Drachenmagier
nach vorn. »Der Gang sieht
ganz vielversprechend aus.«
Sie drangen erst
zaghaft, dann immer kühner in den Tunnel vor, der genau in die
gewünschte
Richtung führte. Haplos Stimme war mit jedem Schritt
lauter und deutlicher zu
vernehmen. Die Tunnelwände verströmten einen
schwachen phosphoreszierenden
Schimmer, der ihnen das Gehen erleichterte.
»Wißt ihr«, sagte
Alake begeistert, »es ist beinahe, als hätte man ihn
eigens für uns
erschaffen.«
»Das bedeutet also
Krieg«, meinte die Drachenschlange.
»Hattest du
irgendwelche Zweifel, Erhabener?« Haplo lachte bitter.
»Die Sartan sind
unberechenbar. Es gibt unter ihnen welche, die wirklich selbstlos sind
und die
Nichtigen mit offenen Armen empfangen und sie als willkommene
Gäste im eigenen
Heim bewirtet hätten.«
»Samah gehört nicht
dazu«, meinte Haplo.
»Das haben wir auch nie
angenommen.«
Der Schlangenkönig
schien zu lächeln, obwohl es Haplo ein Rätsel war,
wie das starre Reptilantlitz
einer Mimik fähig sein sollte.
»Und wann werden die
Nichtigen angreifen?« wollte die Schlange wissen.
»Das ist der Grund,
weshalb ich gekommen bin, Erhabener. Ich möchte einen
Vorschlag machen, der
von dem ursprünglich besprochenen Plan abweicht, nach meiner
Ansicht aber noch
schneller und sicherer zum Erfolg führt. Um die Sartan zu
besiegen, brauchen
wir nichts weiter zu tun, als ihre Stadt unter Wasser
setzen.«
Haplo erklärte seinen
Plan in fast denselben Worten, mit denen er ihn den Nichtigen
auseinandergesetzt hatte. »Das Meerwasser wird ihre
Magie unwirksam machen
und sie der Gnade der Menschen ausliefern…«
»… die sie alsdann
ohne Mühe niedermachen können.
Ausgezeichnet.« Der Schlangenkönig züngelte
lebhaft, als wittere er Beute. Einige seiner Vasallen öffneten
die schillernden
Augen, um ihre Zustimmung zu bekunden.
»Die Nichtigen werden
kein Blutbad veranstalten. Ich dachte mehr an Unterwerfung –
absolut und bedingungslos.
Und ich will nicht, daß die Sartan sterben, denn ich habe
vor, Samah und
vielleicht noch ein paar andere meinem Gebieter zu bringen, damit er
sie befragt.
Es hätte einiges für sich, wenn sie lebendig
genug wären, um antworten zu
können«, schloß der Patryn
sarkastisch.
Die Feueraugen
loderten auf. Haplo spannte die Muskeln.
Als die Schlange
weitersprach, klang es jedoch fast jovial. »Und was haben die
Nichtigen für
Pläne mit den durchweichten Sartan?«
»Bis das Wasser
abgelaufen ist und die Sartan wieder bei Kräften sind, haben
sich die Nichtigen
in Surunan festgesetzt. Sogar für die selbsternannten
Halbgötter dürfte es ein
Problem sein, etliche tausend Menschen, Elfen und Zwerge zu vertreiben,
die bereits
angefangen haben, sich häuslich einzurichten. Davon abgesehen,
können die
Nichtigen drohen, mit deiner Hilfe, Erhabener, die
Schleusentore zu öffnen und
die Stadt erneut zu überfluten.«
»Es würde uns
interessieren zu erfahren, was dich bewogen hat, nicht an dem ersten
Plan
festzuhalten. Aus welchem Grund mißfällt dir der
Gedanke an Krieg?«
Die lispelnde Stimme
war kalt, der Tonfall lauernd, bedrohlich. Haplo war verwirrt. Weshalb
dieser
Stimmungsumschwung?
»Diese Nichtigen
verstehen nichts vom Kämpfen«,
erklärte er. »Sie haben sehr lange keinen
Krieg
mehr geführt. Oh, die Menschen tragen hin und wieder
kleine Stammesfehden aus,
aber dabei kommt fast nie jemand zu Schaden. Die Sartan
könnten ihnen auch
ohne Magie schwere Verluste zufügen. Ich finde, mein Weg ist
einfacher, weiter
nichts.«
Die Drachenschlange
löste ihren gewaltigen Leib mit unbegreiflicher
Mühelosigkeit aus dem Wirrwarr
der verknäulten Schlingen und glitt über den
Höhlenboden auf Haplo zu. Er blieb
stehen. Der Angst nachzugeben, die Flucht zu ergreifen, das bedeutete
den
sicheren Tod, dessen war er sicher. Seine einzige Chance
bestand darin,
kaltblütig abzuwarten und die wirklichen Absichten seiner
›Verbündeten‹
herauszufinden.
Der flache,
keilförmige Schädel verhielt eine
Armeslänge vor seinem Gesicht.
»Seit wann«, fragte
der Schlangenkönig, »interessiert es einen Patryn,
wie Nichtige leben – oder
wie sie sterben?«
Ein Kälteschauer
überlief Haplo. Er öffnete den Mund, wollte etwas
erwidern.
»Warte!« zischte die
Drachenschlange. »Was ist das?«
Die dumpfige Luft in
der Höhle verdichtete sich zu einer vagen Silhouette,
die flimmernd Gestalt
annehmen wollte, dann
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