Drachenlord-Saga 01 - Der letzte Drachenlord
Peridaen stapfte davon.
Kas Althume sah ihm nach, vor Wut zitternd. Zur Hölle mit Peridaen. Er verriet die Bruderschaft – und wofür? Für seinen persönlichen Vorteil und weil er ein Weichling ist, dachte der Magier voller Verachtung.
Welch ein Narr. In diesem Krieg war kein Platz für Weichlinge. Ob mit oder ohne Peridaens Hilfe, Kas Althume würde Sherrine zur Sklavin der Bruderschaft machen.
Er mußte schnell handeln. Peridaen war zwar weder besonders gerissen noch besonders blutrünstig, doch selbst ihm würde über kurz oder lang klarwerden, daß er ohne einen bestimmten Magier sicherer war. Und falls es ihm nicht klar wurde, würde mit Sicherheit Anstella darauf kommen, wenn Peridaen ihr berichtete, was er, Kas Althume, mit ihrer Tochter plante. Kas Althume hatte noch nicht vor zu sterben.
Es war an der Zeit, alle irdischen und magischen Kräfte zu bündeln. Er mußte gewisse Vorkehrungen treffen und eine Baronesse überlisten.
Linden saß in der Bibliothek und blätterte in einem Buch. Es ärgerte ihn, daß er sich bislang nicht die Zeit genommen hatte, Lady Gallianas Bücher näher in Augenschein zu nehmen. Offensichtlich war sie äußerst belesen und interessierte sich für eine breite Palette von Themen. Er machte es sich bequem und begann, in dem ausgewählten Buch zu lesen, die Geschichte von Kelneth.
»Euer Gnaden? Entschuldigt die Störung, aber die Baronesse von Colrane läßt fragen, ob Ihr sie empfangen würdet«, sagte der in der Tür stehende Diener.
Anstella? dachte Linden. Was will sie?
Es gab nur eine Möglichkeit, es herauszufinden. »Meinetwegen, Aran. Führ sie herein.«
Aran nickte und verschwand. Kurz darauf kehrte er mit Anstella von Colrane in die Bibliothek zurück.
Linden stand auf. »Was kann ich für Euch tun, Mylady?« fragte er höflich, aber wachsam.
Anstella verneigte sich. »Ich bin gekommen, Euch um einen Gefallen zu bitten, Drachenlord. Die Sonnenwende naht, und Sherrine – Euer Gnaden, es ist schwierig, einer jungen Frau zu verbieten, an den Festlichkeiten teilzunehmen. Meine Tochter freut sich seit Monaten darauf. Euer Gnaden, wärt Ihr bereit, sie aus ihrem Exil zurückkommen zu lassen?«
Das war es also. Aber wenigstens hatte die Mutter ihn nicht in aller Öffentlichkeit dazu bedrängt, wie es die Tochter getan hatte. Und es wäre ungerecht, die Baronesse der Gesellschaft ihres einzigen Kindes zu berauben. Anstella traf an all dem keine Schuld. »Ich bin nicht derjenige, der Eure Tochter ins Exil geschickt hat, Baronesse; das war ihre eigene Entscheidung. Wenn sie zurückkommen möchte, habe ich dagegen nichts einzuwenden. Es wäre schade, wenn sie die Festlichkeiten verpassen würde.«
Anstella verneigte sich von neuem. »Vielen Dank für Euer Verständnis, Drachenlord. Ich werde meiner Tochter sofort Bescheid geben«, sagte sie und ging.
59. KAPITEL
Linden lag auf dem Rücken im Gras und beobachtete die Wolken, die über den tiefblauen Himmel hinwegzogen. Seine Gedanken glitten auf den seidigen Melodien von Otters Harfe dahin, während Shan dicht an seiner Schulter Grashalme auszupfte. Gelegentlich hielt der Hengst inne und schnüffelte an Linden, als wollte er sich vergewissern, daß der Drachenlord tatsächlich da war. Linden hob eine Hand und tätschelte Shans Nase, als der große schwarze Kopf wieder einmal über ihm schwebte. Neben ihm stand ein vergessener Weinkelch.
Otter spielte leise; ein Schlaflied, das bereits uralt war, als Linden es als Kind zum ersten Mal gehört hatte. Schläfrig schloß er die Augen und überdachte die Neuigkeiten, die Otter ihm berichtet hatte.
Daß es Maurynna so schlecht ging, beunruhigte ihn. Linden erinnerte sich noch lebhaft daran, wie schrecklich er sich vor seiner Ersten Verwandlung gefühlt hatte. Er war fest davon überzeugt gewesen, daß er verrückt wurde, hatte Stimmen in seinem Kopf gehört, war von der Schärfe seiner Sinne überwältigt worden. Otters Bericht zufolge durchlebte Maurynna genau dieselben Symptome.
Und es gab nichts, womit er ihr helfen konnte, außer zu hoffen, daß ihre Erste Verwandlung nicht mehr allzulange auf sich warten ließ. Otters Bericht war nur in einem Punkt unklar gewesen. »Du meinst, es hätte begonnen, bevor wir uns miteinander vereint haben?«
»Ahm – ja. Ich wollte es dir nicht sagen, aber … Nachdem man dich überfallen hatte, war Kief so durcheinander, daß er sich ohne lange zu überlegen in Maurynnas Nähe verwandelte. Nun befürchtet er, daß dies ihre
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