Drachenlord-Saga 01 - Der letzte Drachenlord
blieben nur glimmende Holzreste. Danach faßte sie sich an die Stirn und schien förmlich in sich zusammenzusinken, als würde sie plötzlich von Erschöpfung übermannt. Einen Augenblick später schüttelte sie ein wenig überrascht den Kopf.
Tasha konnte es ihr nachfühlen. Auch sie war erschöpft, hauptsächlich wegen der inneren Anspannung. Sie kannte ihn zwar erst seit kurzem, aber sie mochte Linden Rathan. Tarina Aurianne kannte ihn wie lange? Vermutlich seit Jahrhunderten. Der Gedanke an seinen möglichen Tod mußte die anderen Drachenlords fürchterlich mitgenommen haben.
Nicht zu vergessen, was Linden Rathans Tod für Prinz Rann bedeutet hätte. Bei dem Gedanken ballte Tasha die Fäuste. Sollte sie jemals herausfinden, wer den großen Drachenlord vergiftet hatte – und damit ebenso Rann gefährdet hatte –, würde sie alles in ihrer Macht Stehende tun, um dem Täter die gerechte Strafe zukommen zu lassen.
55. KAPITEL
Es geht ihm besser, berichtete Kief. Aber Heilerin Tasha sagt, daß er immer noch extrem deprimiert ist.
Glaubt Ihr, er zerbricht sich noch immer den Kopf darüber, welche Geheimnisse er den Kerlen verraten haben könnte? fragte Otter, einerseits erleichtert, daß die Krise überstanden war, andererseits besorgt wegen Lindens anhaltenden Depressionen.
Anzunehmen. Wie geht es dem Mädchen?
Otter verzog das Gesicht, während er fortfuhr, seine Füße in seine alten Lederstiefel zu zwängen. Kiefs Ruf hatte ihn mitten beim Anziehen erreicht. Ihr werdet es nicht gerne hören, sagte er und beschrieb ihm Maurynnas »Anfälle«. Es passiert jetzt jeden Tag, manchmal auch mehrmals. Und seit kurzem ist etwas Neues hinzugekommen: Ihre Sinne werden unnatürlich scharf. Gerüche, Klänge, Farben, Geschmäcker – all das droht sie zu überwältigen. Wenig später ist alles wieder vorbei.
O Götter. Vermutlich liegt es daran, weil ich mich so nahe bei ihr verwandelt habe. Linden wird mir den Kopf abreißen, wenn dem Mädchen deswegen etwas zustoßen sollte.
Hmm – stimmt, es könnte damit zusammenhängen, aber vielleicht … Könnten dies nicht erste Anzeichen ihrer nahenden Ersten Verwandlung sein? fragte Otter.
Er spürte, wie Kief sich aus seinem Geist zurückzog, und nahm an, daß der Drachenlord darüber nachdachte, was er ihm soeben gesagt hatte. Er nutzte die Zeit, um seine Tunika anzuziehen und seinen Gürtel unterm Bett hervorzuholen. Dann war Kief zurück.
Möglicherweise. Bei manchen kündigt sich die Erste Verwandlung so an. Die meisten heranreifenden Drachenlords merken allerdings nicht, daß etwas mit ihnen geschieht. Sie empfinden einfach einen plötzlichen, alles überwältigenden Drang, eine freie Fläche zu finden, und dann passiert es. Andere haben jedoch Träume und Visionen, die sie so sehr ängstigen, daß sie glauben, verrückt zu werden. Sie war bei ihm, als ersieh zum ersten Mal verwandelte. Das heißt zwar nicht, daß Maurynna sein Verhaltensmuster übernimmt, aber es könnte durchaus sein.
Besonders, sagte Otter, weil die Bande zwischen ihnen so stark sind. Schaudernd fragte er sich, wie es wohl wäre, in einem lebenden Alptraum gefangen zu sein. Ich glaube, es ist ihre nahende Erste Verwandlung, Kief Daß Ihr in ihrer Nähe Eure Drachengestalt angenommen habt, hat nichts damit zu tun.
Vermutlich habt Ihr recht, sagte Kief.
Otter lächelte. Der Drachenlord klang wie ein Schuljunge, der knapp einer drohenden Tracht Prügel entronnen war – was, sollte Kief Maurynna irgendwie verletzt haben, vermutlich das mindeste war, was Linden ihm verabreichen würde. Will er mich inzwischen empfangen?
Nein. Er will niemanden sehen. Ich mache mir Sorgen … Danke, daß Ihr Euch um das Mädchen kümmert. Ich lasse von mir hören, sobald sich etwas tut.
Wieder allein in seinem Geist starrte Otter mit leerem Blick an die weißen Wände seiner winzigen Dachschlafkammer im Hause der Vanadins. Die Geschichte gefiel ihm nicht. Ganz und gar nicht. Erst wurde Linden überfallen und wäre beinahe gestorben, und nun glaubte Maurynna, langsam, aber sicher verrückt zu werden.
Was würde als nächstes geschehen?
56. KAPITEL
Es war ein brütendheißer, schwüler Tag. Maurynna zupfte an ihrer verschwitzt auf der Haut klebenden Tunika. Trotz der Hitze hielt sie mit Otter Schritt, während sie sich einen Weg durch die Menschenmassen bahnten, die den Marktplatz und die angrenzenden Gassen bevölkerten.
»Hast du – hast du etwas Neues über Linden gehört?« fragte sie so
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