Drachenlanze - Der Bund der ...
nur
schwer in den Schlaf.
Als die Fleury endlich die Küste erreichte, ließ die
Besatzung sie und ihre Pferde ins Wasser hinunter. Anstatt zu
warten, bis sie eine nach der anderen mit dem Beiboot
übergesetzt würden, schwammen sie lieber an Land.
Sie waren am äußersten Rand von Abanasinia und wußten
von der Karte, daß sie zunächst nach Nordwesten reiten
mußten, um die Ausläufer des Kharolisgebirges herum, bevor
sie nach Süden auf die Gipfel des Ostwall-Gebirges zuhalten
konnten. Sechs Tage und sechs Nächte waren Kit und Colo
unterwegs. Sie schliefen nur ein bis zwei Stunden pro Nacht
und schwangen sich dann schon vor der Dämmerung wieder in
den Sattel. Weil sie nur hin und wieder haltmachten, um
starken Tee herunterzukippen und etwas Trockenobst in sich
hinein zu schlingen, kamen sie gut vorwärts. Unbarmherzig
trieben sie die Pferde voran. Colo bestimmte das Tempo, denn
sie war eine geborene Reiterin und hatte vielleicht auch von
Anfang an das stärkere Tier, doch Kitiara war nie weit hinter
ihr.
Am dritten Nachmittag brach Kits Pferd in vollem Galopp
zusammen, und bis Kit sich aufgerappelt hatte, lag das Tier
schon in den letzten Zügen. Ein paar Meilen mußten sie zu
zweit reiten, bis sie von einem Bauern ein neues Pferd kaufen
konnten.
Am vierten Morgen kam Colos Pferd nicht mehr auf die
Beine, und sie mußten ihm den Gnadenstoß versetzen. Wieder
ritten sie ein paar Stunden zusammen, bis sie in einer Schmiede
an der Straße ein zweites Pferd erwerben konnten.
Während sie so vorankamen, wurde der Himmel grau, und
zur Kälte gesellten sich Nieselregen und Nebel. Morgens lag
Reif auf den Gräsern und später, als sie von der Küste in die
höheren Regionen gelangten, auch ein dünner Schneeteppich.
Zeitweise lag der Schnee über Eis, was für die Pferde
gefährlich war.
Das Wetter schien es darauf anzulegen, sie aufzuhalten.
Wenn es nicht schneite oder regnete, war es neblig. Die
Feuchtigkeit kroch ihnen in die Glieder. So waren sie nicht nur
erschöpft und wund vom Reiten, ja, fast taub vor Anstrengung,
sondern konnten auch der ständigen Kälte nicht ein einziges
Mal durch ein bißchen Sonnenschein entkommen.
Kit war noch nie so weit im Norden gewesen und hatte
diesen Teil des Kharolis noch nicht gesehen. Ehrfürchtig
betrachtete sie die Gipfel, die sich über viele Meilen bis zum
Horizont erstreckten – große, zerklüftete Bänder in Braun und
Violett, mit Schnee bedeckt.
Am sechsten Tag kam ihnen die Landschaft wieder
vertrauter vor, denn sie erreichten die Nordwesthänge des
Ostwall-Gebirges. Mit Hilfe der Elfenkarte folgten sie hier
einem verschlungenen Weg, der über Trampelpfade, durch
Schluchten und kleine Täler zum Lehen Mantillatal führte.
Der Weg war ziemlich tückisch, denn er wand sich durch
felsiges Gelände, um große, zackige Gipfel und steile
Klammen, über angelegte Fußwege und kaum passierbare
Stellen, wobei er teilweise scharf abbog und im Kreis
zurückkam. Die Pferde mußten sich immer wieder langsam
einen Weg suchen. Hin und wieder wurden Kit und Colo auch
gezwungen, abzusitzen und neben ihren nervösen Tieren
herzulaufen. Immerhin stimmte die Karte, und sie kamen
vorwärts.
Trotzdem forderte das schwierige steinige Gelände seinen
Tribut von einem ihrer Pferde, das sich beim Stolpern ein
Vorderbein verletzte. Sie hatten keine Wahl; sie mußten das
leidende Tier erlösen und sich wieder ein Pferd teilen. Kit und
Colo waren ihrem Ziel jetzt so nah, daß sie die letzten Meilen
nach Mantillatal auch zu Fuß zurücklegen konnten.
Am Nachmittag des siebten Tages stießen sie auf einen
verschneiten Hang mit einem schmalen Wasserfall. Der Hang
lag über einem tiefen, unregelmäßigen Tal, das von hier ab
durch dicken gelben Nebel verhüllt war. Auf der Karte war ein
schmaler Pfad eingezeichnet, der den sanft abfallenden Hang
hinunterführte.
Kit war noch nie so ausgepumpt gewesen. Jeder Knochen im
Leib tat ihr weh, ihre Augen waren blutunterlaufen, die Kleider
schmutzig und zerrissen. Colo, die neben ihr stand und das
Mantillatal betrachtete, sah auch nicht besser aus. Im Gegenteil
– als sie da standen, ohne einen Schritt auf ihr Ziel
zuzumachen, sank Colo in die Knie.
Ihnen wurde klar, sie brauchten Schlaf, damit sie wieder
etwas zu Kräften kamen, und deshalb beschlossen Kit und
Colo, diese Nacht hier oben zu verbringen. Da es noch nicht
dunkel war, hatten sie reichlich Zeit, um ihr Pferd zu versorgen
und ein Lager aufzubauen. Sie ölten und trockneten
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