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Drachenkinder

Drachenkinder

Titel: Drachenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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des Stückes – Maria und Josef auf Herbergssuche – hat uns Simon von Dadgul erzählt! Ist ja quasi eins zu eins dasselbe Stück!« Sie lachte mich entwaffnend an.
    »Nur dass Sie ihm Herberge gewährt haben und die in Bethlehem nicht!«
    »Und dass wir noch kein Baby im Stall haben«, witzelte ich und winkte bescheiden ab.
    (Na ja, aber auch nur, weil dieser Josef seine schwangere Kandigol bei seiner Mutter gelassen hatte!)
    »Wie gesagt, ich möchte den Kindern Nächstenliebe nahebringen! Aber wir wollen nicht anonym spenden wie so viele Klassen. Durch Sie, Dadgul, hätten wir ein Gesicht zu unserer Spende. Und wenn Sie uns Fotos zukommen lassen, vielleicht sogar viele Kindergesichter!«
    »Sie sind ein Engel, Frau Hoffmeister!« Ich sprang auf und umarmte die nette Lehrerin.
    »Und das müssen ausgerechnet SIE sagen Frau Schnehage!« Karin Hoffmeister hielt mich auf Armeslänge von sich ab. »Was wir machen, ist doch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein!« Sie strich sich verlegen eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Ich habe allerdings schon auf dem Elternabend und im Lehrerkollegium von Ihnen und Dadgul erzählt. Das ist Ihnen doch hoffentlich recht?«
    Träumte ich? Normalerweise redeten alle immer nur von der Familie mit dem »Monster« und wie durchgeknallt ich wohl sei.
    »Jetzt wollen noch mehr Klassen und auch einzelne Familien meiner Schüler eine Patenschaft übernehmen und Sie unterstützen!«
    »Yep! Aufessen, Kinder, genug gefeiert! Die Pflicht ruft.« Ich klatschte in die Hände und scheuchte meine Kinder und das afghanische Kuckuckskind zum Auto.
    Zu Hause setzte sich Dadgul mit wichtiger Miene an meinen Schreibtisch und listete in seiner Krakelschrift fünfzehn Namen von kinderreichen Witwen auf, die er in Katachel kannte. Sie alle waren bedürftiger als bedürftig, ihre Männer waren auf grausame Weise ums Leben gekommen und konnten sie nicht mehr versorgen.
    »Was ist denn hier los?« Micki kam von der Arbeit und sah den »Witwenminister« an meinem Schreibtisch sitzen. Er legte den Arm um mich: »Eine neue Lektion?«
    Eifrig erzählte ich ihm, was diese Lehrerin gesagt hatte. »Weißt du was? Wir gründen ein eigenes Projekt, nur für Katachel!«
    »Ihr müsst eine Mädchenschule bauen!« Micki klopfte Dadgul freundschaftlich auf die Schulter. »Dann habt ihr später auch so pfiffige Mädels wie ich!« Er kniff mir in die Wange und verschwand pfeifend in der Küche, wo schon der aufgewärmte Schweinebraten mit Knödeln verführerisch duftete. (Soße und Knödel ließ Dadgul an seinen Gaumen, Schweinebraten nicht.)
    »Eine Mädchenschule findet unser Gouverneur nicht gut.« Dadgul kratzte sich mit dem Bleistift am Kinn. »Damit wird Maulawi Mohammad Omar ganz und gar nicht einverstanden sein.«
    Ja, wie jetzt? Musste man den Herrn auch noch bitten, seinem zerbombten Dorf helfen zu dürfen!?
    Dadgul überlegte. Schließlich drehte er sich auf dem Schreibtischstuhl zu mir um und sagte verschmitzt: »Man müsste den Gouverneur Maulawi Mohammad Omar glauben machen, die Spende käme von einem Mann.«
    »Kommt sie aber nicht!«, beharrte ich trotzig. »Die Lehrerin Karin Hoffmeister, ich, Mädchenschule: Wo ist da ein Mann?«
    »Ich bin ein Mann!«, warf sich Dadgul in die Brust. »Und ich werde Projektleiter!«
    »Ja ja, wenn Allah es will.« Ich tippte mir mit dem Bleistift an die Stirn. »Man müsste Gouverneur Maulawi glauben machen, er hätte selbst die Idee mit der Mädchenschule!«
    Denn Männer finden nun mal alles gut, von dem sie glauben, sie wären selbst drauf gekommen. Das weiß jede Frau auf dieser Welt.
    »Dadgul, schreib an deinen Gouverneur, dass du davon Wind bekommen hast, es bestünde die Möglichkeit, eine Mädchenschule zu bauen. Aber dass der Gouverneur natürlich offiziell darum ansuchen muss.«
    Der Plan ging auf. Einige Wochen später traf ein Brief an »Dr. Michael Schnehage« ein, mit der Anrede » Dear Sir .« Verhandlungspartner für das Projekt »Eine Schule für Katachel« war Mr. Schnehage.
    Ich schluckte. Diese Pappköppe! GING es in deren Schädel denn einfach nicht rein, dass auch Frauen lesen, schreiben und etwas bewirken können?
    Na gut. KONNTEN sie ja noch nicht. Aber bald. Mit MEINER Mädchenschule.
    Ich rieb mir die Hände. Ab jetzt würde ich nicht mehr der HFA zuarbeiten, damit die sich mit meinen Spenden und Patenschaften brüsten konnten. Jetzt gründete ich einen eigenen Verein. Katachel e . V. – Vorsitz: SIR Sybille Schnehage, 1. Geschäftsführer:

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