Drachenland: Roman (German Edition)
Schiff über der Lichtung herunterkam, sahen die Menschen beim Podium, dass außer Kiorte und zwei Windseglern auch ein kleiner, kahlköpfiger, stämmig gebauter Mann in zerlumpter Kleidung an Bord war, offensichtlich ein Fandoraner. Aber kaum einer sah, dass sich gerade ein magerer Mann in der Kleidung eines Kämmerers unauffällig aus der Menge entfernte.
Die Strickleiter kam herunter, und der Prinz stieg rasch nach unten; Tamark und die beiden Windsegler ließ er an Bord zurück. Als sein Fuß das Podium berührte, stürzte Evirae auf ihn zu. »Kiorte«, rief sie, »du musst den Leuten berichten, was Falkenwind getan hat, wie er die Armee im Stich gelassen hat! Sag der Familie, dass er ein Verräter ist!«
Kiorte sah seine Gemahlin einen Augenblick lang schweigend an. Seine Uniform war zerrissen und beschmutzt wie schon damals, als er zum ersten Mal aus dem Krieg nach Hause gekommen war. Er sah jetzt nicht zornig aus, aber ein Ausdruck ruhiger Entschlossenheit stand in seinem Gesicht.
Falkenwind und Ceria beobachteten ihn besorgt und warteten darauf, dass er etwas sagte. Kiortes Wort fand allgemeine Anerkennung – sein Name war gleichbedeutend mit Ehre -, und die Unterstützung der letzten Anhänger Eviraes hing in der Schwebe.
Evirae kam langsam näher, um ihren Gemahl zu umarmen, und in diesem Augenblick wusste Falkenwind, wie Kiortes Antwort lauten würde.
Kiorte entzog sich ihr und hielt ihre Finger mit den langen Nägeln fest.
»Evirae«, sagte er leise und ruhig, »Falkenwind hat mir gesagt, dass du den Spion aus Fandora versteckt hast.«
»Er kennt die Wahrheit nicht!«, rief sie aus.
Er umfasste ihre zerbrechliche Hand fester.
»Er hat mir auch von deinen Aktionen gegen Lady Ceria berichtet, eine Frau, der ich nicht traue, die aber dennoch Gerechtigkeit verdient.«
Eviraes Gesicht lief rot an. »Die Vorwürfe gegen sie waren eindeutig und gerechtfertigt, wie du selbst gesehen hast!«
»Evirae«, sagte Kiorte, und jetzt war seine Stimme so laut, dass auch die Menge hinter ihnen ihn verstand, »du weißt, dass ich Falkenwind und allem, was er gegen die Traditionen von Oberwald unternommen hat, misstraut habe!«
Evirae lächelte. »Natürlich, Kiorte. In diesem Punkt waren wir immer einer Meinung.«
»Dann musst du auch sehen, dass ich ihn unterstütze, weil an der Wahrhaftigkeit seiner Worte nicht der geringste Zweifel besteht.«
Evirae antwortete nicht.
Kiorte fuhr fort – und zum ersten Mal, seit sich irgendjemand erinnern konnte, spiegelten seine Worte wirklich seine Empfindungen wider. »Evirae, du hast gegen den König und seine Ministerin eine Verschwörung angestiftet. Du hast nur zu deinem persönlichen Vorteil einen Krieg heraufbeschworen! Du hast gelogen und intrigiert und Menschenleben gefährdet, um die Stellung zu erreichen, die du jetzt innehast.« Er blickte seine Gemahlin kalt an und sagte: »Evirae, gib deine Ansprüche auf den Palast auf. Du hast Schande über dich und Simbala gebracht. Du bist der Familie nicht würdig.«
Evirae wimmerte, als sei sie verwundet worden, und wandte sich taumelnd von Kiorte ab. Doch er hatte ihre Hand noch nicht losgelassen, und so brachen drei ihrer langen, empfindlichen Fingernägel ab. Erst jetzt begannen ihre Tränen zu fließen. »Kiorte«, schluchzte sie, »mein Gemahl, warum tust du mir das an?«
»Du hast es dir selbst zuzuschreiben«, erwiderte er. »Du bist ein Sklave deines Ehrgeizes.« Seine Blicke folgten ihr, als sie bei ihren Eltern Zuflucht suchte und vor den Augen der Bürger von Oberwald hemmungslos schluchzte.
Falkenwind trat vor und bedankte sich für die Unterstützung des Prinzen.
Der Prinz runzelte die Stirn. »Ihr bleibt Ephrions Nachfolger«, sagte er kurz. »Ich verlasse mich darauf, dass Ihr in Zukunft den Gesetzen Simbalas mehr Achtung erweist als in der vergangenen Zeit.«
Falkenwind nickte Ephrion zu, und Ephrion trat mit dem Rubin auf ihn zu.
»Noch nicht«, sagte Kiorte. »Meine Gemahlin ist genug gedemütigt worden.«
Zusammen mit Jibron und Eselle führte er die widerstandslose Prinzessin die Stufen vom Podium hinunter. Falkenwind und Ceria blickten ihr nach, als sie durch die Menge zu einer großen Kutsche gebracht wurde, die in der Nähe wartete. Plötzlich blieb Evirae stehen und drehte sich um. Mit vor Zorn und Stolz brennendem Gesicht rief sie: »Ich kenne deine Vergangenheit, Falkenwind! Ich kenne die Geheimnisse in deiner Vergangenheit und weiß, welche Gefahr das eines Tages für Simbala bringen
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