Drachenlord-Saga 01 - Der letzte Drachenlord
Selbst das reichte, um sich beinahe zu übergeben. »Ich weiß nicht. Aber was immer es war, es gärt schön vor sich hin. Was könnte es nur gewesen sein?« Sie roch noch einmal an dem Fläschchen und bemerkte unter dem Gestank der Gärung einen eigenartigen Geruch, den sie nicht bestimmen konnte. »Das Zeug riecht irgendwie seltsam. Ich glaube, ich werde es mir noch mal genauer anschauen.«
Jeralin sagte fröhlich: »Die nächste geheimnisvolle Tinktur, die ich entdecke, kann Quirel untersuchen, wenn er aus dem Kräutergarten zurück ist.«
Tasha nickte abwesend und musterte das Fläschchen in ihrer Hand. Dann drangen die Worte des Mädchens in ihr Bewußtsein, und Tasha kam ein verschwommener Gedanke, doch so sehr sie sich auch bemühte, sie bekam ihn nicht zu fassen. Na schön, dann würde sie sich erst mal mit etwas anderem beschäftigen. Es war schon oft vorgekommen, daß ihr etwas Bestimmtes einfiel, wenn sie aufhörte, krampfhaft darüber nachzugrübeln. Deswegen nahm sie den Korb mit den leeren Fläschchen sowie jenes mit der geheimnisvollen Substanz und ging in ihre Arbeitskammer zurück, wo auf dem Ofen der Sud vor sich hin blubberte.
So kurz vor der Sonnenwende waren Casnas Straßen selbst nach Einbruch der Dunkelheit noch von dichten Menschenmassen bevölkert. Maurynna und Otter bogen in eine weniger belebte Gasse. Sie seufzte erleichtert. »Zu viele Leute.«
Otter lächelte. »Auf einem Schiff geht es ruhiger zu, was?«
»Stimmt! Und kühler ist es auch.« Maurynna wischte sich den Schweiß von der Stirn und überlegte, was sie als nächstes sagen sollte, nur um nicht wieder von der trübsinnigen Stimmung überwältigt zu werden, die ihr seit zehn Tagen – seit sie Linden zum letzten Mal gesehen hatte zu schaffen machte. »Auf meiner Schulter sitzt ein schwarzer Hund.«
»Hmmm?« fragte Otter. Dann sagte er, ohne eine Antwort abzuwarten: »Er meinte, er würde im Garten warten.«
Sie nickte. Der schwarze Hund grub seine Klauen tiefer in ihr Fleisch.
»Warst du je in dem Haus? Nein? Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob das eine gute Idee ist, Rynna. Bis zu deiner Abreise morgen kann die Bruderschaft jederzeit zuschlagen.
Hoffentlich erkennt dich niemand im Dunkeln. Linden war klug genug, darauf zu bestehen.«
Der schwarze Hund knurrte ihr ins Ohr. »Ich hasse es, so herumzuschleichen, als würde Linden sich meinetwegen schämen.«
»Sei kein Narr, Rynna. Du weißt genau, daß das nicht stimmt. Und hör auf, herumzustänkern. Wir sind fast da.«
Der Barde trieb sein Pferd voran. Seufzend folgte Maurynna ihm. Sie stänkerte nicht herum – nicht wirklich –, aber seitdem sie sich zur Abreise entschlossen hatte, war eine tiefe Melancholie über sie gekommen. Trotz seines Versprechens fürchtete sie, Linden nie wiederzusehen.
Deswegen hatte sie darauf bestanden, ihn heute abend noch einmal zu treffen. Wenn sie dem schwarzen Hund diesen Knochen hinwarf, würde er sie vielleicht in Ruhe lassen.
Verdammt unwahrscheinlich.
In ihren Augen schwammen Tränen, doch sie weigerte sich, sie zu vergießen. Blinzelnd folgte sie Otter in den großen Hof vor Lindens Stadthaus. Diener erschienen, hielten die Pferde, während sie abstiegen, und führten die Tiere fort, alles ohne ein einziges Wort zu sagen. Ihr fiel auf, daß ihr niemand direkt ins Gesicht sah.
Zu ihrem Schutz, oder weil sich Linden ihretwegen schämte?
Otter führte sie am Haus vorbei durch einen gewölbten, rosenumrankten Torbogen. Sie betraten den Garten. Verblüfft hielt Maurynna die Luft an.
Der Garten war voller Tiere. Für einen Moment hielt sie die Tiere für echt. Dann sah sie, daß die Zierbüsche so zurechtgestutzt waren. Sie erkannte zwei miteinander herumtollende Frettchen, einen Hasen und einen Hirsch, der Nase an Nase mit einem Wolf dastand. Es gab sogar eine Gans, die einem Fuchs nachjagte. Noch ein Schritt, und die Gans hatte den Fuchsschwanz geschnappt.
»Das ist mein Lieblingstier«, sagte eine tiefe Stimme hinter ihr. »Armer kleiner Fuchs.«
Sie drehte sich um und fiel Linden in die Arme. Er hielt sie umschlungen, zerdrückte sie beinahe, bevor er sie einen Herzschlag später wieder losließ.
Er gestikulierte, und das über seiner Schulter hängende Kaltfeuer schwebte zu einem Tisch, der zwischen zwei weißen Marmorbänken stand. Darauf standen ein Silberkrug und drei Kelche. »Sollen wir uns setzen?« fragte Linden. Sie folgten ihm an den Tisch.
»Ich habe eine bessere Idee«, sagte Otter, während er für sie
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