Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)
seine wertvollsten Geräte heran. Ob es mit Bruno von der Hohen Aue zu tun hat?
Ein leises Wimmern füllt den Raum, wie von einem Kleinkind, aber irgendwie nicht menschlich. Katzen plärren manchmal so, denkt Flakke. Auf dem Bildschirm bewegt sich etwas, eine braunrote Kontur, nichts weiter als ein schemenhafter Umriß. Fast sieht es aus wie ein spitzer, kegelförmiger Kopf. Tatsächlich! Zwei dunkle Schatten, das sind die Augen, darunter bildet sich ein dritter dunkler Fleck, zieht sich auseinander. Ein seltsames Gefühl beschleicht Flakke, als er zu erkennen glaubt, daß das der Mund des Wesens ist.
Weshalb Wesen? fragt er sich sogleich und versucht die Beklemmung abzuschütteln, die sich wie eisiger Frost auf ihn legt.
Jener Mund öffnet sich wie zu einem Schrei – da! Ein scharfes Zischen, und das Greinen schwillt zu einem schrillen Kreischen! Dann ein qualvoller Seufzer. Er hallt nach, als käme er aus einer riesigen Grotte, dunkel, unheimlich, gespenstisch.
Flakke spürt, wie sich seine Nackenmuskulatur verkrampft. Ohne daß er es beeinflussen kann, ziehen sich seine Schultern zusammen. Jetzt sieht er es ganz deutlich: Der spitze, wie von einer Kapuze verhüllte Kopf geht in einen Rumpf über, und aus den Schultern wachsen zwei kurze Stummel, die sich bewegen!
Plötzlich wieselt ein zweiter Schatten durch das Bild, ein unglaublich dürres, staksiges Gebilde. Es springt auf den kegelförmigen Kopf, und gleichzeitig hört Flakke ein hohes, nervtötendes Heulen, ein Winseln – oder nein: Das ist ein Lachen, ein furchtbares, geisterhaftes Lachen! Flakke fühlt eine seltsame Angst in sich, unwillkürlich rückt er näher an den Arzt heran, und auch als er sich dieser kindischen Reaktion bewußt wird, schwächt das keineswegs die anschwellende Furcht. “Verdammt! Was ist das?” krächzt er entsetzt.
“Das ist Subproximer Marigg Ellis…”, antwortet Quadrangel, und seine Stimme klingt so hohl und unnatürlich, als säße er in einem tiefen Brunnen.
Flakke hört einen Schalter klicken, dann beleuchtet ein scharfer Lichtkegel das zuckende Gesicht des Subproximers. Dessen Schädel ist mit Elektroden und Saugnäpfen gespickt. Anscheinend schläft Ellis, oder er ist sogar bewußtlos. Der Mund ist leicht geöffnet, die Lippen flattern wie unter Stromstößen.
Auf einen Schlag begreift Ireas Flakke. Das sind also die Halluzinationen, die den Elloraner bei jeder Merkurpassage plagen! Mit dieser Erkenntnis gewinnt er auch seine Fassung zurück. Der Mann ist krank, schwer krank, wie es scheint. Er leidet furchtbar, das ist zu sehen. Aber wie kommt ein so kühler Kopf wie Quadrangel dazu, von Geistern zu faseln?
Bevor er etwas erwidern kann, meldet sich der Arzt noch einmal: “Warten Sie, Flakke, sagen Sie noch nichts…”
Das Licht verlischt wieder. “Sehen Sie…” Quadrangel hat seine Stimme kaum noch in der Gewalt, er schluckt und räuspert sich, hustet. “Schalten Sie um, Styx”, flüstert er.
Die Szenerie ändert sich etwas. Immer noch ist es fast dunkel auf dem Bildschirm. Aber undeutlich ist etwas zu erkennen, was wie ein Gang oder ein Tunnel aussieht. Das Gebilde schwankt rhythmisch, und Flakke hört ein monotones Schnurren und Tappen. So als ob jemand etwas hinter sich herschleift. Jetzt flößen ihm die Bilder und Geräusche keine Furcht mehr ein, und er versteht bald, daß der Bildschirm den Eindruck wiedergibt, den einer hat, wenn er durch diesen Stollen geht.
Ellis muß unbedingt zu einem Spezialisten, geht es ihm durch den Kopf. So etwas muß einen Menschen ja fertigmachen. Er wird mir am Multispill sehr fehlen…
Der Gang erweitert sich zu einer Höhle, die mehr zu ahnen als zu sehen ist. Das Bild schwankt immer noch im Takt der tappenden Schritte, und jetzt ist wieder dieses entnervende Wimmern zu hören und ein Röcheln, fast wie von einem Sterbenden…
Flakke nimmt es kaum wahr, daß ihm Schweiß auf die Stirn tritt.
Da! Ein unförmiges klumpiges Gebilde – es wird immer größer, und es zuckt, windet sich. Plötzlich springt ein Schatten genau auf die Betrachter zu, blitzschnell, mit einem keckernden, hohen Lachen.
Flakke prallt zurück und hebt instinktiv die Hände. Er sieht geradenoch, daß es ein spindeldürres, winziges Wesen ist, so groß wie ein Äffchen vielleicht – da verlischt der Bildschirm, und mattes Licht flammt auf. “Und das war Skamander…”, sagt der Arzt tonlos.
Flakkes Blick folgt dem Zeigefinger des Arztes. Neben Ellis liegt Skamander, sein Schädel ist
Weitere Kostenlose Bücher