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Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)

Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)

Titel: Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
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wir gehen zu Quadrangel, der klebt dir ein Transplantat drauf, und morgen erinnerst du dich nicht einmal mehr daran…” Skamander will sich erheben, doch Skagit hält ihn fest.
    “Bleib, bitte. Das hat Zeit. Laß uns noch ein wenig ausruhen.” O nein, Skamander, fährt er im stillen fort, das werde ich so schnell nicht vergessen. Ich werde mich beim Büro zur Untersuchung abweichender Verhaltensweisen melden und erklären, daß mir die Rehabilitation nicht gelungen ist, daß ich es nicht schaffen konnte, weil ich krank bin. “Ich weiß nicht, was mit mir los ist”, sagt er weiter, “seit damals kann ich nicht mehr leben wie ein normaler Mensch. Freerick war mein bester Freund. Und ich hieß nicht Skagit, sondern Torkell…” Er unterbricht sich wieder, erschrickt beinahe, denn nun hat er sich verraten.
    Klar, Skamander hat es sofort gemerkt, denn er fährt herum und fragt atemlos: “Du mußt ein zweites Leben leben? Beim Großen Sirius, warum hast du das nie gesagt? Wir hätten dir geholfen!” Skagit stöhnt gequält auf. Hätten sie ihm wirklich geholfen, kann man überhaupt jemandem helfen, der schuld am Tod eines anderen ist? Kann man helfen zu vergessen? Darf man überhaupt vergessen?
    Skagit erzählt, es bricht aus ihm, er redet, ohne es zu merken, denn da stehen die Bilder wieder vor ihm, klar und deutlich.
    Das Flimmern der eisigen Sandwüsten auf dem Planeten Asper im System Tul, das Heulen der Toten Meute – die Omegajagd war ein Wendepunkt in seinem Leben, nicht nur weil er sich bewußt wurde, ein Feigling zu sein, als er zitternd hinter Freerick herschlich, sondern weil er auch begriff, wie wunderbar und mächtig das Leben ist.
    Vier lange Jahre hatten sie auf die Erlaubnis gewartet, einen Zwergburrbo zu fangen. Die Omegajagd war ein mühseliges und gefährliches Unterfangen. Wieder einmal war Freerick der Initiator, und Skagit folgte ihm nur widerstrebend, denn auf dieser unblutigen Jagd durften Waffen nicht einmal zur Verteidigung benutzt werden.
    Aber Freerick wußte genau, welche der prallen Gallertkugeln eßbar waren, welchen Korallengewächsen man wegen ihrer giftigen Stacheln besser aus dem Weg ging, er erkannte am Flimmern der winzigen grünen Sonne, ob ein Sandsturm nahte, und wußte auch, wie man den Weg der Toten Meute rekonstruieren konnte, dieses Sturmwinds aus Tausenden knochigen Tieren, die wie Skelette aussahen und mit glasscharfen Kieferkanten alles Lebendige zerfetzten, das sich ihrem unaufhaltsamen Lauf entgegenstellte. Denn diese Kenntnis war wichtig: Gegen die Tote Meute gab es keine Abwehr, man mußte die Zeit zur Jagd nutzen, wenn sie durch andere Gebiete der ausgedehnten Oase streifte.
    Freerick hatte sich auch informiert, wie man sich mit einer Windharfe anfreundet und sie dazu bewegt, den Balzschrei eines Zwergburrbos auszustoßen. Alles machte Freerick, alles konnte Freerick.
    Damals erwachte das erstemal der Neid in Skagit. In demselben Maß, wie er sich seiner eigenen Schwächen bewußt wurde, die diese gnadenlose Welt schonungslos aufdeckte, wuchsen Mißgunst und ein krankhafterEhrgeiz in ihm. Äußerlich änderte sich nichts in seinem Verhältnis zu Freerick, aber was ihm vorher Partnerschaft war, wurde nun zur heimlichen Rivalität. Die stille und bescheidene Bewunderung für den Freund, in der er sich geborgen und sicher fühlte, wurde zerfressen von einem heimtückischen, ununterdrückbaren Gefühl, dessen Wildheit Skagit zutiefst entsetzte und auf unheimliche Weise anspornte.
    Die Jagderlaubnis war eine Auszeichnung. Sie hatten im regionalen Wettbewerb der Tunnelfahrer die ersten beiden Plätze belegt, zum wiederholten Mal, und wieder einmal in der üblichen Reihenfolge: Freerick Erster, Skagit, der damals noch Torkell hieß, Zweiter. Sie waren sich um den Hals gefallen, hatten sich einer für den anderen und gemeinsam für sich beide gefreut. Nie hatte es Torkell gestört, nicht der Sieger zu sein. Es war gleichgültig, wer von ihnen gewann: Hauptsache, sie waren gemeinsam vorn. Seinen Beruf als Tunnelfahrer liebte Torkell ebenso wie die Tätigkeit als Systemanalytiker, aber noch mehr galt ihre Freundschaft.
    Sie fingen einen Zwergburrbo. Es war ganz einfach: Als die Windharfe den wimmernden Balzschrei dieses Tieres ertönen ließ, dauerte es nicht lange, und ein männliches Jungtier brach aus dem Korallengestrüpp. Es würdigte die beiden Menschen keines Blickes und stürzte sich wie von Sinnen auf die Pflanze – Freerick brauchte nur zuzugreifen. Nach

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