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Drachenkaiser

Drachenkaiser

Titel: Drachenkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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rief sie zurück. Sie mochte es, »Boss« und nicht »Madam« genannt zu werden, denn es zeigte ihr, dass die Männer sie in ihrem Job akzeptierten. Sie ließ den Wagen parken, stieg aus und kletterte auf das Dach des Containers, auf dem vier Männer darauf warteten, die Ketten in den Fanghaken des Zeppelins einzuhängen. »Habt ihr alles bekommen?«
    Brummend näherte sich die Ramachander, die Lastkette mit dem Haken hing bereits aus dem Loch in der Gondel.
    »Ja, Boss. Brot, Gemüse, gepökeltes Fleisch, alles da. Und Wodka.« Der Lademeister stampfte auf das Duraluminiumdach. »Das Gewicht sollte kein Problem sein.«
    Sie zogen die Köpfe ein, als die Kette heranschoss. Mit Bootshaken fischten die Männer sie herbei und verbanden den Container mit dem Luftschiff; gleich darauf ging es ruckartig aufwärts.
    Leida blieb im Freien bei den Männern und sah die verschneite Landschaft unter sich kleiner werden. Sie mochte das Gefühl des Schwebens, hielt sich an der Kette fest und betrachtete Oranienbaum von oben. Der Wind zerrte an ihr, aber sie geriet nicht ins Wanken. Auch die sanfte Rotation des Containers bereitete ihr keine Furcht.
    Sie sah auf das Palais hinab, in dem Silena bei den Geheimdienstlern saß. Lass dir nichts vormachen und nichts anhängen.
    Leida sorgte sich um die Frau, die für sie zu einer echten Freundin geworden war. Das Verhältnis zu ihr war sehr eng geworden. Silena hatte ihr sogar von dem Kind erzählt, das sie in sich trug, und ihr das Versprechen abgerungen, das Geheimnis für sich zu behalten. In den harten Zeiten, die Silena durchlitt, gab es ihr Hoffnung und eine Erinnerung an Grigorij. Ein schönes Geheimnis.
    Leida wünschte ihr und dem heranwachsenden Leben von Herzen, dass Grigorij noch lebte, aber sie wusste, dass er tot war und irgendwo im Meer trieb. Oder der Tote im Palais war eben doch der Fürst, und Silena machte sich etwas vor. Aus Angst. Aus Verzweiflung.
    Leida dachte an den Tod ihres Bruders. Ich kann sie verstehen. Sein Verlust hatte ihre Welt grau werden lassen, bis sie wieder Liebe fand, wo sie sie nicht vermutet hatte. Alles sprach dagegen, dass der Fürst noch lebte. Und sie hatte weiß Gott schon genug an Tod und Verderben gesehen, um die Lage in Oranienbaum richtig einschätzen zu können. Silena irrte sich. Ich hätte ihr das Glück so sehr gegönnt.
    Der Container wurde zurück in die Gondel gezogen, Haltebolzen rasteten ein.
    Leida stand im Ladebereich und sprang auf den Boden. »Die Ramachander klar zum Gefecht machen«, befahl sie und sah die staunenden Augen der Besatzung. »Nur für den Fall, dass sie Zadornova etwas antun. Ich bin auf der Brücke.«
    Sie eilte nach vorn, gab die Bereitschaffsmeldung via Funk auch an die Lena weiter und ließ das Luftschiff über dem Palais in Stellung gehen. Die Ochrana weiß ja nicht, dass die Bombenschächte leer sind. Der Schatten, den sie auf den Boden warfen, verdunkelte die Fenster zur Meeresseite hin.
    Sie setzte sich an das Kontrollpult und legte die Füße hoch, schloss die Augen und hielt das Gesicht in die untergehende Sonne.
    Leida mochte die Wärme auf ihrer Haut. Wärme, die auch von einem Körper herrühren konnte. Sie dachte unvermittelt an Cyrano, den Gargoyle mit dem zerstörten Gesicht.
    Als Silena nach ihm gefragt hatte, hatte sie leider lügen müssen. »Er untersucht eine Drachensichtung«, hatte sie ihrer Freundin gesagt.
    In Wahrheit wusste sie selbst nicht, wo er sich herumtrieb. Er war eines Morgens verschwunden, mitsamt den anderen beiden Gargoyles. Am Abend vorher hatte er geheimnistuerisch getan und ihr eine Überraschung versprochen. Aus ihrer Verwunderung war Ärger und nun Sorge geworden. Die Drachenfreunde hatten es mit Sicherheit auch auf Cyrano abgesehen.
    Höchstens Silena ahnte, dass sie und ihn mehr verband als der Hass auf Drachen. Nicht einmal ihre besten Männer wussten von den zarten Banden, die sich Leida nur als Liebe erklären konnte, die jegliche Hindernisse und Unterschiede zwischen den Arten überwand. Es herrschte tiefes Verständnis zwischen ihnen, eine unausgesprochene Übereinstimmung, welche die Seelen wärmte.
    Ich hätte niemals gedacht, dass mir Blicke und Nähe genügen, um Glück zu erfahren. Leida sehnte sich nach ihm. Was hat dich fortgetrieben? Bist du in Schwierigkeiten?
    Sie hörte einen Warnton. Als sie die Lider erschrocken hob, sah sie ein rotes Kontrolllicht auf dem Steuerpult flackern.
    »Motorgondel zwei meldet Drachensichtung!«, rief der Wachoffizier,

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