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Drachenkaiser

Drachenkaiser

Titel: Drachenkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Tourant De Bercy, gekleidet in einen langen, schweren Kutschermantel und einen robusten Hut auf dem blonden Schopf, wich fluchend einem vorüberrumpelnden Gespann aus, auf dem sich Bierfässer stapelten.
    »Quel idiot extraordinaire!«, schrie er dem Fahrer nach, bückte sich und hob einen Stein auf. »Du bist dümmer als die Pferde, die dich ziehen.« Mit einem raschen Wurf sandte er seinen harten Gruß auf die Reise. Er verfehlte den Mann. »Merde.«
    Die wenigen Menschen, die bei dem ungemütlichen Schneeregen unterwegs waren, sahen ihn verwundert an.
    De Bercy, der ein schmales, verwegenes Oberlippenbärtchen trug, machte scheuchende Handbewegungen. »Sch, vas y! Es gibt nichts zu glotzen«, sagte er und marschierte daraufhin selbst los, die letzten Schritte durch die engen Gässchen der Stadt, geradewegs auf den Eingang des Pubs zu, der im Herzen von York lag: The Golden Fleece.
    Von außen sah er klein, etwas schief und uralt aus, eingepfercht zwischen zwei größeren Fachwerkgebäuden, die ihn scheinbar erdrücken wollten. De Bercy konnte fast Mitleid mit dem Pub bekommen, neben dessen Eingangstür die Zahl 1503 in den Stein gekratzt worden war.
    Gemütlich, hoffe ich. Und nicht zu heruntergekommen, um sich mit einer Lady zu treffen. Rasch trat er ein und lief gegen eine Wand aus übermäßiger Wärme, dem Geruch von altem Bier, das in die dunklen Holzbänke und den Tresen eingezogen war, muffiger Kleidung und Unmengen an Zigaretten, Zigarren und Pfeifen, die im Pub geraucht worden waren.
    Ein Albtraum. De Bercy hustete demonstrativ, wedelte mit der Hand und trat ein. Dunkle Holzpaneele an den krummen Wänden und wenige entzündete Lampen machten das Golden Fleece zu einem Lieblingsort für Melancholiker.
    Um diese frühe Stunde, es war gegen fünf Uhr am Nachmittag, fanden sich bereits jede Menge Gäste. Die meisten hatten Pints mit dem britischen schwarzen Stoutbier vor sich stehen, einige tranken Tee, andere hatten Whisky geordert, der in bauchigen Gläsern schwamm. Ein Geiger spielte leise zur Unterhaltung auf, und manche sangen die traditionellen Folksongs mit.
    De Bercy zog den Hut ab, zwängte sich durch die Lücken und suchte verzweifelt einen freien Tisch, wo er sich gleich mit der Lady setzen konnte. Mir ist es ein Rätsel, dass man sich als Frau von Stand an einem solchen Ort treffen möchte.
    »Das ist recht einfach erklärt«, sagte eine Frau hinter ihm, und er wandte sich ein wenig erschrocken um. »Ich mag es.« Vor ihm stand eine Frau von Anfang dreißig; sie trug ein wunderschönes, hellbraunes Kleid mit grünen, keltischen Stickereien darauf. Die lockigen braunen Haare hatte sie hochgesteckt; der freie Blick betonte ihren schlanken Hals sowie die Perlenohrringe. »Sie sind Mister De Bercy.« Die hellbraunen Augen leuchteten neugierig, als sie ihm die Hand hinstreckte. »Ich bin gespannt, wie ich Ihnen helfen kann.«
    Kann sie Gedanken lesen? Das wäre schlecht. Er nahm den Hut in die andere Hand, fasste ihre Finger, drückte einen Kuss auf die Knöchel. Einige der Yorker hielten mit dem Gespräch inne und starrten ihn an, als hätte er eine Dummheit hinausgeschrien. »Hoppla. Gute Manieren ist man hier wohl nicht gewohnt«, murmelte er und grinste sie an. »Lady Ealwhina Snickelway, enchante.«
    »So? Verzaubert habe ich Sie?« Sie lachte auf eine Weise, die ihn ihre Fröhlichkeit spüren ließ. »Jetzt schon?«
    »Warum lügen, Mylady?« De Bercy konnte sich gegen die ansteckende Lebensfreude der Frau nicht wehren. Solche Personen traf man nicht allzu oft. Seine bewährte Strategie, den harten Geschäftsmann zu geben, wie er es sonst tat, warf er spontan über den Haufen. Er wünschte sich das Wohlwollen dieser Frau, um ihr Lächeln, so oft es ging, zu sehen. »Ich versuchte bereits, uns einen Platz zu sichern, aber…«
    Sie winkte ab. »Ich habe schon etwas für uns.« Snickelway zeigte in eine Ecke, wo ein alter Mann mit mürrischem Gesichtsausdruck vor einem Pint saß und von einem Besucher zum nächsten starrte.
    De Bercy zögerte. »Nun, es ist eine geschäftliche Unterredung, wie Sie wissen, Mylady.«
    »Stören Sie sich nicht an ihm. Er ist ein Freund und redet niemals.« Sie zwinkerte und nahm seine Hand. »Kommen Sie. Er hält uns die Bank nicht ewig frei.«
    Gegen so viel Charme und sanften Druck vermochte er sich nicht zu wehren. Nein, er wollte es nicht. Aus den Augenwinkeln meinte er einen einäugigen Mann in einem altertümlichen Aufzug, der ohne Weiteres ins siebzehnte

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