Drachenlanze - Der Bund der ...
Wenn Kitiara fünf- oder zehnmal
zugeschlagen hatte, holte er einmal aus, und auch das nur sehr
zurückhaltend, als hätte er es damit nicht eilig.
Doch seine Trefferquote war hoch, und seine Schläge
landeten mit viel Kraft auf ihren Beinen, auf der Brust, auf den
Schultern und auf dem Gesicht. Er war wahrscheinlich mehr
als zehnmal so alt wie sie und nicht größer als Caramon, doch
der kleine Dickwanst konnte wirklich kämpfen. Kurz bevor sie
umfiel, dachte Kit noch, daß es doch irgendeinen Weg geben
mußte, ihn zu erledigen.
Die Menge buhte wild, als sie mit dem Gesicht nach unten
im Sand zusammenbrach. Camium ging zu einem großen
Hahn, der für ihn an der Wand der Arena angebracht war, und
zapfte sich einen Krug Bier. Während er gedankenverloren die
drei Schiedsrichter ansah, nahm er einen langen, tiefen Zug.
Drei Bürger in gleichen Roben saßen auf einer Tribüne, von
wo aus sie Kits ausgestreckten, reglosen Körper beobachteten.
Sie hatten nicht vor, das Spektakel vorzeitig abzubrechen. Die
Menge buhte weiter.
Gutmütig ging Camium zu Kit und kippte ihr einen Krug
Bier über den Kopf. Sie sprang auf, sah sich verwirrt um und
zog sich schnell aus der Arena in den engen Gang zum
Waffenraum zurück.
Die Menge teilte sich etwa zu gleichen Teilen auf in
Buhrufer und Lacher. Camium schüttelte grinsend den Kopf
und kehrte an seinen Bierhahn zurück.
Deshalb sah er Kitiara nicht, als sie wild in die Arena zurück
und geradewegs auf ihn zustürmte. Die überraschte Reaktion
der Menge warnte den Zwerg, doch Camium wußte nicht, was
er von einem Gegner zu halten hatte, der einen riesengroßen,
eisenbeschlagenen Eimer und eine Schrubberbürste schwang.
Sein Unterkiefer fiel herunter, und seine knorrige Keule
ebenfalls.
Ehe Camium eine Bewegung machen konnte, war ihm
Kitiara auf die Schultern gesprungen und hatte ihm den Eimer
über den Kopf gestülpt, wobei sie den Boden herausschlug und
das Ding herunterdrückte, bis es um seine Brust lag und seine
Arme festhielt. Der Schwung ihres Angriffs warf den Zwerg
zunächst um, und Kit nahm die grobe Bürste und fuhr ihm
damit über das Gesicht, wobei sie die rechte Hälfte seines Barts
größtenteils herausriß, bevor sie in den Zotteln hängenblieb.
So ein Jaulen hatten die Zuschauer noch nie gehört. Und vor
allem nicht aus dem Mund von Camium Eisenbieger.
Schweigen griff um sich, als Camium mühsam hochkam,
obwohl er immer noch in dem Eimer steckte. Sein Gesicht war
schamrot. Er versuchte, den Eimer zu sprengen, doch die
Eisenbänder hielten.
Kitiara hatte seine Keule fortgerissen, mit der sie ihm jetzt,
so fest sie konnte, wieder und wieder auf den Kopf schlug, ein
halbes dutzendmal. Der Zwerg taumelte, drehte sich, taumelte
noch mehr, kippte aber nicht um.
Kitiara holte mit aller Kraft aus und schlug ihm die Keule ins
Gesicht. Camium fiel nach rechts, tänzelte ein paar Schritte
herum, taumelte wieder. Doch er kippte nicht um.
Camiums Augen waren zugeschwollen. Er konnte seine
Arme nicht bewegen. Die Bürste baumelte von seinem Bart
herunter. Blut tropfte unter dem Eimer heraus, denn Kitiara
hatte mit ihren Schlägen die Haut aufgerissen.
Doch noch immer kippte Camium Eisenbieger, elffacher
Held des Holzwaffenfestes, nicht um.
Kit bezweifelte, daß er überhaupt noch bei Bewußtsein war.
Sie hatte Respekt vor dem alten Zwerg und wollte ihn nicht
noch schwerer verletzen oder noch schlimmer beschämen. Mit
einem müden Augenaufschlag sah sie in stummem Flehen die
Richter an.
Nach hastiger Beratung hoben die drei Schiedsrichter ihre
Arme, um ein Unentschieden zu verkünden. Der Preis sollte
gerecht geteilt werden.
Die Menge explodierte.
Camium wankte.
Kit brach zusammen.
Ein paar Stunden später, Stunden voller Heiler und
Gratulanten, saß Kit schließlich allein auf einer Steinbank im
Waffenraum und bewegte voller Schmerzen ihren Kiefer hin
und her.
Allein bis auf einen großen Fremden voller Heimlichtuerei,
der gewartet hatte, bis die anderen fort waren. Er machte ihr
keine Angst. Wenn sie Camium Eisenbieger bis zum Patt
bekämpfen konnte, würde sie auch mit jedem anderen fertig
werden.
Dennoch überraschte sie die Stimme des Mannes. »Du gibst
dich wohl immer für einen Mann aus«, bemerkte der Fremde,
der sich vor sie gestellt hatte.
»Ursa!« Voller Bitterkeit spie sie den Namen aus und sprang
auf. Sie sah sich um, welche Waffe sie nehmen sollte.
»Hoi!« sagte Ursa II Kinth, der sich wachsam umschaute.
»Nicht so laut.«
Sie machte einen Schritt.
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