Drachenkampf
beantworten.«
Laincourt atmete ein, dann fragte er: »Warum, Madame? Warum wolltet Ihr der Königin helfen, schwanger zu werden? Euer Hass auf den Kardinal ist kein Geheimnis. Und es scheint, dass Ihr aus Gründen, die nur Euch vorbehalten sind, auch den König nicht gerade schätzt. Ein Thron ohne Erbe würde Anwärter und Ehrgeizlinge auf den Plan rufen, die intrigieren und nur darauf warten würden, sich gegen Eure Feinde aufzulehnen. Doch die Geburt eines Kronprinzen zu begünstigen, bedeutet, die Regentschaft des Königs zu festigen.«
Die Herzogin lächelte. »Ihr vergesst die Zuneigung, die ich für die Königin hege, Monsieur, und wie schmerzlich es für mich ist, sie unglücklich und so oft erniedrigt zu sehen … Und dann ist da ja auch noch die Nacht, in der ich die Königin zu einem Wettrennen im Louvre veranlasste. Ohne mich wäre sie nicht gestolpert. Ohne mich wäre sie nicht gestürzt. Und ohne mich hätte sie zwei Tage darauf sicher nicht das Kind verloren, das sie damals unter dem Herzen trug … Einen Jungen, wie es aussah … Die Königin hat mir verziehen, aber ich bin nie darüber hinweggekommen … Und als derjenige, den ich für einen weisen Zaubermeister hielt, mir eröffnete …
Ergriffen hielt sie inne.
Dann rief sie plötzlich: »Diese lästigen Glocken!«
In das Geläut aus den Vorstädten hatten mittlerweile auch die Glocken im Viertel von Saint-Thomas-du-Louvre eingestimmt. Das war ungewöhnlich und besorgniserregend.
Laincourt blickte genau in dem Moment in den Himmel hinauf, als der Schatten vorbeizog.
Leprat ging die große Treppe im Hôtel de Tréville hinunter, als ihn ein Unwohlsein befiel. Plötzlich wurde ihm ganz heiß, er sah alles doppelt, und begreifend, was mit ihm geschah, murmelte er: »Oh! Mein Gott, nein, nicht hier …«
Schweißüberströmt geriet er ins Taumeln und rempelte einen ihm entgegenkommenden Musketier an, riss einem anderen bei dem Versuch, sich festzuhalten, einen Ärmel ab, als seine Beine unter ihm nachgaben.
Er stürzte die Treppe hinunter und krümmte sich unten vor Schmerz.
Man eilte ihm zu Hilfe. Einige versuchten, ihn an Armen und Beinen hochzuziehen. Man wollte ihm etwas zwischen die Kiefer schieben.
»Ein Arzt! Man rufe einen Arzt!«
Und während er sich ächzend unter Schmerzen wand, trat ihm schwarze Gallenflüssigkeit zwischen den zu einer Grimasse verzogenen Lippen hervor.
»Es ist die Ranz!«, rief jemand. »Er hat einen schlimmen Ranzanfall!«
»Der Unglückliche …«
»Hört ihr das, sind das nicht die Feuerglocken?«
Ganz in der Nähe ertönten lautstark die Glocken der Abtei von Saint-Germain-des-Prés .
Riesig und imposant ließ sich ein geflügelter Schatten auf dem Gefängnis von Châtelet nieder. Unversehens wich die Helligkeit aus der Zelle des Alchemisten, während ein schauriges Brüllen die Mauern erschütterte. Draußen ertönten alle Glocken von Paris. La Fargue drehte sich zum verdunkelten Fenster …
… und erblickte den großen schwarzen Drachen, der ihn direkt ansah und das Maul aufriss, um Feuer zu spucken.
Er erstarrte vor Schreck.
4
D ie junge Burgschwester, die mit einer Fackel in der Hand als Erste den finsteren Gang betrat, war beunruhigt und in Eile zugleich. Agnès von Vaudreuil, die hinter ihr ging, strahlte mehr Selbstsicherheit aus, obwohl auch sie ihre Augen und Ohren überall hatte.
Um bis hierher zu gelangen, hatte sie sich akribisch an die Vorsichtsmaßregeln gehalten, die ihr Mutter Emmanuelle de Cernay, die frühere Ordensvorsteherin der Schwestern vom heiligen Georg, erteilt hatte. In einem Brief, den sie nach ihrer Rückkehr aus Dampierre vorgefunden hatte, teilte ihr die Mutter Oberin mit, dass sie nicht habe herausfinden können, was aus dem Chevalier Reynault d’Ombreuse, dem Sohn des Edelmanns, der die Klingen um Hilfe gebeten hatte, geworden sei. Aber sie wisse, wen Reynault und eine Abordnung der schwarzen Garde auf einer geheimen Mission ins Elsass begleitet habe: Schwester Béatrice d’Aussaint. Außerdem wusste die Mutter Oberin, wo sich diese nun befand. Die junge Baronin von Vaudreuil hatte zusammen mit Béatrice ihr Noviziat absolviert. Sie waren befreundet oder es zumindest gewesen. Seltsamerweise wurde Schwester Béatrice auf Befehl der aktuellen Ordensvorsteherin, der gefürchteten Thérèse de Vaussambre, gefangen gehalten.
In dem Gang, durch den sie auf leisen Sohlen schlich, fand sich Agnès vor einer Tür wieder. Die Burgschwester, die sie führte, sah sich
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