer die Tagesration Grog herzustellen, und all die Untätigen und Herumlungernden auf diesem Schiff hatten sich in Grund und Boden gesoffen, während jeder Offizier und fähige Seemann in den tiefen Schlaf der Erschöpfung gefallen war.
    Der Boden der Kombüse war schlüpfrig von Blut, denn in ihrer Trunkenheit hatten die Männer angefangen, das Vieh zu schlachten: Zwei tote Kühe brutzelten in Stücken über offenem Feuer, wo das Fleisch längst schwarz geworden war. Die Flammen hatten auf die Tische übergegriffen und kletterten an den Tauen empor. »Zu den Pumpstationen«, brüllte Laurence und griff sich wahllos einen Mann aus dem Gedränge heraus. Es war Yarrow, einer der tatkräftigeren Seeleute, aus Cheltenham stammend; für gewöhnlich war er kein unzuverlässiger Bursche, aber ganz offenbar war auch er der Versuchung erlegen gewesen und hatte dem Alkohol kräftig zugesprochen. Sein Gesicht war voller Rußflecken, und aus seinen Augen schien die ewige Verdammnis zu leuchten, denn der Widerschein des Feuers flackerte in ihnen.
    Â»Auf Ihre Station«, schrie Laurence ihn an, aber auf dessen Gesicht zeigte sich keinerlei Begreifen; Yarrow wand sich lediglich aus Laurence’ Griff und tauchte wieder in der Masse der Männer unter, die allesamt vom Alkohol und vor Angst wie von Sinnen waren.
    Granby hatte sich seine Ledergamaschen übergezogen und stieß mit kräftigen Tritten große Kessel mit eingepökeltem Schweinefleisch um, im Bestreben, die Herdfeuer zu ersticken. Männer kreischten auf, als sich kochendes Wasser und Fett über die qualmenden Planken und ihre nackten Füße ergoss. Die Feuer erloschen, aber ein Mann brüllte vor Schmerz und rannte blindlings gegen einen brennenden Tisch. Als er sich davon wieder abstieß und sich unter die anderen Männer mischte, hatte seine Kleidung längst Feuer gefangen, das in dem engen Quartier auf Umstehende überging.
    Â»Kapitän, Kapitän …«, schrie Darcy, einer von Rileys Fähnrichen und noch ein Junge; seine Stimme war hoch und schrill, und er stand mit nackten Beinen in einem weißen Nachthemd mit offenem, blondem Haar im Licht, das durch die Luke drang. Neben ihm erspähte Laurence Riley, der kein Halstuch trug und seinen Mantel achtlos übergeworfen hatte. Sein Mund war geöffnet, aber seine Rufe waren in der Menge und über das Feuer hinweg nicht zu verstehen. Dahinter bildeten mehrere seiner Offiziere einen Keil und versuchten, sich mit Gewalt einen Weg durch das Gedränge in die Kombüse hineinzubahnen.
    Laurence trug seinen Degen am Gürtel, aber er war ihm hier unten keine Hilfe. Granby bückte sich und riss ein Brett aus einem der Tische und dann noch ein zweites, welches er Laurence reichte. Gemeinsam machten sie sich daran, die betrunkene, aufgebrachte Meute zur Seite zu schieben, und endlich drang Riley mit einem halben Dutzend Offizieren zu ihnen durch. Der Gehilfe des Kochs, Urquhart, der an der Schlachtung des Viehs beteiligt gewesen war, hatte sich mitsamt seinen verräterischen Messern hinter den Herd geduckt; fünf der Schiffsjungen, die sich mehr über das Fleisch als über den Grog gefreut hatten, hatten sich mit Rinderkeulen in eine Ecke zurückgezogen und waren selbst im größten Durcheinander damit beschäftigt, Bissen aus dem halbrohen Fleisch herauszureißen. Zwei Männer, die zu Boden geschlagen worden waren, waren nun so benommen, dass sie willig waren, und sie waren noch nicht so betrunken, um nutzlos zu sein. Mit dieser zusammengewürfelten Mannschaft bekamen Laurence und die anderen den schlimmsten Teil des Feuers in den Griff. Die Männer schafften Sandsäcke herbei, und die Jungen, die man gewaltsam von ihrem Essen getrennt hatte, wurden damit beauftragt, den Sand becherweise über alles zu streuen, was noch irgendwie schwelte. Urquhart löschte unterwürfig die letzten Kochfeuer, die noch loderten.
    Dann allerdings verschwand er in der Menge und floh, vielleicht in der Hoffnung, dass seine Vergehen vergessen sein würden, wenn es ihm nur erst mal gelänge, von der Bildfläche zu verschwinden. Währenddessen jedoch krochen die kleinen Brandherde wie die Köpfe einer Hydra übers Deck, und der Rauch brannte Laurence in Nase und Kehle. Die Männer blieben stehen und

Weitere Kostenlose Bücher