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Drachenlord-Saga 01 - Der letzte Drachenlord

Drachenlord-Saga 01 - Der letzte Drachenlord

Titel: Drachenlord-Saga 01 - Der letzte Drachenlord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne Bertin
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nach unten zu schauen. Ausnahmsweise störte ihn die Unruhe nicht, die sein Erscheinen auslöste. Seine Blicke suchten unter den Gästen nach einer kastanienbraunen Haarmähne.
    Sherrine war nirgends zu entdecken.
    Ertrank in Ruhe seinen Wein aus. Als sie gegangen war, hatte eine Herausforderung in Sherrines Blick gelegen, so deutlich, als hätte sie es laut ausgesprochen: Ihr werdet mich wiedersehen, und zwar wenn ich es wünsche.
    Ihre Keckheit amüsierte ihn. Ebenso die Herausforderung. Er glaubte, daß es ihm Spaß machen würde, ihr Spiel mitzuspielen – und sie gewinnen zu lassen. Vielleicht würde es ihm helfen, seine Einsamkeit eine Weile zu vergessen. Er stellte den leeren Kelch ab und ging zur Treppe.
    Maurynna trug den aus Messing gefertigten Winkelmesser unterm Arm. Sie war mit ihren Berechnungen längst fertig, konnte sich aber nicht durchringen, in ihre Kajüte zurückzukehren. In den letzten beiden Nächten war sie ihr wie ein Käfig vorgekommen. An Deck, umgeben vom vertrauten Sternenhimmel und dem nachtschwarzen Ozean, waren ihre widerstreitenden Gefühle etwas leichter zu ertragen.
    Morgen bei Sonnenuntergang sollten sie die Große Strömung erreichen, die sie erst nach Norden tragen würde und dann nach Osten an den Küsten der nördlichen Königreiche entlang. Der nächste Anlaufhafen war Casna. Der Gedanke an die Entscheidung, die sie spätestens dort würde treffen müssen, verursachte ihr Unbehagen.
    Seit Otter ihr von seiner Absicht berichtet hatte, nach Norden zum Drachenhort zu reisen, hatte sie den unsäglichen Drang verspürt, ihn zu begleiten. Zu jedermanns Überraschung – vor allem zu ihrer eigenen – hatte sie vorgeschlagen, einen Überlandtransport zu leiten.
    Du hast so schwer dafür gearbeitet, ein eigenes Schiff zu bekommen, schalt sie sich, und bei der ersten Gelegenheit, einen Drachenlord kennenzulernen, willst du es verlassen. Und wofür? Vielleicht ist Otters Freund gar nicht dort – Otter hat es selbst zugegeben. Und selbst wenn dieser Freund Linden Rathan ist, wer sagt denn, daß du ihn mögen würdest? Vielleicht ist es manchmal besser, einen Traum einen Traum bleiben zu lassen.
    Aber … Drachenlords! Und dann auch noch der Drachenlord aus den Geschichten, die sie am liebsten mochte – selbst wenn er sich in den Geschichten über Rani eo’Tsan und Bram Wolfson noch nicht verwandelt hatte.
    Vielleicht war der Zeitpunkt gekommen, einen alten Kindheitstraum wahrzumachen.
    Sie hörte Stiefelschritte hinter sich. Es war keiner der Seemänner; sie waren barfüßig. Es konnte also nur eine Person sein.
    »Warum bist du noch wach, Rynna?« fragte eine musikalische Stimme aus der Dunkelheit, dann trat Otter zu ihr. Im fahlen Licht der Decklampe traf sein Blick den ihren, sein Kopf fragend zur Seite geneigt. Er fragte freundlich: »Worüber machst du dir Sorgen?«
    Sie zuckte mit den Schultern, um ihre Überraschung zu verbergen. »Warum glaubst du, ich würde mir Sorgen machen? Ich, ahm – ich habe nur daran gedacht, wie sehr ich mich freue, meine Cousine Maylin wiederzusehen. Und Kella. Sie muß jetzt ein großes Mädchen sein.«
    Er schnaufte verächtlich. »Ich kenne dich, seit du als kleines Mädchen mit meinem Großneffen vor dem Kaminfeuer gespielt hast. Glaub mir, ich sehe, wenn du dir Sorgen machst. Du ißt nicht und starrst die ganze Zeit, auf den Lippen kauend, ins Leere. Genau wie jetzt. Also, was liegt dir auf dem Herzen?«
    Kindheitserinnerungen stiegen in ihr auf: sie und Raven zu Otters Füßen sitzend, während er ihnen vor dem Kamin seine Geschichten erzählte, die meisten davon über den letzten Drachenlord. Linden Rathan war seit Ewigkeiten ihr Held …
    Dann platzte es aus ihr heraus: »Otter – zum Henker mit der Seenebel! Und zum Henker mit meiner Familie! Ich möchte dich nach Drachenhort begleiten.«
    So. Sie hatte es gesagt. Sie wartete darauf, daß Otter sie eine törichte Närrin schimpfen würde. Und er hätte allen Grund dazu.
    Doch bis auf ein überraschtes Seufzen sagte der Barde eine Weile nichts. Als er schließlich sprach, war seine Stimme leise und klang besorgt. »Rynna, das willst du doch nicht wirklich, oder?«
    Sie packte den Winkelmesser so fest, daß es ein Wunder war, daß sie das Messing nicht verbog. »Doch. Nein. Ich weiß es nicht. Es ist einfach, daß … Seit du zum ersten Mal davon gesprochen hast, habe ich den Drang, Drachenhort zu sehen, einen Drachenlord kennenzulernen, ihn kennenzulernen. Es reißt mich entzwei. Ich

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