Drachenlord-Saga 01 - Der letzte Drachenlord
Gnade – ich werde doch verrückt.
Sie wollte weinen. Aber sie mußte noch immer nach oben und zu Linden. Da sie fürchtete, daß sie beim nächsten Ausrutscher der drängenden Stimme in ihrem Kopf nachgab, kroch Maurynna den Rest des Weges auf dem Bauch. Es dauerte länger, aber sie würde zumindest oben ankommen. Schließlich zog sie sich über den Klippenrand und eilte so schnell sie konnte von der Klippe fort.
Etwas Riesiges ragte vor ihr in der Dunkelheit auf. Sie schrie auf und fiel vor dem Ding auf die Knie, die Hände schützend über den Kopf geschlagen.
Quirel füllte ein weiteres Dosierfläschchen mit Tashas kopfschmerzlinderndem Sud. Er drückte einen Korken in den Hals und gab das Fläschchen Jeralin, die es zu den anderen in den Korb legte.
»Wir haben erst halb soviel, wie Tasha möchte«, sagte Jeralin. »Wir brauchen noch mindestens drei.«
»Das war es«, sagte Quirel, »ich habe keine Flaschen mehr.« Er strich sich über den struppigen Bart. »Glaubst du wirklich, daß wir so viele brauchen werden? Ich denke nicht, daß heute abend viel gefeiert wird, wo Tarina Aurianne so krank ist.«
»Kann schon sein, daß nicht viel gefeiert wird, aber ich wette, daß sich viele Leute gerade deswegen betrinken werden, weil sie es vergessen wollen. Und selbst wenn ich falsch läge – willst du derjenige sein, der Tasha sagt, daß wir ihre Anweisungen nicht befolgt haben?«
»Äh – nein. Sollen wir nachsehen, ob wir noch ein paar Fläschchen finden?«
Jeralin schob den Korb beiseite und stand auf. »Ich frage mich, ob sie dieses mysteriöse Zeug schon weggekippt hat.« Sie begann, im Regal hinter Tashas Arbeitstisch zu suchen.
Quirel ging zu ihr. »Welches mysteriöse Zeug? Willst du mir weismachen, daß Tasha nicht mehr ihr eigenes Gebräu erkennt?«
»Wo hat sie es … Da haben wir’s – unterm Tisch.« Jeralin richtete sich auf und hielt triumphierend einen Korb hoch. »Hier. Den habe ich hinter der runden Truhe entdeckt.« Sie hob den Deckel und deutete auf ein Tonfläschchen, das in einem der Fächer lag. »Riech lieber nicht dran, falls dir etwas an deinem Abendessen liegt.«
Quirel betrachtete den Korb, dann verzog er das Gesicht. »Sehr lustig, Jer.«
»Was meinst du?«
Quirel nahm den Schultergurt in die Hand. »Siehst du den Knoten hier? Den habe ich reingemacht. Das ist der Korb, in dem ich jeden Morgen Prinz Ranns Medizin trug. Ich habe mich schon gefragt, wo er ist. Hinter der runden Truhe, sagst du? Wie ist er dort hingekommen? Aber egal, laß mal das Zeug sehen.« Er nahm das Fläschchen aus dem Korb. »Was soll denn das nun wieder? Das ist Ranns Medizin, der Trunk, den ich ihm jeden Morgen braue. Ich erkenne die Flasche – wir haben nur zwei aus schwarzem Ton. Hör auf, mir angst zu machen, du dumme Kuh.«
Jeralin sagte: »Quirel – was immer das ist, es ist auf keinen Fall Ranns Medizin. Ich glaube, wir sollten es sofort Tasha sagen.«
65. KAPITEL
Stein. Ihre tastenden Hände berührten Stein. Maurynna fuhr mit den Fingern über den kühlen Granit, dann richtete sie sich auf, strich sich die Haare aus dem Gesicht und wischte sich die Tränen aus den Augen. Der verrückte Drang, zu Linden zu gelangen, war ebenso plötzlich verschwunden, wie er gekommen war.
Sie kniete vor einem hohen, säulenartigen Stein. Einen Moment starrte sie ihn verständnislos an, vor Erschöpfung am ganzen Leib zitternd, dann erinnerte sie sich an frühere Fahrten entlang der cassorischen Küste: an eine weit ins Meer ragende Landzunge, auf der ein steinernes Monument stand.
Könnte es derselbe Ort sein?
Maurynna zog sich an der Steinsäule hoch und begann, ihre Umgebung zu erkunden. Links und rechts von ihr standen Säulen, mehr als die drei, die sie vom Schiff aus hatte sehen können. Die Säulen bildeten einen Kreis; in der Mitte stand ein Trilith. Es war der Trilith, der sie anzog. Mit unsicheren Schritten lief sie darauf zu, anfangs vorsichtig, dann, je näher sie kam, immer schneller.
Schließlich stand sie innerhalb des Kreises. Sie breitete die Arme aus und versuchte, den Abstand zwischen den drei riesigen, ein Dreieck bildenden Steinquadern abzumessen, doch ihre Arme hätten mindestens um die Hälfte länger sein müssen. Von Erschöpfung übermannt, lehnte Maurynna sich an den Steinquader hinter ihr. Im nächsten Moment rutschte sie an ihm hinunter, rollte sich zusammen und schmiegte ihre Wange an den Granit. Irgendwie fühlte sie sich geborgen, umsorgt. Sie bildete sich sogar
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