Drachenkampf - Zwergenkrieger
Aber sie hatte sich als wahre Kriegsmaid erwiesen, war von rascher Auffassungsgabe und so geschickt im Umgang mit Waffen wie seine besten Männer, wenn nicht besser. Dennoch gewöhnte er sich nur schwer daran, daß eine Frau an dieser unsicheren Grenze mit ihnen Wache hielt, ungeachtet ihrer Abkunft oder Fähigkeiten.
Als sie Platz nahm und vom Küchendienst ein Essen vorgesetzt bekam, konnte sie aus dem Hintergrundgeräusch der Tischgespräche den einen oder anderen Wortfetzen ausmachen, und sie bemerkte, daß sich das Thema wieder den blutroten Werlichtern am Himmel zugewandt hatte.
Ein böses Omen für jemanden ...
Vielleicht für den König ...
Nein, nicht nur für den König; es ist ein böses Omen für ganz ]ord ...
]a, es bedeutet Mord und Totschlag und Krieg ... »Ich sehe, daß das Unheil heute abend wieder zuschlägt«, meinte Elyn zu Brude, während sie sich ein Stück Brot abbrach.
»Spottet nicht des hohen Winterlichts, Prinzessin, denn zuzeiten weist es in der Tat auf Kommendes voraus.« Der Hauptmann nahm einen Löffel voll Eintopf; sein Blick wurde leer, während seine Gedanken in die Vergangenheit schweiften. Er kaute und schluckte. »Vor drei Jahren kam die rote Warnung, ehe Tamar angriff. Und viele Bardengeschichten erzählen von verborgenen Botschaften in den Lichtern, die der Mensch enträtseln mag.«
»Vielleicht, Hauptmann Brude«, antwortete die Prinzessin. »Doch habe ich nicht das Geschick, solche verschlüsselten Sprüche zu lesen, und den anderen hier geht es wohl ebenso.«
»Viele Nächte hat nun der Himmel rot geflammt«, knurrte Brude, immer noch in Gedanken versunken. »Jede Nacht habe ich eine zusätzliche Wache auf den Mauern postiert, um einem Angriff zuvorzukommen. Doch nichts ist geschehen, wenn auch die Zeichen auf Sturm weisen.«
»Wenn es wirklich Omen sind, Hauptmann«, sann Elyn, »vielleicht ließen sich ihre Geheimnisse ergründen, wenn wir wüßten, für wen die Botschaften bestimmt sind.«
Brude gab keine Antwort, und sie aßen eine Zeitlang in Schweigen, während ringsum die Gespräche weitergingen. Schließlich räusperte sich der Hauptmann. »Bald wird der Frühling ins Land ziehen, Prinzessin — in dreißig Tagen vielleicht. Und mit den ersten Blüten wird ein neuer Trupp Wachsoldaten kommen. Ich gedachte, Euch zu bitten, bis zwei Wochen nach ihrer Ankunft zu warten und dann die Abgelösten durch die Wildnis zur Hauptgarnison zurückzuführen.«
Elyns Herz tat einen Sprung. Er will, daß ich, eine Kriegsmaid, die Männer nach Hause führe. Mein erstes Kommando! Nicht mehr nur Meldereiter und Kundschafter! Ein richtiges Kommando! Sie holte tief Luft und wandte sich zu Brude: »Hauptmann, ich nehme den Auftrag an; und ich danke Euch für Euer Vertrauen.«
An jenem Abend studierten Elyn und Brude die Karten des Gebietes und der Landstriche zwischen dem Außenposten und Jordburg.
»Dieser Weg ist der kürzeste, Prinzessin, doch Ihr müßtet dabei durch die Reißzahnklamm, und es gibt wohl keinen besseren Platz für einen Hinterhalt. Hier entlang« — Brudes dicker Finger zeichnete einen Weg über die Karte — »gibt es wenig Möglichkeiten für Hinterhalte, doch da ist der kleine Graufluß, und im Frühling fließen die Wasser entlang der Ufer rascher, als ein Pferd laufen kann, sagt man, wenn ich es auch bezweifle.«
»Was ist mit dem Weg, den ich kam?« fragte Elyn und fuhr selbst mit dem Finger über die Karte.
»Ihr kamt im Herbst, Prinzessin«, antwortete Brude, »aber in der Schneeschmelze und im Frühlingsregen werden diese Hänge mit Wasser gesättigt, und Schlammlawinen sind die Folge.«
Brude und Elyn standen schweigend und blickten auf die Karten. »Es ist Euer erstes Kommando, Kriegsmaid«, sagte Brude schließlich. »Wofür würdet Ihr Euch entscheiden?«
Elyns Antwort brauchte eine ganze Zeit, ehe sie entgegnete: »Ich kann nichts gegen Schneeschmelze und Regen ausrichten, noch gegen schäumende Flüsse und Schlammlawinen. Doch von Kriegslisten verstehe ich etwas, und wer gewarnt ist, ist gewappnet. Ich würde die Reißzahnklamm als meine Route wählen und jedem Hinterhalt die Zähne ziehen, ehe er zuschnappen kann.«
An Brudes Lächeln erkannte Elyn, daß sie ihre erste Prüfung bestanden hatte.
Lang in die Nacht hinein saßen sie zusammen; der erfahrene Brude gab der gescheiten Elyn Ratschläge, die sie wiederum bereitwillig aufgriff. Doch es kam die Zeit, da Brude gähnte und sich streckte. »Ach, Prinzessin, dieser alte Krieger braucht seine Ruhe. Ich
Weitere Kostenlose Bücher