Drachenlanze - Der Bund der ...
sich kaum das Lachen verkneifen, während
sie fortfuhr. »Und ich weiß nicht, was für Sehenswürdigkeiten
Ihr in Solace erwartet«, sagte sie kopfschüttelnd mit gespieltem
Ernst zu Patrick. »Aber ich werde Euch führen«, schloß sie
sanft.
Ihr gegenüber nickte Stratke strahlend.
Kitiara schob ihren Stuhl zurück und ging zur Tür. Ihr war
bewußt, daß Patrick ihr nachstarrte.
»Wann?« rief er ihr nach.
»Nicht zu früh«, gab sie über die Schulter zurück.
Auf dem ganzen Heimweg dachte Kitiara an den jungen
Adligen in seiner meerblauen Tunika. Er war ein Mann, der
offenbar ein leichtes, privilegiertes Leben geführt hatte – die
Art von Mann, die sie normalerweise verabscheute.
Womöglich konnte er nicht einmal mit einem Schwert
umgehen?
Aber etwas an ihm hatte sie berührt. Seine Intensität? Seine
Verletzlichkeit? Daß sie ihm offensichtlich gefiel? Sie war sich
nicht sicher. Kitiara wußte nur, daß sie sich darauf freute, ihn
morgen früh wiederzusehen.
So legte sie den ganzen Rückweg zur Hütte grübelnd zurück.
Als sie die Tür aufmachte, erwartete sie mehr als das übliche
Chaos.
Es roch nach angebranntem Essen. Rosamund heulte im
Nebenraum, aber Kit hörte auch, daß ihre Tante begütigend auf
sie einredete. Die unverheiratete Schwester ihrer Mutter, ein
nervöses Huhn von Frau namens Quivera, lebte derzeit bei
ihnen, um sich um Rosamund zu kümmern, die im Moment
dauernd halluzinierte. Die Bürde ihrer Mutter wurde Kit so
etwas abgenommen, doch Quivera kümmerte sich kaum um
das, was sonst im Haushalt noch vonnöten war.
Caramon stand am Herd und hielt ein Blech mit etwas bis
zur Unkenntlichkeit Verbranntem.
»Kitiara, ich habe die Kekse verbrennen lassen«, klagte
Caramon. »Was sollen wir denn jetzt essen?«
Seufzend machte Kitiara die Tür hinter sich zu.
Es gab nicht viel zu sehen in Solace, doch die Tage mit
Patrick und Stratke boten Kitiara eine angenehme
Abwechslung. Nachdem sie die wenigen Sehenswürdigkeiten
abgeklappert hatten, trafen sie sich morgens einfach so und
wanderten ziellos und immer gut gelaunt drauflos.
Sie begleitete die beiden Besucher über die h
ohen Gehwege,
um den Marktplatz, zum Ufer des Krystallmirsees und ritt
sogar mit ihnen nach Teichgrund, wo sie ihnen die ausgefallene
Schule in dem Hügel zeigte und ein bißchen mit ihren Brüdern
prahlte: Raistlin, dem frühreifen Zauberer, und Caramon, dem
vielversprechenden Krieger.
Patrick erwies sich als guter Zuhörer, dessen höfische
Manieren im Laufe der Woche einem vertraulicheren
Umgangston wichen. Hin und wieder streckte er die Hand aus
und berührte ihre Wange oder strich durch ihre Locken und
murmelte leise: »Kitiara Uth Matar.«
Kit merkte, wie sie sich nach diesen Berührungen sehnte und
unter seiner Hand ganz still hielt, doch Patrick wendete sich
dann stets ab, als würde ihn seine Geste verlegen machen.
Schließlich stellte sich nach kurzem, lastendem Schweigen die
zwanglose Kameradschaft wieder ein, wobei der stets
einlenkende Stratke die Situation rettete. Er erwies sich als
sanfter Riese, und Kit stellte schnell fest, daß er ebenso viel
lächelte und lachte, wie er grunzte und stöhnte. Stratke schien
alles komisch zu finden, besonders die Worte seines Herrn.
Patrick und Kitiara waren vorsichtig mit den Fragen, die sie
einander stellten. Kit enthüllte nur einen kleinen Teil ihrer
Vergangenheit. In Solace wußte jeder, daß es Rosamund
niemals bessergehen würde und daß Kitiara die Tochter dieser
armen Verrückten war und vielleicht selbst einen Hauch Irrsinn
in sich trug. Doch Patrick konnte das nicht wissen, und es
kümmerte ihn auch nicht. In seiner Gegenwart redete sie lieber
über ihren Vater. Sie erklärte ihm, sie wäre die Tochter von
Gregor Uth Matar, einem meisterhaften Krieger, der aus einer
stolzen, wenn auch weit entfernten Familie stammte.
Von Patrick hörte sie etwas über dessen herrischen Vater,
eine Mutter, die er vergötterte, und einen Haufen
Verantwortung und Macht, die auf ihn warteten, für die er aber
noch nicht recht bereit war.
Am Vorabend der geplanten Abreise von Patrick und Stratke
aus Solace wollten die drei ein Mondscheinpicknick am Ufer
des Krystallmirsees veranstalten.
Die Nacht war wolkenlos. Beide Monde standen hell am
Himmel und tauchten die ganze Welt in Licht und Schatten.
Auf einem Hügel am Wasser holten die drei ihr Essen heraus –
kaltes Fleisch, Wein, Brot und frisches Obst, das Otik ihnen
eingepackt hatte.
Nach dem Essen hatten Kit und
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