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Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)

Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)

Titel: Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
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verständlich zu machen. Die kurzen, knotigen Stümpfe eignen sich schlecht für die Trommelzeichen der Glumpe, und seit Roch begriffen hat, daß Klugwarm seine kehligen Laute bedeutend besser versteht, probiert er es nur noch mit dem Mund, so wie einst die große Schisch.
    Schisch wartet – Klugwarm spürt eine seltsame Heiterkeit in sich. Was soll das, drängt Roch zur Eile? Bitte, an ihm soll es nicht liegen, auch er sehnt sich nach Schisch. Allerdings ist es ein anderes Sehnen als zu der Zeit, in der die große Schisch war und die kleine nicht. Damals sehnte er sich nach dem Spiel mit der Warmkraft und nach den Worten, die aus Schischs Kaltkraft flossen. Jetzt ist das anders.
    Mit der Warmkraft der Kleinen kann man nicht spielen. Klugwarm weiß das genau, denn er hat es versucht. Zwar war da etwas – wie ein Wort, das niemand sagt –, was ihn hemmte, ihn davor zurückschrecken ließ, aber dann wollte er es doch wissen. Nein, es geht nicht, und wenn es ginge, hätte er daran keine Freude. Als er das begriff, war er anfangs sehr verwirrt. Vielleicht liegt es daran, daß die kleine Schisch so ganz anders ist, als es die große war? Ihr Schädel ist ebenso spitz und lang, doch anstelle der Stummel an Schultern und Hüften hat sie einen richtigen Arm und zwei lange Beine, so wie Klugwarm.
    Er freut sich auf Schisch, aber anders als früher. Als er schneller ausschreitet, spürt er den sich verstärkenden Druck der Klaue auf seiner Schulter. Roch grunzt hilflos und fordert dann: “Langsam!” Dann poltert es, und Klugwarm merkt, daß Roch stehenbleibt. Er dreht sich um. Mit dem Kalttasten kann er erkennen, wie Roch unsicher zwischen den von seinen Schultern gefallenen Brocken umhertappt. Roch hat weder das Mundtasten wie Schisch noch das Kalttasten wie Klugwarm. Er ist ganz auf seine verstümmelten Finger angewiesen. Das ist außerhalb der Glumpe zuwenig, deshalb kann er sie nur gemeinsam mit Klugwarm verlassen.
    Gerade will Klugwarm einen warnenden Schrei ausstoßen, da ist es schon geschehen: Roch ist mit dem Kopf gegen einen dicken, von oben herabhängenden Eiszapfen gestoßen, der splitternd zerbirst und auf den Glump herabstürzt. Nun wagt Roch überhaupt nicht mehr, sich zu rühren.
    Heute sind sie in einem Teil der Welt, den Klugwarm auch erst das zweitemal betreten hat. Hierher geht er nicht gern, weil die Kraft, die ihm das Kalttasten erlaubt, hier sehr schwach ist. Kaum kann er mehr tasten als Roch, nimmt alles nur verschwommen und in Umrissen wahr. Bei den Schleimigen Mündern ist es ganz anders, dort strömt die Kraft mächtig auf ihn herab. Da, wo die Glumpe liegt, ist sie auch noch ausreichend, obwohl sie nur aus einem engen Loch in der Welt rieselt, ganz weit über dem Boden. Aber hier liegen die größten Stücke des gefrorenen Kaltkalt, und die Glumpe hat lange Zeit gehungert, weil Klugwarm allein gehen mußte. Deshalb ist er mit Roch in diesen Teil der Welt gezogen.
    Klugwarm knurrt warnend, dabei bemüht, den Ton zu treffen, der aus Rochs Kehle gurgelt, wenn dieser auf etwas aufmerksam machen will. Aber Roch hat sich bereits auf Hände und Knie niedergelassen und kriecht zwischen den von seiner Schulter gefallenen Stücken umher. Als Klugwarm ihm beim Suchen hilft, grunzt Roch unwillig – er möchte es allein tun. Das hat Klugwarm schon oft bemerkt: Der riesige Glump wird zwar schnell böse und ungeduldig, wenn ihm etwas mißlingt, doch er läßt sich nicht helfen. Sogar Klugwarms Führerdienste akzeptiert er nur widerwillig, der Not gehorchend.
    Irgendwie imponiert dieses Verhalten Klugwarm, und schon manches Mal hat er sich gefragt, ob Rochs Kaltkraft wirklich so schwach ist, wie er glaubt, und ob diese Annahme nicht vielmehr darauf beruht, daß es für den Riesen so schwer ist, Zeichen mit Fingern oder Mund zu geben: Rochs Finger sind verkrüppelt, und aus seinem Mund kommen nur Töne, die schwer zu unterscheiden sind, Röcheln und Gurgeln, Grunzen und Rülpsen. Vielleicht liegt es wirklich nur daran…
    Klugwarm beobachtet, wie Roch die Kaltkaltbrocken zu einem Haufen schichtet. Ab und zu grunzt Roch fragend, wohl, um sich der Anwesenheit Klugwarms zu versichern, der darauf jedesmal beruhigend antwortet.
    Da plötzlich verharrt Roch, schnauft aufgeregt und richtet sich auf den Knien auf. Klugwarm erkennt mit dem Kalttasten ganz schwach ein kleines Ding zwischen Rochs Fingern, das wie alle kalten Dinge mit feinen Eiskristallen bedeckt ist. Roch führt das kleine, längliche Ding an seinen

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