Drachenkampf - Zwergenkrieger
Schreiend vor Schmerzen wälzten sich Männer auf dem Blasenschlagenden Boden, und Glaum stürzte sich auf sie, voller Zorn, daß sie es gewagt hatten, in sein Reich einzudringen, und zerfetzte sie mit seinen riesigen Klauen.
Säure traf Elgor ins Gesicht, und er taumelte zurück, schrie vor unerträglichen Schmerzen. Sein linkes Auge wurde zerfressen von dem ätzenden Gift. Und er fiel auf die Knie vor dem anstürmenden Drachen, ohne in seiner Qual auf die Gefahr zu achten; seine Finger krallten sich in die schmorende Maske und rissen sie vom Gesicht. Doch starke Hände hoben ihn auf: Es war der junge Reynor, der dem Prinzen zu Hilfe gekommen war; er zog ihn hoch und zerrte ihn zurück in den Gang. »Lauft, Herr!« schrie er. »Der Drache ist über uns.«
Taumelnd rannten sie durch die Halle. Reynor zog den halbblinden Prinzen mit sich, den geisterhaften Pfad grünglimmender Pfeile entlang. Hinter ihnen her kamen die Schreie sterbender Männer; hinter ihnen kam das donnernde Gebrüll eines mächtigen Drachen; hinter ihnen kam das schmetternde Klirren stählerner Krallen auf Stein.
Durch flammende Pein hindurch hörte Elgor Reynors Stimme: »Er folgt, Herr! Er folgt!«
Elgors eigene Stimme stieß unter Keuchen hervor: »Lauf weiter, Reynor, lauf! Sorg dafür, daß das Biest getötet wird!« Und taumelnd blieb er stehen.
Auch Reynor hielt inne, und hinter ihnen dröhnten riesige harte Klauen auf schwarzem Fels. »Ich kann Euch nicht ihm überlassen, mein Prinz«, kam Reynors Antwort. Der junge Mann zog Elgor drängend am Arm. »Der einzige Weg, Glaum zu besiegen, ist, wenn Ihr mit mir lauft. Denn mag er mich auch töten, wenn's denn sein muß, so will ich ihn zuvor noch in die Irre führen, damit Ihr entkommen könnt. Doch wenn Euer Plan gelingt, Herr, dann wird der Drache fallen. Bei Adon's ist wahr!«
Der Name Adons rüttelte den Prinzen auf. Er biß die Zähne zusammen gegen den wühlenden Schmerz; sein Auge war ein glühendes Loch in seinem versengten Gesicht. Doch Elgor nahm all seine Kraft zusammen, und diesmal rannten sie wirklich.
Entlang der glimmenden Pfeile flohen sie, durch die gewundenen Tunnel der Zwerge. Schneller als ein Pferd war Glaum, auf einer kurzen Strecke, doch der gewundene Pfad durch die Zwergenbinge machte ihm zu schaffen durch seine vielen Biegungen. Dennoch wurde der Vorsprung der Fliehenden immer kürzer, und der Drache kam näher und näher mit jeder Kammer, die sie durchquerten, und sein Gebrüll ließ die Felswände rings um sie her erbeben.
Jetzt war er beinahe über ihnen; sie waren fast in seinen Klauen. Er würde sie zerfetzen, statt sie mit seinem Atem zu verätzen, denn er wollte spüren, wie das Leben ihre zerrissenen Körper verließ, wie der Tod ihre zermalmten Leiber ereilte.
Direkt vor ihm stürzten sie in die pechschwarze Westhalle. Doch Glaums Drachenaugen sahen in der Finsternis, als wäre es hellster Tag. Und als er in die Halle hineindonnerte, sah er andere Menschen vor sich. Ihre Gesichter waren gleichfalls von jenen seltsamen Masken bedeckt, und sie hielten Seile in der Finsternis. Und da war eine Abdeckung, ein Tuch, vor dem Tor. Glaum spürte mit seinen Sinnen hinaus in das Tal dahinter, wo die Sonne immer noch am Himmel stand ...
»Jetzt!« rief Ruric. »Bei Adon, schickt das Untier zur Hèl!«
Auf dem Wehrgang über dem Tor biß eine Axt in einen Holzblock, trennte das Halteseil entzwei. Und unten auf dem Boden rissen dreißig Männer, fünfzehn auf jeder Seite, hart an den Seilen, und der Lehm der Abdichtung zersprang unter dem plötzlichen Zug.
Und Sonnenlicht ergoß sich in die Halle, traf Glaum mitten im Sprung, und der große Drache konnte seinen Ansturm nicht mehr aufhalten und sich umwenden und in die schützende Dunkelheit fliehen, ehe die gleißenden Strahlen auf ihn fielen.
Mit einem schrecklichen Röhren krachte er auf den Stein, zu Tode verwundet. Denn Glaum war ein Kältedrache und unterlag dem Bann. Und jetzt hatten diese Harlingar den mächtigen Wyrm vernichtet, ihn mit einer List ins Tageslicht gelockt, wo Adons Hand ihn niederstreckte.
Und während Elgor und Reynor noch flohen vor dem gefallenen, zuckenden Ungeheuer, selbst geblendet von der plötzlichen Helle, starb Glaum. Das kalte Feuer tief in seinen glitzerhellen Augen verlosch, und sein letzter Anblick, auf ewig eingebrannt, war das seiner Bezwinger: winzige Menschen, die in Angst vor ihm davonliefen.
Wolfswald
Spätsommer, Frühherbst, 3Æ1602 [Zeit der Legende]
»Ssst!«
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