Drachenlord-Saga 01 - Der letzte Drachenlord
trat ein. Er nickte den überrascht aufblickenden Gesichtern zu. Rann saß mit Heilerin Tasha und seiner Pflegerin Gevianna auf dem Boden, umgeben von Spielzeugsoldaten.
Herzogin Alinya erhob sich aus ihrem Sessel am Kamin. Hinter Rann kam dessen Wolfshund auf die Beine. Durch eine halb offenstehende Tür auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes konnte Linden ein Himmelbett sehen, dessen Decken bereits aufgeschlagen waren.
Heilerin Tasha sprang auf. »Was ist passiert? Setzt sie hier hin und laßt mich ihr Auge untersuchen.« Sie deutete auf das Kissen am Boden.
Zu Herzogin Alinya gewandt, sagte er: »Das ist Maurynna Erdon.« Dann zu Tasha: »Ein Peitschenschlag hat sie am Auge getroffen.« Er half Maurynna, sich hinzusetzen, und kniete neben ihr nieder, um ihren Oberkörper zu stützen.
Die Herzogin trat zu ihnen heran. »Käpt’n Erdon, wie ich an den goldenen Spangen erkenne? Ihr seid jung für einen Kapitän. Ihr müßt sehr gut sein.«
»Das ist sie«, sagte Tasha, während sie den Verband abnahm. Ihre Stimme klang gefaßt und fröhlich. »So, nun laßt mich das Auge anschauen. Ja, ja, ich weiß – das Licht schmerzt, nicht wahr? Nicht den Kopf wegziehen – so, das war’s. Ich werde mich beeilen, ich verspreche es. Rann, geht bitte aus dem Licht, sonst verabreiche ich Euch morgen einen wirklich bitteren Trank.«
»Ich will aber zusehen«, monierte Rann und sah Tasha über die Schulter. »Tut es weh, Maurynna? Du bist ja ganz blutig.«
»Blutrünstiges kleines Monster«, sagte Herzogin Alinya milde lächelnd. »Gevianna?«
Gevianna hob Rann hoch und trug ihn trotz seiner vehementen Proteste fort. Weil ihm nichts Besseres einfiel, um ihn abzulenken, warf Linden dem jungen Prinzen ein scharlachrotes Kaltfeuer zu. Ranns freudiges Juchzen sagte ihm, daß seine List funktioniert hatte.
Trotz ihres Versprechens, sich zu beeilen, kam es Linden vor, als würde Tashas Untersuchung ewig dauern. Die Heilerin murmelte abwesend vor sich hin, während sie Maurynnas Gesicht mal in diese, mal in jene Richtung drehte. Irgendwann merkte Linden, daß Maurynna angstvoll ihre Finger in seine Hand grub.
Schließlich lehnte sich Tasha zurück. Erfreut sagte sie: »Es ist nicht so schlimm, wie ich befürchtet hatte. Das meiste hat das Augenlid abbekommen. Die Pupille wurde nicht getroffen – nur die Hornhaut ist ein wenig angekratzt. Ihr müßt genau im richtigen Moment geblinzelt haben. Das Blut stammt von den Schnitten auf Eurer Stirn, dem Lid und der Wange. Es sieht schlimmer aus, als es ist.«
Erleichtert entspannte sich Linden ein wenig. Maurynna drückte ein letztes Mal seine Hand. Er fragte Tasha: »Könnt Ihr es heilen?«
»Ja, aber zuerst möchte ich die Schnitte säubern. Gevianna, bring mir bitte meine Tasche. Wie es der Zufall wollte, habe ich heute für Lady Corvy eine spezielle Tinktur angerührt. Es ist noch etwas davon übrig.«
Gevianna brachte die große Ledertasche. Tasha durchwühlte sie und sagte derweil: »Es wird weh tun, Maurynna, aber Ihr müßt versuchen, stillzuhalten.« Sie machte eine Pause und sah zu Linden. »Würdet Ihr bitte helfen, Drachenlord? Ihr müßt sie festhalten. Sie darf sich nicht bewegen.«
»Natürlich«, sagte Linden. Er strich Maurynna über die Wange. »Tut mir leid.«
»Schon gut«, sagte Maurynna und schirmte ihr Gesicht vor dem Licht ab. »Es muß getan werden.«
Er setzte sich hinter sie, schlang einen Arm um ihre Taille, so daß ihre Arme eng am Körper anlagen, und drückte sie fest an sich. Mit der anderen Hand zog er ihren Kopf an seine Schulter, seine Hand fest auf ihrer Stirn. Maurynna schauderte kurz, dann entspannte sie sich.
Tasha hielt ein kleines Fläschchen in der Hand. »Sind wir soweit?« fragte die Heilerin.
Bevor Maurynna antworten konnte, träufelte Tasha ihr die Tinktur auf das verletzte Augenlid. Maurynna schrie auf und rutschte unruhig herum. Linden verstärkte seinen Griff.
Wären wir doch bloß miteinander verbunden, dachte er. Ich könnte ihr den Schmerz nehmen und ihn auf mich überleiten. Dann wurde er verbittert: Wären wir verbunden gewesen, wäre all das nie passiert. Ich hätte sofort gespürt, in welcher Situation sie steckte, und wäre rechtzeitig eingeschritten.
Die Tinktur rann über Maurynnas Gesicht und wusch das getrocknete, rostbraune Blut weg. Lauwarm tropfte es auf seinen Arm.
»So, das reicht. Jetzt kommt der schmerzhafte Teil, fürchte ich«, sagte Tasha. Sie schob die Ärmel hoch und entblößte die
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