Drachenmagier
fühlte sein Herz immer
noch wie rasend klopfen.
»Nein, bleib.«
Der Traum lauerte am
Rand seines Bewußtseins, um sich bei der ersten Gelegenheit
auf ihn zu stürzen.
Diese Gelegenheit wollte er ihm nicht geben.
»Da riecht etwas ganz
köstlich«, sagte er und schnupperte die
würzigen Düfte, die von draußen
hereinzogen.
»Ich habe dir zu essen
gebracht.« Alake deutete aus der Tür. Die Phondraner
nehmen ihre Mahlzeiten
nicht im Haus, sondern im Freien ein – so bleiben die
Wohnräume sauber, und es
wird kein Ungeziefer angelockt. »Du hast das Abendessen
verschlafen und ich –
das heißt, meine Mutter dachte, du wärst vielleicht
hungrig.«
»Das bin ich. Richte
deiner Mutter meinen Dank aus für ihre
Freundlichkeit«, sagte Haplo ernst.
Alake lächelte,
erfreut darüber, ihn erfreut zu haben. Ständig war
sie darauf bedacht, ihm eine
Freude zu machen, brachte ihm Leckerbissen, kleine Geschenke, etwas
Selbstgefertigtes…
»Dein Bett ist ganz
zerwühlt. Ich werde es richten.«
Sie trat vor, Haplo
wollte aus der Tür. Der Zusammenstoß war
vorbestimmt. Ehe Haplo wußte, wie ihm
geschah, fühlte er sich von weichen Armen umfaßt,
weiche Lippen suchten seinen
Mund, duftende Wärme hüllte ihn ein.
Sein Körper reagierte,
bevor der Verstand ihn einholte. Er war immer noch halb im
Labyrinth, das
Mädchen mehr Teil seines Traums als Wirklichkeit. Die
Leidenschaft eines
Mannes regte sich in ihm, er vergaß, daß er ein
Kind in den Armen hielt. Sein
Kuß war hart, fordernd, er preßte sie an
sich und drängte sie zum Bett.
Alake stieß einen
erstickten Angstlaut aus.
Haplo war schlagartig
ernüchtert. Er packte ihre Oberarme und
stieß sie grob zurück.
Am ganzen Leib
zitternd, stand sie in der Tür und starrte ihn an. Sie war
nicht vorbereitet
gewesen auf die Heftigkeit seiner Leidenschaft, wahrscheinlich auch
nicht
vorbereitet auf die Reaktion ihres eigenen Körpers,
auf etwas, das zuvor nur
in ihrer jungfräulichen Phantasie stattgefunden hatte. Sie
hatte Angst vor ihm,
Angst vor sich selbst. Doch sie war sich auch ihrer Macht als Frau
bewußt
geworden.
»Du liebst mich!«
flüsterte sie.
»Nein!«
»Du hast mich
geküßt…«
»Alake…« Er schwieg
und verschluckte die kalten, brutalen Worte, die er hatte sagen wollen.
Es war
dumm, die Kleine zu verletzen und zu riskieren, daß sie
heulend zu ihrer Mutter
lief. Er konnte es sich nicht leisten, die Herrscher Phondrans
zu beleidigen,
und er wollte Alake nicht weh tun. Was sich eben abgespielt hatte, war
seine
eigene verdammte Schuld gewesen.
»Alake«, nahm er
mühsam einen zweiten Anlauf, »ich bin zu alt. Und
ich gehöre nicht einmal zu
deinem Volk…«
»Zu welchem dann? Du
bist kein Elf, kein Zwerg…«
Ich gehöre zu einem
Volk jenseits deiner Vorstellungskraft, Kind. Zu einem Stamm
von Halbgöttern,
die sich bequemen könnten, eine Nichtige als Gespielin zu
nehmen, aber niemals
zur Gemahlin.
»Ich kann dir darauf
keine Antwort geben, Alake. Aber du weißt,
daß ich anders bin. Sieh mich an!
Die Farbe meiner Haut, meiner Haare und Augen. Und ich bin ein Fremder.
Du
weißt nichts von mir.«
»Ich weiß alles, was
ich wissen muß«, entgegnete das Mädchen
leise. »Ich weiß, daß du mein Leben
gerettet hast…«
»Wie du meinst.«
Sie kam näher. Ihre
Augen leuchteten. »Du bist tapfer, der tapferste
Mann, den ich je gekannt
habe. Und schön. Ja, du bist anders, aber gerade deswegen
etwas Besonderes. Und
vielleicht bist du alt, aber auch ich bin erwachsen für meine
Jahre. Jungen in
meinem Alter langweilen mich.«
Sie streckte die Arme
nach ihm aus. Haplo verschränkte die Hände
auf dem Rücken und setzte eine
abweisende Miene auf. Er war endlich wieder fähig, klar zu
denken, und konnte
mit dem Argument aufwarten, das er gleich hätte ins Feld
führen sollen:
»Alake«, sagte er,
»deine Eltern wären dagegen.«
»Sie würden meinem
Glück nicht im Wege stehen.« Aber es klang so
verzagt, wie er gehofft hatte.
»Nein.« Er schüttelte
den Kopf. »Du wirst aus ihrem Munde alles hören, was
ich dir auch gesagt habe.
Sie wären zornig, und zwar mit Recht. Du bist eine
Königstochter. Dein Gemahl
wird später König sein. Du hast Pflichten
gegenüber deinem Volk. Der Mann, den
du heiratest, muß Häuptling sein oder eines
Häuptlings Sohn. Ich bin ein
Niemand, Alake.«
Er hatte gesiegt. Sie
ließ den Kopf hängen, ihre Schultern
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