Drachenkaiser
gespickten Cricketschläger erinnert. Sie nahm das Ende und schwang ihre improvisierte Waffe. Es muss irgendwie gehen. »Müller, laufen Sie in den Keller und warten Sie, bis der Lärm aufgehört hat.« Sie schob ihm die Koffer hin. »Los.«
Er gehorchte.
Sie lief vorsichtig ins Freie, blieb auf dem Treppenabsatz stehen und suchte nach dem Drachen: Er hockte tatsächlich auf dem kupfergedeckten Kuppeldach der Vorhalle und riss es auseinander.
Silena richtete die Luger auf sein rechtes Auge und drückte zweimal ab. Leise klatschend trafen die Bleikugeln mitten in die Pupille, was schmerzte, die Bestie aber nicht ernsthaft verletzte. Schmerzen machten wütend, und Wut verdrängte das Überlegen.
Damit erreichst du nichts! Nie-Lung fauchte und öffnete das Maul.
»Ich habe Verstärkung gerufen«, rief sie. »Bald kommen Freunde, und dann wollen wir sehen, was du gegen Drachenheilige ausrichtest.« Silena flüchtete in die Villa zurück und stellte sich dieses Mal neben die Tür.
Nie-Lung lachte. Bist du denn keine Drachenheilige? Du siehst doch, wie ich mit dir spiele. Eine Böe kam auf, ein Schatten verdunkelte den Eingang.
Ich habe dich für gefährlicher gehalten. Aber es stimmt: Ohne ein Flugzeug bist du nicht einmal die Hälfte wert. Ich hegte meine
Bedenken umsonst.
Bedenken umsonst.
Silena sah, wie sich die Schnauze vorsichtig ins Innere schob. Kopf und Hals passten durch die Tür.
Darauf hatte sie gehofft und gewartet.
Sie schwang sich zum Fenster hinaus und landete neben dem Drachen, auf Höhe der Vorderbeine.
Nie-Lung zog instinktiv den Schädel zurück. Dadurch bot er ihr für ein paar Sekunden seinen schlanken Hals schutzlos dar.
Silena drosch die Leiste mit den Drachenzähnen von unten gegen den Schuppenpanzer. Die längsten Spitzen durchbrachen die goldenen Platten. Schreiend riss sie die Waffe wie eine Säge senkrecht zu sich und raspelte Stückchen des Panzers ab. Plättchen zersprangen – aber auch die Haut darunter riss. Heißes blaues Blut troff aus der Wunde.
Nie-Lung brüllte und hüpfte zur Seite.
Silena hatte nur eine Chance: Sie durfte sich nicht abschütteln lassen, auch wenn sie Gefahr lief, von dem kochenden Lebenssaft getroffen zu werden. Stirb! Sie setzte nach, schwang die Leiste erneut und hackte ihm damit in den unteren Hals.
Der Drache beging den Fehler, den Kopf ruckartig nach hinten zu ziehen – damit riss er sich selbst die Zähne durch die Haut.
Silena stemmte sich mit beiden Beinen gegen den Boden und spannte die Muskeln an, versuchte mit aller Macht, den kantigen Griff nicht loszulassen, doch er rutschte ihr durch die Finger. Der Feind war ihr an Kraft berghoch überlegen. Sie stürzte auf den Bauch, und in ihrem Unterleib tat es einen schmerzhaften Stich. Mein Kind!
Aus Nie-Lungs aufgeschlitztem Hals sprudelte das Blut und sprühte auf die Stufen der Vortreppe. Blubbernd und zischend sickerte es in den Kies und in die Fugen, brannte sich hindurch. Er bäumte sich auf, die Krallen drückten die ausgefransten Wundränder zusammen, vermochten die blauen Fluten jedoch nicht zu bändigen. Die Leiste mit den Zähnen fiel aus den Schuppen und prallte nach kurzem Flug neben Silena auf das Plateau.
Sie wälzte sich auf den Rücken und rutschte rückwärts, während Nie-Lung auf sie zukam, das Maul weit zum tödlichen Biss geöffnet.
Es muss klappen. Mit der Rechten bekam sie die Leiste zu packen und schleuderte sie zielgenau in den Rachen; gleichzeitig zog sie die Beine an.
Klackend schlossen sich Nie-Lungs Kiefer, die Stiefel verfehlte er um einen halben Zentimeter, doch mit den Nüstern schob er sie an, sodass sie auf der anderen Seite des Aufgangs die Stufen hinabrutschte und ihn aus den Augen verlor.
Sie hörte einen schweren Körper fallen, die Treppe gab unter der ruckartigen Belastung nach und brach zusammen.
Die Heiligen waren mit mir! Stöhnend stemmte sich Silena auf die Beine, bewegte ihre Glieder. Ihr Rücken fühlte sich aufgescheuert an, das Rückgrat tat ihr unglaublich weh und schmerzte in Steißhöhe.
Sie sah auf die eingestürzten Stufen. Umgeben von großen und kleinen Platten und geborstenen Backsteinen lag Nie-Lung. Das orangefarbene Leuchten in seinen Augen war erloschen, das Blut aus den Halswunden versiegt. Die Drachenzähne, die er sich beim Zubeißen in den Gaumen getrieben hatte, hatten ihn endgültig getötet.
Silena stieß einen erleichterten Schrei aus, der in ein lautes Lachen überging. Ich habe ihn vernichtet! Sie hustete und
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