Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachenkinder

Drachenkinder

Titel: Drachenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
Vom Netzwerk:
Mannschaften! Ist doch ein Freundschaftsspiel!« Wolfgang grinste.
    »Echt? Du findest mich ehrgeizig?« Ich rührte mit dem Riesenholzlöffel den Reis herum. Es duftete verführerisch.
    »Nee. Du bist faul, antriebslos und ohne jedes Ziel vor Augen. TOOOOOR , Tooor, Tooor – drei zu eins, das könnt ihr nicht mehr schaffen!«
    Wolfgang packte mich bei den Schultern und tanzte siegesgewiss mit mir im Kreis herum.
    »Na gut, ich geb’s zu.«
    »Was? Dass du ehrgeizig bist?«
    »Nee. Dass heute ausnahmsweise mal die Deutschen gewinnen!«
    Der Schlusspfiff ertönte, die deutschen Soldaten rissen in Siegerpose die Arme in die Höhe. Meine Katacheler Mannschaft im VfL -Wolfsburg-Trikot, und die Bundeswehr-Soldaten tauschten ihre verschwitzten T-Shirts.
    Mein Herz schmolz dahin, als ich sah, wie sie sich gegenseitig mit ihren Jungmännerpranken auf die Schultern schlugen oder sich sogar umarmten. Plaudernd und lachend kamen sie angeschlendert, bedienten sich am Getränkebuffet, das die Bundeswehrsoldaten gespendet hatten – natürlich ohne Alkohol –, und ließen sich eine große Portion Palau auf die Teller packen.
    »He! Nicht drängeln! Einer nach dem anderen!« Ich ging tadelnd durch die Reihen. »Was hab ich euch von Fairness und Höflichkeit erzählt?«
    »Na, Ade Schnehage? Bist du in deinem Element?«
    Wolfgang strahlte mich an.
    Ich lächelte zurück. Er könnte dein Sohn sein, dachte ich.
    »Klar«, sagte ich. »Du etwa nicht?«
    »Doch. Wenn ich bedenke, was unsere Einheit für ein Glück hat!« Wolfgang verteilte Becher und schenkte Pepsi nach. »Ihr kommt alle noch dran! Ja, ich weiß, dass ihr Durst habt!«
    Ich half ihm, indem ich neue Coladosen öffnete, die in einer Eisbox lagen. Das gab es für meine Katacheler auch nicht jeden Tag. Was für ein Fest!
    »Weißt du, Sybille, ich hatte richtig Angst vor der Bundeswehrzeit, und meine Mutter war ganz außer sich vor Sorge, als sie hörte, dass ich nach Afghanistan komme.«
    Wolfgang sah mich an. »Aber als ich ihr beim Skypen erzählt habe, dass hier eine Frau in ihrem Alter das Regiment führt und wir auch Fußball spielen, kochen und Party machen, war sie total erleichtert. Sie will dich unbedingt kennenlernen, wenn du das nächste Mal in Deutschland bist. Schließlich wohnt sie nur um die Ecke.«
    »Sag ihr liebe Grüße.« Ich nahm einen Schluck Pepsi. »Sie hat einen tollen Sohn.«
    »Und dein Sohn hat eine tolle Mutter!«
    »Na, die einen sagen so, die andern sagen so«, murmelte ich.
    Wolfgang Grebenstein und ich prosteten uns mit unseren Pappbechern zu.
    »Wann fliegst du heim?«
    »Oh, wenn alles gut geht, nächste Woche!«
    »Ich auch! Na, so ein Zufall! Dann sollten wir uns wirklich mal bei mir in Bergfeld treffen, zum Kaffeetrinken, und du bringst deine Mama mit!«
    »Ja, gern! Hast du eigentlich auch Autogrammkarten oder so was? Irgendwelche Devotionalien, mit denen ich zu Hause angeben kann, dass ich dich kenne?«
    »Idiot!« Ich schlug lachend mit dem Rührlöffel nach ihm, und er strich sich ein paar Reiskörner aus den Haaren.
    Dann war an Plaudern nicht mehr zu denken, denn die hungrigen Fußballmannschaften verlangten einen Nachschlag. So wie ganz normale junge Männer nach einem ganz normalen Fußballspiel. Und das im berüchtigten Kriegs- und Katastrophengebiet Afghanistan. Ein bisschen heile Welt hatte ich rüberretten können. Für alle Beteiligten, ob sie nun freiwillig oder unfreiwillig hier waren.
    Aus den Augenwinkeln sah ich zu Wolfgang hinüber, der vor einem kleinen afghanischen Fußballspieler kniete und ihm ein blutiges Knie verband.
    Was für ein sympathischer Kerl!, dachte ich. Was wohl aus dem noch werden wird?
    Am nächsten Tag fuhr ich mit Dadgul durch Kunduz, um für unsere Schule neue Hefte zu kaufen. Ich saß auf dem Beifahrersitz und übte meine nächste Festrede auf Dari, die ich bei einer Brunneneinweihung in Ango Bargh halten würde. » Bismillah al Rahman al Rahim assalamaleikum mohhteram mardom wa sanha. Man khele khosh astom, ke ma inja astom. In pinja tshaha hale baraje shoma komak mekonant, ke shoma abi pak dari …« (»Bei Gott, dem Barmherzigen, Friede sei mit euch, ehrwürdige Männer und Frauen. Ich bin sehr glücklich, hier zu sein. Fünfzig Brunnen schenken euch jetzt sauberes Trinkwasser.«)
    »Die Aussprache stimmt noch nicht.« Dadgul lenkte das klapprige Gefährt durch die engen Gassen und suchte nach einem Parkplatz.
    Sein Ton war gereizt.
    »Ja, du Besserwisser!« Ich zog eine Grimasse. »Das

Weitere Kostenlose Bücher