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Drachenkaiser

Drachenkaiser

Titel: Drachenkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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fasste sich an den Unterleib. Das Ziehen darin bereitete ihr Sorgen.
    Schnell lief sie zur Garage und suchte mit Blicken die Trümmer ab. »Fayence?« Mit einer langen Latte stocherte sie im Geröll und den Ziegeln herum. »Fayence, wo …« Sie hatte einen Handschuh entdeckt, keine zwei Meter von ihr entfernt, der unter Ziegeln hervorragte. Schnell tippte sie gegen die Finger – und sie schnappten zu. Er lebt noch! »Ich komme und hole Sie!«
    Silena drehte sich um und rannte beinahe gegen einen Chinesen, der ungefähr ihre Größe hatte.
    Er trug einen grauen, eleganten Anzug und einen modischen Hut sowie ein unverbindliches Lächeln auf dem Gesicht. Sie hätte ihm ebenso gut in einem Club begegnen können. »Ah, Sie machen Ihrem Namen alle Ehre«, sagte er mit leichtem Akzent. Auf dem Weg stand ein Automobil, aus dem drei weitere seiner Landsleute sprangen und auf sie zugestürmt kamen.
    Verdammte Drachenfreunde! Sie wartete nicht und schlug mit der Latte nach ihm. »Ihr bekommt mich nicht!«
    Der Chinese vollführte eine Armbewegung und leitete den Hieb an sich vorbei.
    Einer Kugel wirst du nicht ausweichen können. Silena ließ das Holz los, zückte die Luger und wollte die Angreifer erschießen.
    Aber die Chinesenfaust, die auf ihre Körpermitte zuraste, war schneller.
    Der Aufprall der stahlharten Knöchel gegen ihr Sonnengeflecht raubte ihr die Luft und gleich danach die Besinnung.
     
16. Januar 1927, Amsterdam, Provinz Nord-Holland, Königreich Holland
    Vouivre landete mitten in der Nacht bei der blauen Windmühle, dem vereinbarten Treffpunkt. Er hatte Florin, seinem Statthalter im Königreich Holland, wichtige Mitteilungen zu machen.
    Ein Brief über die üblichen Mittelsmänner hätte es nicht getan. Gewisse Vorfälle mussten geklärt werden, und dazu musste er den Wasserdrachen sehen, riechen und ihm in die Augen sehen. Als Meister der Lügen erkannte Vouivre, wann ihm die Unwahrheit aufgetischt wurde.
    Der Altvordere sog die feuchte Luft ein, die ihn an das Meer erinnerte. Ein ehrgeiziges Deichprojekt wurde in Holland nach dem anderen umgesetzt.
    Das war ein Grund, weshalb er erschienen war. Das neueste Vorhaben hatte ihn hellhörig werden lassen: Der König plante einen Süßwassersee, indem er eine Meeresbucht eindeichen wollte. Das schuf auf der einen Seite neues Land, auf der anderen Seite sollte ein neunundzwanzig Kilometer langer und neunzig Meter breiter Deich entstehen, der die Nordsee aussperrte. Ausgesucht hatte sich der König eine schmale Stelle zwischen den Küsten von Friesland und Nord-Holland.
    Das war jedoch nicht von Vouivre angeordnet worden. Mein Statthalter entwickelt Allüren.
    Das Wasser des Kanals geriet in Bewegung, und Florins Muränenkopf schob sich hervor.
    Vouivre hatte Wasserdrachen niemals ausstehen können, gerade diese Mischform aus Fisch und Drache nicht, halb Muräne und mit dem flachen, ungestalteten Kopf hässlich wie sonst was. Da half auch das hübsch anzusehende Kobaltblau nichts. Sie entsprachen einfach nicht seinem ästhetischen Empfinden. Doch sie besaßen gerade in einem Reich wie Holland Vorzüge: Sie konnten sich in Flüssen, Seen und Kanälen durch die Welt der Menschen bewegen, ohne dabei aufzufallen und Spuren zu hinterlassen.
    »Ich grüße Euch, Altvorderer!« Florin schlängelte heran und neigte demütig den blau geschuppten, gehörnten Schädel. »Es ist mir eine Ehre, Euch willkommen zu heißen.«
    »Meinen Dank.« Vouivre sah zur Mühle. »Sie steht leer, nehme ich an?«
    »Im Winter lebt niemand darin. Es ist ein ungestörter Ort, Altvorderer. Sie verrichtet ihren Dienst, ohne dass jemand nach ihr schaut. Man walkt Leder darin.«
    Vouivre züngelte. Er konnte keine Hinweise auf andere Lebewesen in der Umgebung riechen, abgesehen von den flüchtenden Schafen. »Du musst dir einige sehr unbequeme Fragen gefallen lassen, mein geschätzter Florin«, eröffnete er schneidend. »Doch zuallererst, da es mich sehr grämt: Was hat es mit diesem Vorhaben auf sich, bei dem der König ein Binnenmeer aus Süßwasser erschaffen möchte?«
    Florin zögerte nicht. »Eine Überraschung für Euch, Altvorderer. Es sollte in drei Jahren fertiggestellt sein. Damit gewinne ich wichtiges Land, flute einige unfruchtbare Gebiete, und wir können den Handelsverkehr unabhängig von Rotterdam forcieren.«
    »Ohne meine Anweisung«, stellte Vouivre fest.
    »Ja, Altvorderer. Wie ich schon sagte: eine Überraschung.« Florin klang nicht unaufrichtig.
    »Ist das der gleiche

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