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Drachenlied

Drachenlied

Titel: Drachenlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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zwischen die Königin und den kleinen Angreifer.
    »Berd! Nicht!« Auch Brekke lief los und streckte die Arme nach der zornigen kleinen Bronzeechse aus.
    Die junge Drachenkönigin wimmerte und barg ihren Kopf im Schoß des Mädchens, das sich schützend vor sie gestellt hatte. Die Fremde sah einen Moment lang zu Brekke hinüber, angespannt, beunruhigt. Dann streckte Brekke lächelnd die Hand aus. Die Geste dauerte nur einen flüchtigen Moment, dann stieß die kleine Königin das Mädchen gebieterisch an und meldete, dass sie Hunger hatte.
    Als Brekke sich abwandte, war sie nicht mehr die Schlafwandlerin von vorher. Sie ging mit gezielten Schritten zum Ausgang, umflattert von der kleinen Bronzeechse, die zugleich schimpfte und schmeichelte - genau wie Prinzessin, wenn Menolly etwas tat, was ihr nicht passte.
    Menolly merkte erst, dass sie weinte, als ihr dicke Tränen auf die bloßen Arme tropften. Sie warf einen hastigen Blick zu den Bergleuten, aber die beachteten sie nicht. Sie verfolgten angespannt, was sich auf der Brutstätte abspielte. Aus ihren Gesprächen schloss sie, dass ein Junge ihrer Gilde zu den Auserwählten gehörte und sie nun ungeduldig darauf warteten, ob er Erfolg hatte. Einen Moment lang war Menolly wütend auf die groben Klötze. Hatten sie etwa nicht Brekkes Heilung mit angesehen? Begriffen sie nicht, was für ein Wunder das war? Ach, und wie glücklich Mirrim jetzt sein würde!
    Menolly ließ sich erschöpft zurücksinken, völlig im Bann der emotionsgeladenen Ereignisse. Und Brekkes Gesichtsausdruck,
als sie unter dem Torbogen durchging! Manora war da und strahlte, und der fremde Mann, der wohl F’nor sein musste, hob Brekke auf seine Arme und trug sie hinaus. In seinen müden Zügen spiegelten sich Erleichterung und Freude.
    Aus dem Triumphgeschrei der Bergleute schloss Menolly, dass ihr Kandidat es geschafft hatte, auch wenn sie nicht genau erkannte, welchen der Jungen sie meinten. Die meisten Bewerber hatten inzwischen einen Drachen als Partner gewonnen und versorgten mit Eifer die ungeschickten, hungrigen kleinen Tiere.
    Menolly saß da und freute sich über Brekke, aber auch über die Entschlossenheit und den Mut der Bronzeechse, die sogar Ramoths Zorn getrotzt hatte. Warum, überlegte sie, wollte Berd nicht, dass Brekke eine neue Königin für sich gewann? Egal. Immerhin hatte das Experiment Brekke aus ihrer Lethargie gerissen.
    Drachen landeten jetzt in der Brutstätte und ihre Reiter halfen den Jungen oder geleiteten Gäste nach draußen. Die Ränge leerten sich. Bald sah sie nur noch einen Mann mit den Abzeichen des Burgherrn in der ersten Reihe sitzen, an seiner Seite zwei Jungen. Der Mann sah so müde aus, wie sie sich fühlte. Dann stand einer der Buben auf und deutete zu dem kleinen Ei an der Seite, das nicht einmal schaukelte.
    Vielleicht liegt ein totes Junges darin, dachte Menolly. Manchmal wurden auch Kinder tot geboren. Das hatte sie von den Frauen in der Burg gehört. Möglich, dass es sich bei den Drachen ähnlich verhielt.
    Der Junge lief jetzt bis ans Ende der Sitzreihe. Zu Menollys Verblüffung sprang er hinunter in die Brutstätte und begann, mit den Fäusten gegen das Ei zu trommeln. Seine Rufe weckten die Aufmerksamkeit des Weyrführers und der Handvoll Jungen, die bei der Gegenüberstellung leer ausgegangen
waren. Der Burgherr sprang hoch und hob beschwörend die Hände. Der andere Junge schrie seinem Freund etwas zu.
    »Jaxom, was tust du da?«, rief der Weyrführer.
    In diesem Moment zerbarst das Ei und der Junge brach ein paar Stücke von der Schale ab. Man sah, wie ein winziger Körper gegen die zähe innere Membran presste.
    Jaxom zerschlitzte die Membran mit seinem Gürtelmesser und ein kleiner weißer Körper fiel ihm entgegen, nicht viel größer als er selbst. Der Junge half dem kleinen Geschöpf auf die Füße.
    Menolly sah, wie der kleine weiße Drache den Kopf hob und seine gelbgrün schillernden Augen den Blick des Jungen suchten.
    »Er sagt, dass er Ruth heißt«, rief der Junge freudestrahlend.
    Mit einem erstickten Aufschrei sank der ältere Mann zurück auf seinen Steinsitz, die Züge schmerzverzerrt. Der Weyrführer und die anderen, die herbeigelaufen waren, um zu verhindern, was doch geschehen war, blieben stehen. Menolly begriff nur, dass dieser Verlauf der Dinge keinem der Erwachsenen recht war. Aber sie konnte sich nicht vorstellen, warum. Der Junge und der Drache sahen so froh aus. Weshalb gönnte man ihnen das Glück nicht?

KAPITEL

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