Drachengold
hatte gerettet werden können, unterstützt von Fähnrich Darcy.
»Du kannst Riley noch immer nirgends entdecken, oder?«, fragte Laurence leise, nachdem sie die wichtigsten Informationen mit den Männern in den Booten ausgetauscht hatten.
»Nein â¦Â«, antwortete Temeraire nach einem kurzen Augenblick. Riley hatte ihm jenen riesigen, rotfleischigen Thunfisch gebracht, nur drei Tage, nachdem er, Temeraire, geschlüpft war. Temeraire war in seinem ganzen Leben nie wieder so hungrig gewesen wie in jenen ersten Tagen, und Laurence hatte zu diesem Zeitpunkt gerade geschlafen. Riley war selbst mit dem Fisch zu ihm in die Kabine gekommen, weil die meisten Seeleute viel zu viel Angst gehabt hatten â¦
»Nein«, sagte Temeraire. »Nein, Laurence, ich sehe ihn nicht.«
Laurence erwiderte nichts. Als Temeraire einen Blick zurückwarf, sah er, dass das Gesicht seines Kapitäns unbewegt und grimmig war, während seine Augen auf das qualmende Wrack in der Ferne starrten. Laurence nickte nur und wandte sich an Mrs Pemberton: »Maâam, möchten Sie vielleicht lieber in eines dieser Boote?« Sie war zusammen mit Mr Hammond aus einer der Bugkabinen gerettet worden. Die beiden hatten ein Fenster eingetreten und mit Mrs Pembertons überzähligem Unterrock gewinkt, um Aufmerksamkeit zu erregen, bis sie schlieÃlich mithilfe einer langen Leine herausgeholt worden waren. »Wir könnten Sie hinunterlassen und stattdessen einen oder zwei Männer an Bord holen, wenn es dort unten sonst zu voll werden sollte.«
»Vielen Dank, Sir, aber ich würde lieber hier auf dem Drachen bleiben«, entgegnete sie.
»Sie müssen sich darüber im Klaren sein«, sagte Laurence, »dass die Drachen höchstens zwei Tage in der Luft bleiben, vielleicht auch drei â¦Â«
»So, wie ich die Lage einschätze, gibt es genauso wenig Hoffnung darauf, dass ein Boot in diesen Breiten auf Land stöÃt«, sagte sie. »Ich finde, wenn es schon zu Ende geht, dann lieber schnell.«
»Natürlich ist es viel besser für Sie, wenn Sie hier bei mir bleiben, anstatt in einem dieser Boote zu sitzen«, sagte Temeraire und schluckte den letzten Bissen eines rohen Hammels hinunter. Immerhin war Lung Shen Li den ganzen langen Weg von China bis zur Küste von Australien geflogen, beinahe ohne unterwegs Pausen einzulegen. Laurence konnte so pessimistisch sein, wie er wollte, aber Temeraire war sich ziemlich sicher, dass er nicht auf erbärmliche Art und Weise versinken würde, ohne auch nur eine Schlacht als Entschuldigung zu haben. Er würde auf keinen Fall aufhören zu fliegen, ehe sie nicht Land gefunden hatten.
»Ich finde immer noch, wir sollten die Allegiance einfach wieder hochziehen«, knurrte Iskierka und umkreiste noch einmal die letzte sichtbare Spitze des Schiffes: All ihre Prisengelder waren im Frachtraum verstaut gewesen, und selbst Granbys Mantel war nun völlig hinüber. Aber auch das munterte Temeraire nicht auf, denn man konnte sich nicht darüber freuen, wenn etwas so Schönes ruiniert würde oder auf den Grund des Ozeans sinken sollte, wo sich nur noch die Seeschlangen daran ergötzen konnten. Immerhin konnte Iskierka nun nicht mehr damit protzen. Laurenceâ eigener Umhang für offizielle Anlässe befand sich, sorgfältig in Ãlhaut verpackt, auf Temeraires Rücken, gemeinsam mit dessen Krallenscheiden; er beglückwünschte sich dafür, dass er Roland damit beauftragt hatte, sie sicher auf dem Deck zu verstauen.
»Das haben wir bereits versucht, als noch nicht so viel Wasser eingedrungen war; also ist nicht davon auszugehen, dass es beim zweiten Mal besser klappt«, sagte Temeraire. »Wir sollten lieber aufbrechen.«
Er drehte sich so, dass er die Sonne im Rücken hatte, und flog los.
Laurence sah sich nur noch einmal um, während die Allegiance hinter ihnen kleiner wurde. Ãberreste und Treibgut hatten sich rings um den Transporter ausgebreitet wie der Rockteil eines Ballkleides. Haie tummelten sich bereits im Umkreis des Schiffes. Es war ein trauriges, bitteres Ende für so viele gute Männer. Nur die übelsten waren gerettet worden und jammerten selbst jetzt noch in Temeraires Bauchnetz. Die besten waren in ihr nasses, stilles Grab geschickt worden, um für die Torheiten der anderen zu bezahlen, und es gab nicht einmal die Aussicht auf ein späteres, ehrenvolles Gedenken. Man
Weitere Kostenlose Bücher