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Drachenläufer

Drachenläufer

Titel: Drachenläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Khaled Hosseini
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kleinen Körper und zog ihn an mich. »Schhhh. Es wird alles gut werden. Wir werden zusammen nach Hause fliegen. Du wirst sehen, alles wird gut.«
    Meine Brust dämpfte seine Stimme, doch war die Panik, die in ihr mitschwang, unüberhörbar. »Bitte, versprechen Sie mir, dass ich nicht ins Heim muss. Oh Gott, Amir Aga. Versprechen Sie's mir!«
    Wie konnte ich ihm das versprechen? Ich drückte ihn an mich, wiegte ihn hin und her. Er weinte, bis seine Tränen versiegten, bis er zu beben aufhörte und seine flehenden Bitten in ein unverständliches Schluchzen übergegangen waren. Ich wartete, wiegte ihn, und allmählich atmete er wieder freier, und sein Körper entspannte sich. Ich erinnerte mich an
    Worte, die ich vor langer Zeit irgendwo gelesen hatte: So gehen Kinder mit Schrecken um. Sie schlafen ein.
    Ich trug ihn in sein Bett. Dann streckte auch ich mich aus und schaute durch das Fenster auf den purpurnen Himmel über Islamabad.
    Der Himmel war tiefschwarz, als mich das Telefon aus dem Schlaf riss. Ich rieb mir die Augen und schaltete die Lampe neben dem Bett ein. Es war kurz nach halb elf; ich hatte über drei Stunden geschlafen. Ich griff zum Hörer. »Hallo?«
    »Ein Anruf aus Amerika«, meldete Mr. Fayyaz mit gelangweilter Stimme.
    »Danke.« Im Badezimmer brannte Licht. Suhrab nahm sein nächtliches Bad. Es klickte ein paarmal in der Leitung, dann hörte ich Sorayas Stimme: »Salaam!« Sie klang aufgeregt.
    »Hi.«
    »Wie ist das Gespräch mit dem Anwalt gelaufen?«
    Ich berichtete ihr von Omar Faisals Vorschlag. »Also, das kannst du vergessen«, antwortete sie. »Das wird nicht nötig sein.«
    Ich richtete mich auf. »Rawsti? Warum, was ist los?«
    »Kaka Sharif hat sich gemeldet. Er sagt, es komme einzig darauf an, Suhrab ins Land zu schleusen. Wenn er erst einmal da sei, werde sich alles andere finden. Er hat sich mit seinen Freunden beim INS in Verbindung gesetzt, mich heute Abend angerufen und gesagt, dass er aller Wahrscheinlichkeit nach eine Aufenthaltserlaubnis für Suhrab erwirken könne.«
    »Im Ernst?«, sagte ich. »Gott sei Dank. Der gute alte Sharif jan.«
    »Ja, und wir garantieren für Suhrabs Lebensunterhalt. Das Ganze sollte aber möglichst schnell über die Bühne gehen. Er sagte, die Aufenthaltserlaubnis ist nur für ungefähr ein Jahr gültig, aber das müsste ja für einen Adoptionsantrag reichen.«
    »Dann wird es also wirklich dazu kommen?«
    »Sieht ganz danach aus«, antwortete Soraya. Sie klang glücklich. Wir versicherten uns unserer Liebe. Dann legte ich auf.
    »Suhrab!«, rief ich und stand vom Bett auf. »Gute Nachrichten.« Ich klopfte an die Badezimmertür. »Suhrab! Soraya hat soeben aus Kalifornien angerufen. Du wirst nicht in ein Heim gehen müssen, Suhrab. Wir fliegen nach Amerika, du und ich. Hörst du? Wir fliegen nach Amerika!«
    Ich öffnete die Tür. Trat ein.
    Plötzlich lag ich auf den Knien und schrie. Schrie durch zusammengebissene Zähne. Schrie, bis ich dachte, dass mir der Hals platzt.
    Später erfuhr ich, dass ich immer noch schrie, als die Ambulanz eintraf.
    25
    Sie lassen mich nicht zu ihm.
    Ich sehe, wie sie ihn auf einer Rolltrage durch eine Reihe von Flügeltüren fahren. Ich zwänge mich hinter ihnen hindurch. Ein Schwall von Jod- und Peroxidgerüchen schlägt mir entgegen. Alles, was ich jetzt sehe, sind zwei Männer mit OP-Haube auf dem Kopf und eine Frau in Grün, die sich über die Trage beugen. Ein weißes Laken hängt an der Seite herunter und streift über den schachbrettartig gefliesten Boden. Zwei kleine blutverschmierte Füße sehen unter dem Laken hervor, und mir fällt auf, dass der Nagel des großen Zehs am linken Fuß aufgerissen ist. Dann drückt mir ein großer, stämmiger Mann in Blau seine flache Hand auf die Brust und schiebt mich durch die Türen zurück. Ich spüre seinen Ehering kalt auf meiner Haut, versuche, gegen ihn anzukommen, schimpfe auf ihn ein, doch er sagt, dass ich keinen Zutritt habe, sagt es auf Englisch, freundlich, aber bestimmt. Sie müssen sich gedulden, sagt er und schiebt mich in den Wartebereich zurück. Scheinbar seufzend schwingen nun wieder die Flügeltüren hinter ihm zu, und ich sehe nur noch die Hauben der Chirurgen in dem schmalen rechteckigen Fensterausschnitt der Türen.
    Ich befinde mich in einem weiten fensterlosen Flur voller Menschen, die auf metallenen Klappstühlen entlang den Wänden sitzen. Manche hocken auch auf dem dünnen, abgewetzten Teppich. Ich bin drauf und dran zu schreien und erinnere

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