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Drachenlied

Drachenlied

Titel: Drachenlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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die Hand zu beanspruchen. Aber heute, da ihre Gedanken mit anderen Dingen beschäftigt waren, hatte sie die Finger zum Klettern und Tragen und allem anderen benutzt.
    »Siehst du, nun sind wir quitt, kleine Königin«, murmelte Menolly und schwenkte beide Arme in die Brise. »Siehst du? Meiner Hand geht es viel besser.«
    Sie vernahm kein Antwortzirpen, nur das Rauschen der Brandung und das sanfte Fächeln des Windes, der vom Meer her wehte. Aber sie glaubte fest, dass die kleine Echse ihre Worte gehört hatte. Sie wandte sich landeinwärts, gut gelaunt und zufrieden mit der Arbeit, die sie geleistet hatte.
    In aller Eile begann sie, Beeren und Kräuter zu sammeln. Nach Spinnenklauen suchte sie gar nicht erst; das hatte bei dem Wasserhochstand wenig Sinn.

KAPITEL FÜNF
    Oh, preist die starken Drachenschwingen,
Die Mut und neue Hoffnung bringen.
    Wie gewöhnlich bemerkte keiner Menolly, als sie in die Burg zurückkehrte. Pflichtbewusst suchte sie den Hafenmeister auf und berichtete ihm über den Stand des Hochwassers.
    »Du solltest nicht so weit fortlaufen«, meinte der Mann freundlich. »Wir rechnen jeden Tag mit Fädeneinfall. Was macht die Hand?«
    Sie murmelte etwas, doch er hörte nicht mehr hin, weil ein Schiffsmeister nach ihm rief.
    Das Abendessen wurde in aller Hast eingenommen, denn die Männer wollten noch in der Dockhöhle Wasserstand, Schiffe und Masten überprüfen. In dem Durcheinander kümmerte sich niemand um Menolly.
    Sie suchte ihre Kammer auf, kroch ins Bett und ging im Geiste noch einmal die überwältigenden Erlebnisse des Vormittags durch. Sie war sicher, dass die Königin sie verstanden hatte. Genau wie die Drachen wussten die Feuerechsen, was im Kopf und im Herzen eines Menschen vorging. Deshalb verschwanden sie wohl auch so rasch, wenn die Jungen sie einzufangen versuchten. Und sie hatten Menollys Gesang gern gehört.
    Aber konnten die Echsen wirklich die Gedanken der Mensehen
lesen, wenn sie sich immer von ihnen fernhielten? Natürlich, Drachen wussten, was ihre Reiter dachten, aber sie knüpften von Geburt an ein festes Band zueinander, das bis zum Tode nicht mehr zerriss. Wie also hatte die kleine Königin sie verstanden?
    »Die Not weckt ungeahnte Kräfte!« Das hatte der alte Petiron immer gesagt.
    Not?
    Arme Königin! Sicher war sie verzweifelt gewesen, als sie erkannte, dass die Flut ihr Gelege überspülen würde. Wahrscheinlich hatte sie seit vielen Planetendrehungen ihre Eier stets an der gleichen Stelle gelegt. Wie lange lebten Feuerechsen eigentlich? Die Drachen wurden so alt wie ihre Reiter. Manchmal starben sie jung, besonders jetzt, im Kampf gegen die Sporen. War es möglich, dass die kleinen Echsen länger lebten, weil sie der Gefahr leichter entgehen konnten? Fragen über Fragen. Menolly beschloss, am nächsten Morgen noch einmal hinauszugehen zur Bucht, vielleicht mit ein wenig Futter. Sie konnte sich denken, dass Spinnenklauen auch für die Feuerechsen Leckerbissen waren; vielleicht gelang es ihr, das Vertrauen der Königin damit zu gewinnen. Oder sollte sie lieber ein paar Tage warten? Jetzt, da so häufig Fäden fielen, war es gefährlich, sich aus dem sicheren Umkreis der Burg zu entfernen.
    Was würde geschehen, wenn die jungen Feuerechsen ausschlüpften? Ein herrlicher Anblick musste das sein. Hah! Da redeten sämtliche Jungen der Burg davon, wie sie eine Echse fangen wollten, und dann blieb es ihr, Menolly, vorbehalten, mit den Tierchen zu reden und ihre Eier zu retten. Wenn sie Glück hatte, konnte sie sogar das Ausschlüpfen beobachten. Das war bestimmt nicht weniger aufregend als eine Gegenüberstellung in einem der Weyr. Und nicht einmal Yanus hatte bis jetzt dieses große Ereignis miterlebt.

    Irgendwann schlief Menolly doch ein.
    Am nächsten Morgen stach und pochte ihre Hand und sie fühlte sich ganz steif von dem Sturz und der Kletterei. Vor allem das Wetter vereitelte ihre Absicht, zurück zur Bucht der Drachensteine zu gehen. In der Nacht war ein Sturm aufgekommen und hohe Wogen donnerten gegen die Kaimauern. Selbst in der Dockhöhle schäumte das Wasser, und der Wind blies so heftig, dass sogar der kurze Weg zwischen Hafen und Burg gefährlich war.
    Die Männer versammelten sich vormittags im Großen Saal, um ihre Geräte auszubessern. Mavi holte das Weibervolk zusammen und ordnete einen gründlichen Hausputz an. Menolly und Sella wurden so oft nach neuen Leuchten losgeschickt, dass Sella am Ende zu maulen begann.
    Menolly überprüfte schweigend die

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