Drachenmagier
Grundel. »Und wir haben eine Erlaubnis. Zeig sie ihm,
Alake.«
»Was?« Alake starrte
sie an.
»Zeig ihm das
Schreiben meines Vaters.« Grundel blinzelte bedeutungsvoll
und zeigte mit dem
Kinn auf den Beutel, der an einem geflochtenen Gürtel um
Alakes Taille hing.
Die oberen Ränder
mehrerer kleiner Pergamentrollen lugten heraus.
Alake stieg das Blut
in die Wangen, sie kniff die Augen zusammen. »Das sind meine
Zaubersprüche!«
formte sie stumm mit den Lippen. »Ich denke nicht daran, sie
jemandem zu
zeigen.«
»Frauen.« Devon nahm
den Matrosen beim Arm und drehte ihn zu sich herum. »Nie
wissen sie, was sie
alles in ihren Taschen haben.«
»Stell dich nicht an!«
flüsterte Grundel hinter dem Rücken des Zwergs.
»Er kann doch nicht lesen!«
Alake funkelte sie an.
»Mach schon! Wir haben
nicht viel Zeit! Haplo hat bestimmt schon einen
Riesenvorsprung.«
Alake seufzte. Sie
griff in den Beutel und zog eine der Schriftrollen hervor.
»Genügt das?« fragte
sie, entrollte den Pergament-streifen, hielt ihn den Matrosen unter die
Nase
und zog ihn sofort wieder zurück, kaum daß er einen
Blick darauf werfen
konnte.
»Ich – ich glaube
schon.« Er kratzte sich am Kopf. »Trotzdem sollte
ich zur Sicherheit noch beim
Herrn König nachfragen. Es macht euch doch nichts aus zu
warten, oder?«
»Nein, nein. Geh nur.
Laß dir Zeit«, meinte Grundel gönnerhaft.
Der Matrose setzte
sich in Bewegung. Kaum hatte er den Rücken gekehrt,
schlüpften die drei durch
eine Luke ins Schiff und von dort in das kleine Tauchboot, das
sich an die
Flanke des Sonnenjägers schmiegte wie ein junger Delphin an
seine Mutter.
Grundel schloß beide Luken und legte ab.
»Kannst du auch
wirklich mit diesem Ding umgehen?« Alake hatte für
Technik etwa soviel übrig
wie Grundel für Magie.
»Klar«, antwortete
Grundel prompt. »Ihr seid nicht alleine
fleißig gewesen. Ich dachte, falls wir
je die Gelegenheit haben sollten, den Drachenschlangen
nachzuspionieren,
würden wir ein Boot nötig haben.«
»Sehr klug«, lobte
Alake großmütig.
Die Wasser um Draknor
waren dunkel und trübe wie sonst nirgends im Segensmeer.
»Als schwämme man
durch Blut«, bemerkte Devon, der an einem Bullauge nach
Haplos kleinem Boot Ausschau
hielt.
Die beiden Mädchen
stimmten gleichmütig zu. Das Mutkraut wurde seinem Namen und
Ruf gerecht. Sie
verspürten nicht die leiseste Angst.
»Wo steckt er bloß?«
wunderte Alake sich beunruhigt. »Er kann doch nicht spurlos
verschwunden sein.«
»Ich hab’s dir
gesagt«, meinte Grundel. »Er kommt nicht
zurück. Vermutlich hat er das Boot so
hergerichtet, daß er eine Zeitlang darin leben
kann…«
»Da ist er«, rief
Devon und streckte die Hand aus.
Haplos Tauchboot war
leicht zu identifizieren: es gehörte Yngvar und trug
das königliche Wappen.
In der Annahme, daß
Haplo sich auskannte – weder Grundel noch Alake, noch Devon
waren in die Geheimnisse
der Navigation im Segensmeer eingeweiht worden 48 – , schwenkten sie auf seinen Kurs ein.
»Er wird uns bemerken.
Grundel, bleib weiter zurück«, sagte Alake
besorgt. »Pah! In dieser Suppe kann
er uns nicht sehen. Nicht einmal, wenn wir an
seinem…«
»… Heck«, warf Devon
hastig ein.
»… klebten«,
vollendete Grundel. Sie steuerte, Alake und Devon schauten ihr von
hinten über
die Schulter. Das Mutkraut hatte inzwischen seine volle Wirkung
entfaltet, sie
fühlten sich angenehm kribbelig und aufgeregt, aber
nicht ängstlich. Plötzlich
jedoch fuhr Grundel mit erschrecktem Gesicht zu ihren Freunden herum.
»Mir ist gerade etwas
eingefallen!«
»Paß auf, wo du
hinsteuerst!«
»Wißt ihr noch, wie
die Drachenschlange auf unserem Schiff damals mit Haplo gesprochen
hat?«
Beide nickten.
»In seiner Sprache, und wir haben kein Wort
verstanden!«
»Liebe Güte.« Alake
ließ den Kopf hängen. »Daran habe ich
gar nicht gedacht.«
»Was tun wir also?«
fragte Grundel niedergeschlagen, ihre Abenteuerlust war verflogen.
»Umkehren?«
»Nein«, sagte Devon
entschieden. »Auch wenn wir nicht verstehen, was sie sagen,
wird es doch ganz
aufschlußreich sein, sie zu belauschen.
Außerdem ist Haplo womöglich in
Gefahr. Er braucht vielleicht unsere Hilfe.«
»Und vielleicht
wachsen meine Backenlocken bis zu den
Füßen!« kommentierte Grundel.
»Nun gut, was schlagt
ihr vor?«
Grundel sah ihre
Freundin an. »Alake?«
»Ich bin Devons
Meinung. Wir
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