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Drachenlanze - Das Mädchen mit dem Schwert

Drachenlanze - Das Mädchen mit dem Schwert

Titel: Drachenlanze - Das Mädchen mit dem Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Daniell
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bevor seine strengen Züge wieder im Schatten
lagen, bekam Kit einen weniger einschüchternden Eindruck
von Morat.
»Antworte mir«, sagte der Zaubermeister plötzlich zu
Raistlin, der immer noch im Schneidersitz auf dem Boden saß.
Erwartungsvoll stand der Junge auf. »Was glaubst du, welchen
Spitznamen dieser Ort hat, ein Name, den ich nicht kennen
sollte, der aber hinter meinem Rücken allen Zauberlehrlingen
geläufig ist?« Die Andeutung eines
– nicht ganz
unfreundlichen – Lächelns umspielte Morats Lippen, als er sich
zu Raistlin herunterbeugte.
»Nun, es ist die Zauberschule, was sonst?« platzte Gilon
heraus.
Kitiara warf ihrem Stiefvater einen vernichtenden Blick zu.
Gilon setzte eine selbstbewußte Miene auf, als er merkte, daß
er einen Bock geschossen hatte.
»Nein, nein«, sagte Morat verächtlich. »Laß den Jungen
antworten.«
Es folgte ein kurzes Schweigen, in dem Morats und Raistlins
Blicke sich trafen. Wieder zuckte der kleine Junge nicht mit
der Wimper, sondern widerstand den Augen des
Zaubermeisters.
»Du brauchst dich nicht zu zieren, es ist kein Geheimnis«,
meinte Morat mit spöttischer Jovialität. »Aber nur die, die das
Privileg genießen, hier zu lernen, erfahren davon. Konzentrier
dich, Junge. Rate mal. Oder gibst du auf?« Alte Bergspitze, riet
Kitiara für sich.
Raistlin ließ sich mit seiner Antwort Zeit. »Bergspitze wäre
die offensichtliche Antwort«, sagte er schließlich langsam,
»und – «
»Falsch! Falsch!« fauchte Morat und richtete sich wieder
auf. Sein Triumph war etwas zu offenkundig.
»Ihr habt mich nicht ausreden lassen!« schimpfte Raistlin,
der höchst respektlos die Stimme erhob. Gilon zuckte
zusammen. Kitiara mußte ein Lächeln unterdrücken.
»Und deshalb, wollte ich sagen, haben sie wahrscheinlich
einen Namen wie Teichgrund oder Trockensee erfunden. Ich
weiß nicht, was daran wichtig ist oder wieso das ein Test sein
soll«, endete Raistlin mürrisch.
»Es ist auch nicht wichtig!« erregte sich Morat seinerseits
mit erhobener Stimme und zusammengebissenen Zähnen. »Ich
habe nicht behauptet, daß es wichtig ist!«
Der Zaubermeister schlug seine Robe um sich und kehrte mit
offenbarem Zorn zu der eisernen Doppeltür zurück. »Ihr könnt
jetzt gehen«, befahl er.
Mit enttäuschter Miene liefen die drei zum Ausgang zurück,
doch Morat verstellte Raist, der als letzter kam, den Weg.
»Du nicht«, sagte er nachdrücklich. Als die anderen ihn
erklärungsheischend ansahen, meinte Morat etwas pikiert: »Es
ist wirklich Teichgrund. Teichgrund! Blöder Name. Wenn
sogar ein Sechsjähriger darauf kommt, könnte die Schule
genausogut Misthaufen heißen!«
Achselzuckend riß der Zaubermeister an einer Schnur, die
neben der Tür herunterhing. Eines der schweren Bücherregale
schwang wie ein Schleusentor auf und enthüllte dahinter ein
rechteckiges, karg möbliertes Nebenzimmer mit einem
einfachen Tisch und zwei schlichten Stühlen. Auf dem Tisch
lagen Papier und Schreibzeug und dazu ein paar Bücher.
Morat drehte Raistlin um und schubste ihn in den kleinen
Raum. Dann redete er wieder mit Gilon und Kitiara, welche
staunend die Augen aufrissen.
»Ich muß eine genauere Prüfung durchführen«, erklärte
Morat in einem Tonfall, der keinen Widerspruch zuließ.
»Kommt heute abend wieder.« Ohne weitere Umschweife
schlug ihnen der Zaubermeister die Doppeltür vor der Nase zu.
Kit schäumte. »Was glaubt dieser Gossenzwerg von
Zauberei eigentlich, wer er ist? Ich finde nicht, daß wir Raistlin
hier lassen sollten.«
Aber das meiste davon war nur hilfloses Gestammel, denn
Gilon hatte seine Stieftochter fest am Arm gepackt und schob
sie rasch den Wendelgang hinunter und aus der Schule namens
Teichgrund hinaus.
»Es wird Raistlin gut tun, diese alte Kunst zu lernen«, sagte
Gilon freundlich, als er sie draußen losließ. »Es bedeutet ihm
viel. Aus diesem Grunde können wir Morats Ungastlichkeit
ruhig ignorieren. Nutzen wir den Tag für den Jahrmarkt von
Solace.«
Kit sah sich grimmig, aber ziellos um, bevor sie mit den
Schultern zuckte. Im Grunde war es eine einmalige
Gelegenheit, mal einen halben Tag allein zu verbringen. Und
auf dem Weg nach Solace zum diesjährigen Markt des Roten
Mondes hob sich sofort ihre Stimmung.
Auf einer kleinen Anhöhe blieb sie stehen und drehte sich
noch einmal nach der Zauberschule um. Es überraschte sie
nicht, daß sie den Umriß des weißen, felsigen Hügels kaum
ausmachen konnte, der im grellen Schein der späten
Morgensonne fast

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