Drachenkaiser
hier aus, weil sie in der gleichen Farbe wie die Wand gestrichen ist.« Snickelway pochte auf die Fotos. »Wieso ich?«
De Bercy lächelte und wollte endlich eine Erwiderung von ihr bekommen. Er wäre sogar bereit, noch mehr Geld auf den Tisch zu legen, notfalls aus eigener Tasche. »Sie gelten als treffsicheres Medium, wenn es darum geht, verschollene Personen aufzuspüren. Und ich hege die Hoffnung, dass Sie die Suche nach verschollenen Gegenständen ebenso beherrschen. Ich möchte keine Seance oder so einen Unfug mit Toten. Das überlasse ich anderen.«
»Oh, lieber Mister De Bercy. Achten Sie auf Ihre Sprache«, entgegnete sie geheimnistuerisch. »Wenn die Toten uns nun aber hören könnten?«
»Mumpitz, Mylady Snickelway.« Er sah wieder zu dem unfreundlich blickenden Greis, der offenbar in eine Starre verfallen war und nicht einmal mit den Lidern zuckte. »Haben Sie Interesse?«
Sie musterte ihn, ihre Blicke schienen durch die Stirn in seinen Verstand zu dringen und darin zu lesen. »Was beabsichtigen Sie mit dem Artefakt?«
Jetzt würde es unschön werden, denn seine Aufgabe verlangte von ihm, auf Unwissen ihrerseits zu bestehen. »Bei allem gebotenen Respekt, das muss Sie bei dieser Summe nichts…«
»Das geht mich sehr wohl etwas an«, zischelte sie scharf, und ihre Stimme wurde unangenehm. »Der Weltenstein birgt für einen Kundigen, ein Medium oder jemanden, der sich Magier nennt, ungeahnte Kräfte. Wer die Energie freisetzen und sich zunutze machen kann, besitzt mehr Macht, als wir beide uns ausmalen können. Damit ließe sich enormer Schaden für die Welt anrichten, Mister De Bercy. Nicht umsonst wurde mit einem immensen Aufwand verhindert, dass der Weltenstein in falsche Hände gerät. Oder besser gesagt: in die Klauen von Drachen.«
De Bercy betrachtete sie. Soeben hatte sich eine Komponente an ihr gezeigt, die nicht so recht zu der netten, freundlichen Lady passen wollte. Sie scheint mehr zu wissen, als man in Zeitungen lesen kann. »Sehr engagiert vorgetragen, Mylady.«
»Danke, Mister De Bercy. Das, was Madame Arsénié Sätra vorhatte, sollte jedem Menschen, der Spiritist oder Medium oder übersinnlich begabt ist, eine Warnung sein: Macht korrumpiert. Um mich dieser Gefahr nicht auszusetzen, habe ich jeden Gedanken an das Artefakt weit von mir geschoben. Der Umstand, dass ich nicht gern reise, kam dem sehr entgegen.« Die Härte auf ihrem Gesicht wich, das Liebreizende gewann die Oberhand.
»Und gerade deswegen bin ich auf Sie gekommen, Mylady«, stieg De Bercy begeistert ein. »Sie hören sich genau so an, wie mir versprochen wurde.« Er strahlte und fühlte sich bereit, sich auf der Stelle in sie zu verlieben. »Sie würden den Weltenstein suchen und ihn mir bringen oder einfach nur seinen Fundort melden. Ich wiederum gedenke, ihn zu vernichten!«
Sie schenkte ihm ein verzeihendes Lächeln, das sein Herz schneller schlagen ließ. »Mister De Bercy, das ist ein nobles Ansinnen, welches ich äußerst gern unterstütze. Doch nochmals: York zu verlassen, fällt mir sehr schwer.«
»Und ich schwöre Ihnen, Mylady, dass die Welt es erfahren wird, wenn wir ihn haben. Vor den Augen zahlreicher Reporter, Fotografen und Kameraleute lösche ich das Artefakt aus und nehme der Welt eine lauernde Bedrohung.« Er hielt ihr seine Rechte hin. »Schlagen Sie ein, Mylady?«
»Angenommen, ich zöge es in Betracht, mich auf Reisen zu begeben: Gibt es so etwas wie einen Bonus, wenn ich den Weltenstein finde?«
»Einhunderttausend Pfund«, kam es augenblicklich aus seinem Munde. »Sie werden berühmt durch das, was wir vollbringen. Und reich.«
»Ihnen genügt mein Handschlag? Sie sind ein vertrauensseliger Geschäftsmann. Sehr schön!« Snickelway ergriff langsam seine Hand und schüttelte sie sanft und ladylike. »Natürlich wird es mir eine Freude sein, Ihnen einen Vertrag zu unterzeichnen, denn er gibt auch mir Sicherheit.«
Ausgezeichnet! Er löste seine Hand von ihrer und nahm einen zweiten Umschlag aus dem Mantel. »Hier drinnen habe ich die Papiere, Mylady. Wir können sozusagen zur Tat schreiten.« Er nahm das Dokument aus dem Umschlag und reichte ihr seinen Füllfederhalter. »Wenn Sie Ihr Signum hinterlassen?«
Snickelway las sich die Zeilen sorgsam durch. »Ich schließe einen Vertrag mit einer Kanzlei und nicht mit Ihnen, Mister De Bercy?«, fragte sie neugierig. »Das erscheint mir ungewöhnlich.«
»Für den Fall, dass mir etwas zustoßen sollte, bevor Sie von Ihrer Aufgabe
Weitere Kostenlose Bücher