Drachenlanze - Finstere Pläne
die
Tür offen stehen.«
»Er weiß, daß wir ihm auf den Fersen sind«, fügte Tolpan
hinzu. »Wir wissen nicht, was er aus Selana herausgequetscht
hat.« Tanis erschauerte, weil ihm bei diesen Worten sein
eigenes Verhör einfiel.
Nanda warf einen Blick an den Himmel. Jetzt funkelten
Sterne in der Dunkelheit. Im Osten, wo die Berge zum
Neumeer hin abfielen, ging Lunitari, der schnelle Mond, auf,
der auf seinem unentwegten Lauf über den Himmel eilte.
Darüber stand Nuitari, der
unsichtbare Mond. Nur Zauberer,
die die schwarze Robe des Bösen anlegten, konnten diesen
Trabanten wirklich sehen. Aufmerksame Augen konnten ihn in
Nächten wie dieser als schwarze Scheibe erkennen, die die
Sterne hinter sich verdeckte. »Seht nach oben, Freunde. In der
nächsten Stunde wird Lunitari Nuitari überholen. Hoto sagt,
daß dieser Balkom seinen Zauber sprechen wird, wenn sie
zusammenstehen. Uns bleibt nur noch wenig Zeit.«
»Ob es noch einen anderen Eingang gibt?« fragte Tanis.
Alle Augen wandten sich Hoto zu, der geschwiegen hatte,
seit sie das Turmdorf der Phaetonen verlassen hatten. Wie
gewöhnlich antwortete er erst nach einer Weile. »Es gibt noch
eine Öffnung, doch dies ist kein guter Eingang. Es ist eine Art
Schornstein, der in den Fels gemeißelt wurde. Ich beobachte
die Gegend seit Jahren und habe festgestellt, daß dieser
Schornstein in den Raum führt, in dem der Zauberer seine
Riten vollzieht. So kann er während der Zeremonie die Monde
sehen.«
»Ist er so breit, daß man hinunterklettern kann?« fragte
Tanis.
»Zu breit«, erwiderte Hoto. »Die Wände sind glatt, steil und
mehr als zwei Armlängen voneinander entfernt. Ohne Seile
würdet ihr nicht hinunterkommen.«
Tanis spürte, daß Hoto auf etwas hinauswollte. »Aber ein
Phaeton mit Flügeln könnte doch runterfliegen?«
»Ja, wenn er vorsichtig ist und keine schwere Last trägt.«
Flint warf Tanis einen Blick zu. »Denkst du, was ich denke,
was du denkst?«
Der Halbelf nickte. »Sieben von uns gehen am Haupteingang
rein. Dort wird der Widerstand wahrscheinlich am stärksten
sein, und wir müssen dort ebenfalls stark sein. Nanda, drei von
deinen Leuten sollen diesen Kamin suchen und dort warten.
Wenn wir Balkoms Zeremonienraum erreichen, muß er sich
auf uns konzentrieren.
Dann kommt die Überraschung durch den Schornstein. Mit
etwas Glück erwischt ihn einer von hinten.«
Nanda überlegte sich den Vorschlag. Er warf Hoto einen
Blick zu. »Du bist nicht unser Anführer, Urgroßvater, aber
unser weisester Ratgeber. Hört sich Tanis’ Plan
erfolgversprechend an?«
»Jedenfalls ist er nicht schlechter als andere.« Hoto sah
Tanis direkt ins Gesicht. Dem Halbelfen fiel zum ersten Mal
auf, wie die Augen des Mannes in der Dunkelheit glühten.
»Auch wenn der Erfolg seinen Preis haben wird. Wie der
Zwerg schon sagte, euer Feind ist ein mächtiger Zauberer.
Heute nacht wird er mehr als einen von uns töten. Ist diese
Elfenfrau einen solchen Preis wert, Nanda Lokir?«
Nanda hatte gewußt, daß diese Frage kommen würde, und
seine Antwort kam ohne Zögern. »Nein, Urgroßvater, die Frau
selbst ist für uns ohne Bedeutung. Aber das Böse in diesem
Mann kann unsere Familien bedrohen. Das ist es, was wir
verhindern müssen.«
Der Alte schien mit dieser Antwort zufrieden zu sein.
Nanda wandte sich den anderen Phaetonen in der Gruppe zu.
»Cele, nimm Jito und Satba mit zum Schornstein. Hoto wird
euch beschreiben, wo das ist. Dort wartet ihr, bis wir kommen.
Wir anderen gehen zum Haupteingang. Ich gehe voraus, dann
kommt Hoto, dann Kelu, Tanis, Tolpan und Flint, zum Schluß
Baji. Wir rücken so schnell und still wie möglich vor.«
Plötzlich stand Tolpan neben Nanda. »Laß mich vorgehen,
Nanda. Ich bin der Kleinste, und ich habe so was schon eher
mal gemacht.«
»Nein. Du bleibst hinter Tanis und Flint. Alle mir nach.«
Auf der Stelle war der Anführer der Phaetonen auf den Beinen
und schlich über den Grat. Er verschmolz mit den Büschen und
suchte sich vorsichtig einen Weg durch das dornige Gestrüpp.
Die Gruppe brauchte fast zwanzig Minuten, um das Tal hinter
sich zu bringen, doch schließlich erreichten sie zerkratzt und
verschwitzt den Höhleneingang.
»Kann jemand diese Zeichen lesen?« fragte Nanda.
Tanis suchte den weißen Fels um den Eingang ab und
bemerkte zum ersten Mal, daß wirklich eine Art Schrift in den
Stein eingemeißelt war. Er hatte keine Ahnung, was sie
bedeutete, oder auch nur, welche Sprache es war.
Wieder schob Tolpan sich nach
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