Drachenlord-Saga 01 - Der letzte Drachenlord
kann nicht mal einen Fürsprecher von Sherrine zum Duell herausfordern. Ich darf niemanden herausfordern. Ich darf lediglich als Fürsprecher fungieren.«
Linden biß sich auf die Zunge. War er verrückt, über Herausforderungen in Maurynnas Namen zu reden? Maurynna und Maylin waren nicht dumm. Götter, wenn er nicht aufpaßte, würde ihm noch rausrutschen, weshalb er über derlei Dinge überhaupt nachdachte.
Er sagte: »Hör jetzt mit dem Unsinn auf und sag einem aus meiner Eskorte, daß er mir mein Pferd bringen soll. Maurynna braucht einen Heiler. Ich werde sie zum Palast bringen.«
Er erhob sich mit Maurynna in den Armen. »Liebste«, flüsterte er, »keine Sorge. Alles wird gut.«
»Das – das hoffe ich«, sagte Maurynna. »Und hört bitte auf, euch meinetwegen zu streiten, als wäre ich nicht hier. Ich bekomme Kopfschmerzen davon.«
Doch zwischen ihren Schluchzern lachte sie ein wenig, so daß Linden wußte, daß sie nicht verärgert war. Er drückte sie sanft. »Es tut bald nicht mehr weh«, sagte er und seufzte. Es schmerzte ihn, daß er seiner Seelengefährtin nicht selbst helfen konnte.
Ein Soldat brachte Lindens Pferd. Linden ließ Otter Maurynna halten und stieg auf, dann zog er sie vor sich in den Sattel. »Sitzt du bequem?« fragte er sie.
»Ja«, sagte Maurynna. Ihre Stimme zitterte. Sie fingerte an dem Verband über ihrem Auge herum.
Er wendete sein Pferd und ritt durch das Hoftor, dann hielt er an und wartete, bis sich seine Eskorte um ihn formiert hatte.
Otter kam herbeigerannt. Der Barde fragte: »Soll ich bei der Familie bleiben?«
»Ja«, sagte Linden. »Dann kann ich ihnen über dich Bescheid sagen, wenn Maurynna geheilt ist.« Im Geiste fügte er hinzu: Ich bin nicht sicher, ob Sherrine nicht versuchen wird, sich irgendwie an der Familie zu rächen, wenn sie den Schock erst mal verdaut hat. Sie würde es sich zweimal überlegen, wenn ein Barde hier ist – besonders einer, der mich mit seiner Geiststimme herrufen kann. Und versuch, Maylin zur Vernunft zu bringen, ja? Sonst wirft sie etwas nach mir, wenn ich mich das nächste Mal hier blicken lasse.
Otter grinste und warf Maurynna eine Kußhand zu. Keine Sorge, das kriege ich schon hin.
Linden ließ seinen Wallach so schnell traben, wie er nur irgend konnte. Maurynna zitterte in seinen Armen. Er zog sie an sich. Ihre Hände klammerten sich an seine Robe. »Es ist nicht mehr weit«, flüsterte er in ihr Haar.
Mit der Eskorte wie dunkle Schatten an ihrer Seite ritten sie eilig durch die Straßen Casnas. Golden schimmernde Kaltfeuerbälle beleuchteten den Weg wie Dutzende kleine Sonnen. Das einzige Geräusch an dem warmen Sommerabend war das Klappern der Hufe auf dem Kopfsteinpflaster.
Endlich tauchte der Palast vor ihnen auf. »Corrise, reite voraus und laß die Tore öffnen«, befahl er. Ein Schatten löste sich von den anderen und galoppierte davon.
Als sie eintrafen, schwangen die Tore auf. Soldaten im Rot der Palastwachen warteten, um ihre Pferde fortzuführen. Linden stieg ab. Er ignorierte die neugierigen Fragen und schritt auf den Palast zu.
Drinnen rief Linden den ersten Diener herbei, den er sah. »Wo ist Heilerin Tasha?«
Der überraschte Mann antwortete: »Sie ist bei Prinz Rann, Euer Gnaden.«
»Bringt mich zu ihr.«
Der Diener verneigte sich und machte sich auf den Weg durch das Labyrinth der Palastgänge. Linden folgte ihm.
Maurynna hob den Kopf. »Linden, wird Heilerin Tasha mich überhaupt behandeln dürfen? Ich weiß doch, was die cassorischen Adligen von Kaufleuten halten. Immerhin ist sie die persönliche Heilerin der Königsfamilie; wahrscheinlich werden sie ihr verbieten, mich zu …«
»Das werden sie nicht«, sagte Linden knapp. »Ansonsten bekommen sie es mit mir zu tun. Keine Sorge, Liebste.«
Sie legte wieder den Kopf an seine Schulter, zitterte aber stärker denn je.
Götter, sie muß sich schrecklich fühlen. Wird sie halb blind segeln können? Es würde sie, glaube ich, umbringen, ans Land gefesselt zu sein. Wenn ich ihr doch nur verraten könnte, daß sie, selbst wenn sie ein Auge verliert, eines Tages die Freiheit des Windes haben wird.
Nach einer scheinbaren Ewigkeit blieb der Diener vor einer breiten Eichentür stehen. Die beiden Wachen starrten neugierig, regten sich aber nicht.
»Kündigt mich an«, sagte Linden.
Der Mann nickte. Er klopfte einmal, dann schob er die Tür auf. »Eure Lordschaft, Mylady, Seine Gnaden Drachenlord Linden Rathan wünscht Heilerin Tasha zu sehen.«
Linden
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