Drachenlord-Saga 01 - Der letzte Drachenlord
auseinanderreißen konnten.
»Gib sie ihm«, befahl Kas Althume.
Pol trat vor und schleuderte die Leiche des Jungen vom Hügel. Sie flog durch die Luft wie das grausige Zerrbild eines Vogels. Der Dragauth fing sie, bevor sie auf dem Boden aufschlug.
Während er seinem Haustier beim Fressen zusah, kam Kas Althume ein Gedanke, über den er unweigerlich schmunzeln mußte: Was würde der arme Peridaen dazu sagen?
Er rief sie, aber die andere Stimme war lieblicher und verlockender – und erschreckender. Sie wollte Otters Stimme folgen, dem Wahnsinn entfliehen, doch der Sänger in ihrem Kopf war weitaus mächtiger. Sie war sich nicht einmal mehr sicher, wer sie war. Maurynna oder … Ein anderer Name tänzelte über den Rand ihres Bewußtseins und löste sich auf wie ein Nebelfetzen im Sonnenschein. Dann …
Schmerz. Sie hieß ihn willkommen, sogar als sie laut aufschrie. Sie konzentrierte sich auf ihn, heftete sich an ihn, benutzte ihn wie ein Leuchtsignal, um sicher in den Hafen zu gelangen. Die goldenen Stimmen verklangen, die lauteste als letzte.
Ihr Blick wurde klar. Vor ihr kniete Otter und schüttelte sie.
»Rynna! Rynna, hörst du mich? Bitte!«
Zitternd richtete Maurynna den Blick auf den Barden. »Otter?« fragte sie unsicher.
Er lehnte sich zurück. »Den Göttern sei Dank. Rynna – was ist mit dir geschehen? Gerade redest du noch mit mir, dann …«
»Da waren Stimmen – wunderschöne Stimmen –, die nach mir riefen. Ich habe sie schon einige Male im Traum gehört, und jetzt wieder … Werde ich verrückt?« schluchzte sie fassungslos.
»Nein. Nein, du wirst nicht verrückt. Du machst dir bloß zu viele Sorgen um Linden, das ist alles. Schließlich seid ihr beiden … Ihr steht euch eben sehr nahe, und du machst dir Sorgen«, sprudelte es aus Otter heraus. »Das ist alles, Maurynna. Die Dinge kommen bald wieder in Ordnung. Wirklich.« »Aber was, wenn es wieder passiert?«
Diener trugen stapelweise Decken und Brennholz herein, stellten ihre Last ab und gingen, um mehr zu holen. Tasha dirigierte andere, die die Decken auf dem Boden vor dem Kamin ausbreiteten.
»Gut so. Ja, legt mehrere übereinander. Ich will nicht, daß er etwas von den kühlen Fliesen spürt. Das sollte reichen. Du – leg die Decken hierhin. Und sieh nach, ob die Fenster fest verschlossen sind.«
Die anderen Drachenlords kamen herein und stießen beinahe mit den umhereilenden Dienern zusammen. Die beiden sahen aus, als hätten sie sich hastig angezogen. Kief Shaeldar trug nur eine Kniehose. Tasha hatte keine Zeit, um sich für den Krach zu entschuldigen, der die beiden geweckt hatte.
»Was in aller Welt geht hier vor?« fragte Kief.
»Hier ist es heiß wie …«, begann Tarina sich zu beschweren.
»In einem Dampfbad«, beendete Tasha den Satz triumphierend. »Und es wird noch viel heißer. Da ich Linden Rathan nicht von seiner Vergiftung kurieren kann, werde ich ihn das verfluchte Zeug einfach ausschwitzen lassen.«
Kief Shaeldar und Tarina Aurianne sahen einander an. Tasha wappnete sich für einen Streit. Ob Drachenlords oder nicht, dies war ihr Patient, und sie würde sich von den beiden unter keinen Umständen von ihrem Plan abbringen lassen.
»Ihr braucht all das nicht«, sagte Kief Shaeldar und deutete auf das vor dem Kamin aufgestapelte Brennholz. »Wir können helfen. Wir stehen Euch zu Diensten, Heilerin.«
»Gut«, sagte Tasha erleichtert. »Quirel, schick die Diener fort. Wir sind soweit.«
Sobald sich die Tür hinter dem letzten Diener geschlossen hatte, sagte Tasha: »Ich möchte ein loderndes Feuer, Quirel. Es muß hier drin so heiß wie möglich werden. Drachenlord, würdet Ihr bitte auf mein Zeichen Linden Rathan hier herübertragen?« Sie schüttelte ein Laken aus und legte es über die am Boden ausgebreiteten Decken. »Ich werde ihn darin einwickeln und es wechseln, sobald es sich mit dem Gift vollgesogen hat, das er hoffentlich ausschwitzen wird. Falls auch das nicht funktioniert …« Sie wollte gar nicht daran denken.
Die anderen nickten und machten sich an die Arbeit. Tarina Aurianne und Quirel legten Brennholz in den Kamin. Der Drachenlord setzte es mit einem Wort in Flammen. Die plötzlich aufwallende Hitze trieb Tasha den Schweiß auf die Stirn. Entgeistert sah sie, wie Tarina Aurianne die Hände in die Flammen hielt und eine Beschwörung flüsterte. In Gedanken schrie Tasha, daß sich der Drachenlord verbrennen würde, doch als Tarina Aurianne die Hände aus dem Feuer zog, waren sie völlig
Weitere Kostenlose Bücher