Drachenkampf - Zwergenkrieger
begonnen; in diesen Augenblicken mochten Harlingar im Kampf fallen, und sie, die Kriegsmaid, war nicht dort, um ihnen beizustehen.
Sie schüttelte den Kopf, um die düsteren Gedanken zu vertreiben, und blickte von dem Hauptbuch auf, das vor ihr lag. »Weizen«, sagte sie zu der Gruppe von Männern, etwa einem Dutzend, die stumm vor ihr standen, »Gerste, Hafer: Das ist es, was die Harlingar und ihre Pferde brauchen.«
»Ja, Prinzessin, das wär's, wenn wir nur die Äcker bestellen könnten.« Der Sprecher war ein älterer Mann in der groben Hose, dem schweren Wams und den dicken Stiefeln eines Bauern. »Aber es ist ganz einfach so, daß die meisten Männer in diesen Zwergenkrieg geritten sind, und wir haben nicht genug übrig zum Pflügen und Säen.«
Elyn wandte sich an Mala, die am Ende des Tisches saß.
»Gibt es genug, daß die Gesündesten und Stärksten das Pflügen erledigen könnten und einige der weniger Kräftigen das Eggen und die übrigen das Säen?« Malas Blick ging über die Abordnung, und sie sah, daß einige merkten, worauf sie hinauswollte. »Könnt ihr euch nicht in dieser Notzeit zusammenschließen, daß jeder das tut, wozu er am besten geeignet ist, und so gemeinsam die Arbeit leisten?«
»Gewiß, Madame, das ließe sich machen«, antwortete der Sprecher. »Wenn wir das Land gemeinsam bestellten, statt jeder sein eigenes Stück, dann müßte es gehen.«
»Dann schlage ich vor, daß ihr genau das tut«, gab Mala zurück.
Die Abgeordneten wandten sich Elyn zu, und diese entließ sie mit einem Wink und einem Lächeln. Und mit einem unbeholfenen Gruß für ihre Prinzessin, diese ledergekleidete Kriegsmaid-Regentin von Jord, entfernten sie sich.
Als sie fort waren, rief Elyn aus: »Ach, Mala, du bist ein Juwel!«
»Unsinn«, knurrte Mala, obwohl man sehen konnte, daß sie mit sich selbst sehr zufrieden war, und zufrieden damit, daß die Prinzessin auf sie hörte. »Sie wären irgendwann selber auf den Gedanken gekommen. Bauern haben sich immer schon gegenseitig ausgeholfen ... nur eben nie in einem so großen Umfang.«
»Dennoch, Tante, ist Euer kluger Rat eine große Hilfe für den Hof in diesen schweren Zeiten«, meinte Elyn zu ihr.
Mala schlug ihre Augen nieder und raschelte mit den Papieren auf dem Tisch, und die Prinzessin merkte, daß die ungeliebte alte Dame verlegen war.
»Also«, ergriff Mala schließlich wieder das Wort, »wie schaut es aus mit den Wagen für die Versorgung des Heeres?«
Elyn seufzte und blickte auf die Listen. »Sowie die Vorräte aufgezehrt werden, werden natürlich Wagen frei. Diese kehren hierher zurück, um mit neuen Gütern beladen zu werden, und fahren von hier aus wieder zum Kaagor-Paß. Das Problem ist, festzustellen, wie viele an diesem Rundlauf beteiligt sind und wie viele wir zusätzlich brauchen, um den Nachschub nicht abbrechen zu lassen ...«
Es war fast zwei Stunden später, als ein lautes Hornsignal von der Mauer erschallte: Feind in Sicht! Elyn ließ ihre Schreibfeder fallen und sprang vom Tisch auf, daß der Stuhl krachend hinter ihr zu Boden fiel. Sie packte ihr Schwert und stürzte aus dem Zimmer. Mala hob eilends den Stuhl wieder auf und sammelte die verstreuten Schriftstücke. Das Horn erklang immer noch.
Als die Prinzessin auf den Burghof gestürmt kam, wurden bereits die eisenverkleideten Tore geschlossen, der große Riegel vorgelegt, das Fallgatter heruntergelassen. Sie blickte zu dem Wachtposten auf dem Vorwerk hinauf, und ihr Blick folgte seinem ausgestreckten Arm, und er zeigte nach Osten, nach oben! Und dort, hinab aus den Höhen des Himmels kam eine große, schwarze Gestalt: Es war ein Drache.
Kalgalath der Schwarze war gekommen.
Und alle, die ihn sahen, erbebten.
Elyn erreichte die Mauerkrone, als der mächtige Drache sich in den Hof hinabsenkte. Die Luft grollte wie Donner unter dem Sog seiner Schwingen. Männer erbleichten vor Furcht, und viele rannten fort. Pferde kreischten vor Schrecken, bäumten sich auf und schlugen mit den Hufen aus. Fenster und Türen wurden verrammelt. Und der Drache brüllte; seine Stimme erfüllte die Luft, so laut, daß Trommelfelle platzten und Blut aus der Nase rann. Fenster zersprangen, und Ziegel fielen herab, und das Dach der Pferdeställe neigte sich nach innen.
Auf der Mauer schlug Elyn von Jord die Hände über die Ohren und fiel schmerzgepeinigt auf die Knie. Und sie zitterte vor Wut und Hilflosigkeit; denn ein Unheil ungeahnter Größe war über die Feste der Harlingar gekommen, und sie wußte
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