Drachenkampf - Zwergenkrieger
weiß, daß Ihr lieber alles noch heute nacht entscheiden würdet, aber wir müssen auch etwas Schlaf bekommen. Habt keine Angst, Kriegsmaid, wir werden noch oft und eingehend über alles reden, ehe Ihr aufbrecht.«
Durch den knirschenden Schnee ging Elyn zurück zu ihrem Quartier. Ihr Kopf schwirrte noch von all dem, was sie und Brude besprochen hatten. Plötzlich überlief sie ein Schauder, und unbewußt kam ihr Elgors Gesicht vor Augen und riß sie aus ihren Gedanken. Ihr Herz klopfte wild, als ob ein Unheil nicht nur ihren Zwillingsbruder, sondern ganz Jord befallen habe. Und ohne bewußtes Wollen blickte sie nach oben, und die Werlichter am Himmel waren immer noch rot wie Blut.
Endlich kam der Frühling, mit Schneeschmelze und Regen und Blumen in seinem Wehen, rasch gefolgt von der Ankunft der Ablösung. Die Männer hatten auf dem Weg keine Schwierigkeiten gehabt, auch nicht in der Reißzahnklamm, doch hier an der Grenze nach Kath waren Schwierigkeiten nie weit.
Elyn hatte ihre Pläne gefaßt, wobei sie jeden Schritt mit Brude abgesprochen hatte. Zwei Unterführer waren aus den Reihen derjenigen ausgewählt worden, die mit ihr zurückkehrten, und sie hatten sich an den Überlegungen beteiligt. Schließlich war alles soweit besprochen, und zwei Wochen später zog die Kolonne von fünfzig Reitern los gen Aranors Feste. Elyn von Jord ritt voran. Sie war als Meldereiter und Kundschafter zur Garnison gekommen, und jetzt kehrte sie als junge Heerführerin zurück.
Langsam zog die Kolonne durch das Hügelland: Krieger, Pferde, Packtiere. Und vor ihnen und an den Flanken ritten, weit gestreut, die Kundschafter. Der Frühlingsregen hatte eingesetzt, und wohin sie blickten, grüßten sie die grünen Sprossen des erwachenden Landes. Und trotz des kalten Niederschlags sang Elyns Herz mit dem Wechsel der Jahreszeit.
Vier Tage ritten sie so, ehe sie in das schroffe Land kamen; ihre Route wurde immer mehr eingeengt durch die Berge ringsum. Ihr Weg führte auf die Reißzahnklamm zu, eine Waldschlucht, die sich hinunterzog zu den weiten Grasebenen von Jord. Immer noch fiel der kühle Regen, und sie waren seines unaufhörlichen Tropfens müde. Doch als die Klamm mit ihren bewaldeten Hängen in Sicht kam, schlugen die Herzen schneller, und der Atem kam in kürzeren Zügen. Die Bäume standen noch kahl in ihrer Winterkleidung, doch die Schroffen waren so dicht bewachsen, daß eine ganze Armee dort verborgen liegen konnte.
»Galdor, nehmt Eure vier Leute und durchkämmt die linke Seite; Brenden, Ihr und die Euren nehmt Euch die rechte vor.« Elyn wiederholte nur, was jedermann wußte, doch irgendwie weckten ihre knappen Worte geschärfte Sinne, als der Plan nun in die Tat umgesetzt wurde.
In die Schlucht ritten die zehn Harlingar, trennten sich in zwei Gruppen und verschwanden zwischen dem kahlen Geäst zu beiden Seiten des Weges. Jetzt setzte sich die Hauptmacht in Bewegung, Bogen bereit, Speere, Breitschwerter, Langdolche bei der Hand. Langsam rückten sie vor, und Elyn konnte nun sehen, warum dies die Reißzahnklamm genannt wurde. Rings um sie her erhoben sich auf den Schroffen die Bäume und stachen in den in den regenschweren Himmel. Nur dann und wann tauchte einer der Kundschafter auf und gab ihnen durch Handzeichen zu verstehen, daß alles in Ordnung war.
Durch die Länge der Paßschlucht zogen sie und hinaus; es gab keinen Hinterhalt an diesem verregneten Tag.
Und Elyn fühlte sich zugleich erleichtert und enttäuscht, und als Galdor und Brenden sich wieder zu ihnen gesellten, dachte sie: So mag der Alltag des Krieges aussehen: sorgsam erarbeitete Pläne, die nie zur Durchführung gelangen; Strategien, die nie zur Anwendung kommen. Vor ihnen, jenseits einer langen Reihe sich hinabsenkender Hügel, erstreckte sich das große jordische Grasmeer, noch gelb vom langen Winterschlaf, doch bereits hie und da gefleckt mit Grün. Und in dieses große weite Land ritt der Trupp der Vanadurin.
»Was? Weggeritten, um Glaum zu töten? Wann?« Es war früh am Abend, und Elyn saß mit ihrem Vater vor einem wärmenden Feuer. Sie war gerade erst angekommen und vom König mit offenen Armen empfangen worden. Er hatte sie sofort in seine Privatgemächer gebeten, ungeachtet ihrer schlammbespritzten Reitkleidung, und nach den Dienern gerufen, daß sie etwas zu essen und zu trinken bringen und Arianne und Mala herbeiholen sollten. Und als Elyn sich nach Elgor erkundigt hatte, da hatte sie erfahren müssen, daß ihr Bruder ausgeritten war, um
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