Drachenlord-Saga 01 - Der letzte Drachenlord
Versteck im Kleiderschrank und füllte den Inhalt in die Flasche.
Fast leer. Ich muß meinen Herrn um mehr bitten. Ich frage mich, was es ist – aber vermutlich ist es sicherer, nicht zu fragen. Es reicht zu wissen, daß ich damit eine Menge verdiene. Und es reicht zu wissen, daß es kein Gift ist.
Sie ging zum Bett und schob den Hund mit dem Fuß zur Seite. Der Hund kam auf die Beine und trottete in die Ecke.
»Guter Junge, Bramble«, flüsterte die junge Frau. Dann setzte sie sich auf die Bettkante und schüttelte sanft die magere Schulter, die alles war, was sie von dem Schlafenden erkennen konnte. »Rann? Rann – Zeit aufzuwachen und Euren Trank einzunehmen.«
Ein mürrisches, verschlafenes Grummeln war die einzige Antwort. Leise lachend legte sie einen Arm um seine Schultern und setzte den Jungen auf.
Rann blinzelte sie an und rieb sich den Schlaf aus den Augen. »Ich will nicht, Gewy«, beschwerte er sich. »Es schmeckt eklig.«
»Daran erkennt man eine gute Medizin«, entgegnete Gevianna bestimmt. »Um so schlimmer sie schmeckt, desto wirksamer ist sie. Kommt schon. Werdet noch ein bißchen wacher, und dann runter damit. Ich werde veranlassen, daß Ihr eine extra Portion Honig in Euren Haferbrei bekommt, wenn Ihr …«
Stimmen im Vorzimmer unterbrachen sie. Augenblicklich wurde Rann munter und hockte sich neben ihr im Bett auf die Knie. Gevianna umschloß das Fläschchen mit plötzlich zittrigen Fingern. Sie erkannte die Stimmen.
Rann erkannte sie ebenfalls. »Heilerin Tasha!« rief er.
Die Tür zum Schlafgemach wurde geöffnet, und Tasha spähte herein. »Seid Ihr schon wach, Prinz Rann? Gut. Ah, Gevianna hat er schon seinen Trank eingenommen?«
Gevianna leckte sich über die trockenen Lippen und schüttelte den Kopf. Sie traute ihrer Stimme nicht.
»Gut – sehr gut. Ich glaube, der Trank würde sich nicht mit dem Mittel vertragen, das ich für ihn mitgebracht habe«, sagte Heilerin Tasha, während sie mit einem dampfenden Becher in den Händen ins Zimmer kam. Ihre beiden ältesten Lehrlinge folgten ihr.
»Was ist das?« fragte Rann argwöhnisch.
Gevianna nahm all ihren Mut zusammen, als die Heilerin auf das Bett zutrat. Sie stand auf, um aus dem Weg zu gehen. Eine Gelassenheit zur Schau tragend, die ihr innerlich völlig fehlte, stellte die junge Pflegerin das Fläschchen auf einen nahe stehenden Tisch, als wäre es nicht weiter wichtig. Zu ihrer Erleichterung beachteten sie weder die Heilerin noch deren Lehrlinge.
Heilerin Tasha sagte: »Das, mein junger Prinz, ist das wirksamste Heilmittel gegen Seekrankheit. Es ist Ingwertee.«
»Seekrankheit?« Rann starrte auf den Becher. »Muß ich heute auf eine unserer Barken?« Er klang schon jetzt ganz krank vor Angst.
Geviannas Magen verkrampfte. Sollte der Junge dem Schicksal seiner Mutter folgen? Es war eine Sache, ihm etwas zu verabreichen, das ihn ruhigstellte, doch dies wäre Mord.
Und man würde von ihr erwarten, daß sie ihn begleitete. Sie, die sich sogar noch mehr vor Wasser fürchtete als der junge Prinz. Sie schlug eine Hand vor den Mund.
Das durfte sie nicht zulassen. Sie wollte nicht sterben. Selbst wenn es bedeutete, daß sie ihre Familie in den Ruin trieb, sie durfte nicht zulassen, daß man sie und den Jungen einfach umbrachte. O Götter, sie würde es ihnen sagen müssen. Ihnen alles sagen müssen … Der Gedanke machte sie krank.
Heilerin Tasha setzte sich neben Rann aufs Bett. »Nein, Hoheit, niemand erwartet das von Euch. Es ist ein richtiges Schiff mit einem Kapitän und einer Mannschaft. Es ist eine Überraschung, die sich Linden Rathan für Euch ausgedacht hat. Er mußte eine Menge Schwierigkeiten auf sich nehmen, um alles zu arrangieren, daher hoffe ich, daß Ihr mitfahren werdet.«
Ranns Augen wurden groß. »Ein richtiges Schiff? Das übers Meer fährt? Mit Bannern und Segeln?«
In gleichem Maße, wie Ranns Stimmung stieg, sank Geviannas. Der Gedanke an eine Flußfahrt war schon schlimm genug, aber aufs offene Meer? Benommen stützte sie sich am Tisch ab und schloß die Augen.
»Es wird bestimmt Segel haben und bestimmt auch – Gevianna! Was ist los? Du siehst aus, als würdest du gleich ohnmächtig werden.«
Gevianna riß die Augen auf und sah, daß Heilerin Tasha sie besorgt musterte. Sie bewegte die Lippen, doch kein Laut kam aus ihrer Kehle. Sie war kurz davor gewesen, alles zu verraten, für nichts …
»Du bist aschfahl, Kind«, sagte Heilerin Tasha. »Laß mich raten – du hast Angst vorm Segeln, nicht
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