Drachenlanze - Der Bund der ...
auf den Knien, doch der Minotaurus hat immer noch
nicht aufgegeben – du weißt ja, wie stolz diese Rasse ist –,
darum mußte Camium ihn mit seiner Keule bewußtlos
schlagen. Danach war es keine Frage mehr, wer gewonnen
hatte.«
Die Wachen bogen in eine Seitenstraße ab, womit Kit sich
selbst überlassen war. Jetzt war sie noch entschlossener, zum
Turnier zu gelangen, bevor es vorbei war, und wenn auch nur,
um einen Blick auf diesen Camium zu erhaschen, dessen Ruf
sie faszinierte. Plakate für das Holzwaffenfest hingen in den
Straßen nach Norden. Eilig lief sie zwischen den Leuten
hindurch in diese Richtung.
Das Kolosseum von Vocalion war klein, aber eindrucksvoll,
ein rundes Bauwerk mit Arkaden, das die geduckten Häuschen
und Schenken drumherum überragte. Draußen standen
scharenweise Menschen in Trauben zusammen, die redeten und
lachten. Aber von drinnen hörte Kitiara Hunderte brüllen,
klatschen und fluchen.
Kit drängelte sich zu einem Wettstand durch.
»Wer von Camiums Gegnern hat die besten Chancen?«
fragte sie einen schmierigen Kerl mit roter Knollennase.
»Wo kommst du denn her, Kleine?« erwiderte der Mann mit
einem Seufzer. »Das ist der letzte Kampf, und keiner setzt
gegen Camium. Camium ist noch nicht einmal erschöpft. In ein
paar Minuten ist alles vorbei. Spar dir dein Geld.«
Das hatte sie nicht erwartet. Sie trat vom Wettstand zurück
und sah sich enttäuscht um, wobei sie den Eingang zum
Kolosseum entdeckte.
Der Lärm von drinnen schwoll an. Na schön, jetzt war sie so
weit vorgedrungen, da konnte sie genausogut die letzten paar
Minuten vom Kampf mitansehen. Kitiara wollte gerade zum
Eingang gehen, als sie eine offene Seitentür bemerkte.
Nachdem sie hindurchgeschlüpft war, befand sich Kit in
einem engen, unbeleuchteten Gang, der zu dem Warteraum
führte, in dem sich die Gegner auf ihre Kämpfe vorbereiteten.
Als sie den Raum betrat, stieß sie auf einen kleinen Jungen mit
Besen, Bürste und einem riesigen Holzeimer. Er schrubbte an
etwas herum, das wie getrocknete Blutflecken aussah.
Am gegenüberliegenden Ende des Raums führte ein zweiter,
kürzerer und engerer Gang zu einem kleinen Ausgang, der von
hellem Sonnenlicht erleuchtet war. Durch die Tür konnte
Kitiara im Gegenlicht unscharf zwei Gestalten erkennen, die
einander draußen in der Arena umkreisten. Die Menge brüllte
und johlte.
»Wer ist das?« Der Junge hatte aufgeschaut und blinzelte zu
ihr herüber. Er war ein mageres Bürschchen von vielleicht acht
Jahren, wahrscheinlich ein Waisenkind, das während des
Turniers hier arbeiten mußte.
»Man hat mich geschickt, ahm, zum Helfen«, sagte Kitiara
schnell.
»Oh«, sagte der Junge gleichgültig. »Hier.« Er warf ihr eine
Bürste zu. »Fang einfach irgendwo an. Blut und Dreck gibt’s
reichlich.«
Kit fing die Bürste geschickt auf, während sie auf dem Weg
zur Tür war, um hindurchzuspähen. Ein kleiner, vierschrötiger
Kerl tat sein Bestes, um die windmühlenartig
niederprasselnden Schläge eines großen, gutgebauten Mannes
abzuwehren. Beide schwangen dicke, schwere Keulen. Hah,
dachte Kitiara, das sieht doch so aus, als wäre Camium klar
unterlegen.
Als sie sich umsah, bemerkte sie in dem Raum Holzwaffen
aller Art herumhängen. Keulen, Dreschflegel, feste Stangen,
Holzhammer, sogar Hupaks – die Lieblingswaffe aller Kender
von Krynn – standen für die Kämpfer zur Wahl. Kit schob ihre
Tasche hinter eine Bank und tat so, als würde sie an einer
Wand herumschrubben.
Die Borsten waren so starr, daß sie Kitiaras Meinung nach
sogar auf Stahl Spuren hinterlassen hätten. Durch den Gang
schielte sie zum Kampf hin. Kitiara fragte sich, wie der kleine
Kerl noch länger Camiums Schlägen standhalten sollte.
Scheinbar hielt sie sich direkt unter der Zuschauermenge auf,
das verriet ihr der donnernde Lärm über ihr.
»Das ist doch Camiums letztes Opfer?« fragte Kit.
Der Junge blickte achselzuckend auf. »Wenn sich nicht noch
jemand zusammenschlagen lassen will«, sagte er tonlos. »Das
ist heute der fünfte. Weil Camium inzwischen einen so
schlechten Ruf hat, konnten sie nur fünf dazu überreden. Was
soll’s, letztes Jahr waren es bloß vier, also kann man sich wohl
kaum beschweren.« Er ging wieder an die Arbeit.
Einige von den Zuschauern buhten, und als Kit durch die Tür
sah, konnte sie sehen, wie die beiden Männer miteinander
ringend auf dem Boden rollten. Der Kampf ging offenbar dem
Ende zu.
Kits Gedanken überschlugen sich. Das war eine Chance –
und wenn es die
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